Eine Eskalation des Ukraine-Kriegs und verschärfte Sanktionen gegen Russland würden die deutsche Wirtschaft nach Berechnungen der Bundesbank hart treffen. Auch die bereits hohe Inflation würde dann noch weiter angeheizt, teilte die deutsche Notenbank in ihrem am Freitag veröffentlichten Monatsbericht mit.
"Im verschärften Krisenszenario würde das reale BIP im laufenden Jahr gegenüber dem Jahr 2021 um knapp zwei Prozent zurückgehen", schreiben die Bundesbank-Experten. In dem Szenario gehen sie unter anderem davon aus, dass die EU in Reaktion auf eine Zuspitzung des Ukraine-Kriegs ein Öl- und Gasembargo beschließt. Bei ihren Schätzungen nutzten die Experten Modellrechnungen, um die konjunkturellen Auswirkungen zu erfassen.
Die Bundesbank untersuchte zudem, in welchem Ausmaß ein Energielieferstopp aus Russland das Bruttoinlandsprodukt (BIP) dämpfen würde. Den Experten zufolge würden sich in diesem Jahr die BIP-Einbußen dann zwischen einem Prozent und 3,25 Prozent bewegen. Dabei unterstellen sie, dass für russische Gaslieferungen auf kurze Sicht kein Ersatz gefunden wird. In der schärferen Rechenvariante nehmen sie an, dass die Lieferausfälle bei Energie neben den Energieversorgern auch energieintensive Branchen wie die Chemieindustrie direkt treffen.
Vor allem wegen steigender Energierohstoffpreise dürfte nach den Berechnungen der Bundesbank die Inflation dann weiter angetrieben werden. In diesem Jahr würde die Teuerung um rund 1,5 Prozentpunkte höher ausfallen. "Im Folgejahr sind die Auswirkungen noch größer", schreiben die Experten. Selbst 2024 wäre die Inflation noch erhöht, dann allerdings nicht mehr so stark.
Die Bundesbank berechnete zudem, welche wirtschaftlichen Folgen eine Eskalation des Kriegs für die gesamte Euro-Zone haben würde. Im gesamten Euro-Raum würde die Wirtschaftsleistung dann um 1,75 Prozent niedriger ausfallen als in der Prognose der EZB vom März erwartet. Für 2023 errechneten die Experten ähnliche Einbußen - erst 2024 würden die Belastungen leicht zurückgehen. In ihren Prognosen vom März hatte die Europäische Zentralbank (EZB) zwar bereits erste Kriegsfolgen erfasst - eine mögliche Zuspitzung wie von der Bundesbank angenommen wurde aber nicht berücksichtigt.