Deutschland

Sozialverband warnt: Energie-Embargo gegen Russland hätte "dramatische Folgen"

Der Sozialverband warnt eindringlich vor einem Energieembargo gegen Russland. Die hohe Inflation belaste die ärmeren Menschen hierzulande derzeit schon genug.
23.04.2022 10:49
Lesezeit: 1 min

In der Diskussion um ein vollständiges Energieembargo gegen Russland werden in Deutschland die warnenden Stimmen immer lauter. Wegen der absehbaren Folgen für die Menschen in der Bundesrepublik lehnt auch der Präsident des Sozialverbands Deutschland, Adolf Bauer, ein solches Embargo ab.

"Das Risiko dramatischer Folgen für unseren Arbeitsmarkt sollten wir nicht eingehen. Wir können erst aus der Energieversorgung von Russland aussteigen, wenn wir ausschließen können, dass es hier zu großen Verwerfungen führt", sagte Bauer der Neuen Osnabrücker Zeitung. Angesichts der hohen Inflation warnte Bauer schon jetzt vor dramatischen Folgen für ärmere Menschen in Deutschland durch den Krieg in der Ukraine.

"Es sind nicht nur die Energiepreise, die unglaublich steigen, sondern auch die Mieten und die Nahrungsmittelpreise. Wenn das so weitergeht, wird die ärmere Bevölkerung, bei der es gar nicht um Wohlstandsverlust geht, weil sie ohnehin kaum über die Runden kommt, über die Maßen leiden." Dies könne die Politik nicht dulden.

Wegen des russischen Angriffs auf die Ukraine hat die EU inzwischen einen Importstopp für russische Kohle beschlossen und weitere beispiellose Sanktionen verhängt. Immer wieder wird auch über einen sofortigen Ausstieg aus russischem Gas oder Öl diskutiert. Davor schrecken Deutschland und andere Länder aber aus Furcht vor wirtschaftlichen Schäden bislang zurück.

Arbeitgeber und Gewerkschaften warnten gemeinsam vor den Auswirkungen eines möglichen Lieferstopps für russisches Gas. Nach Modellrechnungen der Bundesbank könnte ein vollständiges Energieembargo die deutsche Wirtschaft dieses Jahr in eine Rezession stürzen.

Der Generalsekretär des Wirtschaftsrats der CDU, Wolfgang Steiger, fürchtet sogar geradezu paradox erscheinende Folgen eines Embargos. "An einseitige Kündigungen von Kohle- und Erdöllieferungen aus längerfristigen, preisgünstigen Verträgen dürfen wir nicht naiv rangehen. Russland dürfte davon sogar profitieren", sagte Steiger den Zeitungen der Funke-Mediengruppe.

"Denn es könnte dann auf dem Weltmarkt für diese frei gewordenen Mengen zum Teil exorbitant höhere Preisen als derzeit erzielen, unsere Energieversorger aber müssten die gestiegenen Weltmarktpreise anderer Lieferanten an die Endverbraucher weiterreichen."

Es müsse schnell an einem ganzheitlichen Konzept für die Versorgungssicherheit in Deutschland und Europa gearbeitet werden, sagte Steiger. "Dazu gehört vor allem ein kühler Kopf. Symbolpolitik braucht niemand." Es sei unklar, welche finanziellen Folgen ein Embargo für Russland hätte. "Im schlechtesten Fall kommt es lediglich zur Verschiebung der Mengen auf dem Weltmarkt."

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Politik
Politik Für einen Kampfjet braucht es 400 Kilogramm seltene Erden: Europa im Wettbewerb mit China und den USA
15.11.2025

Seltene Erden sind zu einem entscheidenden Faktor in globalen Machtspielen geworden und beeinflussen Industrie, Verteidigung und Hightech....

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Klassengesellschaft 2.0 – Warum Demokratie ohne soziale Gleichheit zerbricht
15.11.2025

In Deutschland redet kaum jemand über Klassen – als wäre soziale Herkunft heute keine Machtfrage mehr. Doch die Soziologin Prof. Nicole...

DWN
Finanzen
Finanzen Finanzblasen 2025: Wo der nächste große Crash drohen könnte
15.11.2025

An den Finanzmärkten steigt die Nervosität. Künstliche Intelligenz treibt Bewertungen auf Rekordhöhen, Staaten verschulden sich wie nie...

DWN
Immobilien
Immobilien Immobilienpreise: Boom zu Neuverträgen – eine Prognose
15.11.2025

Laut ifo sind Neuverträge in Großstädten um 48 Prozent teurer als Bestandsverträge. Das, so Experten, ist nicht nur ein Problem für...

DWN
Finanzen
Finanzen So profitiert Trumps Familie im Kryptosektor: CZ-Deals bringen Milliarden
14.11.2025

Der Fall um Čangpeng Žao und die Trump Familie wirft ein Schlaglicht auf die Verknüpfung von Kryptowährungen, Finanzströmen und...

DWN
Unternehmensporträt
Unternehmensporträt Brauanlagen-Hersteller Kaspar Schulz: „Made in Germany ist Teil unserer Markenidentität“
14.11.2025

Kaspar Schulz ist der älteste Braumaschinen-Hersteller der Welt. Seit 1677 produziert der Traditionsbetrieb in Bamberg. Johannes...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Google investiert: 6,41 Milliarden Dollar für Deutschlands Cloud-Infrastruktur
14.11.2025

Google plant eine milliardenschwere Expansion seiner Cloud-Infrastruktur in Deutschland, um seine Rechenzentren auszubauen und die Präsenz...

DWN
Finanzen
Finanzen Krypto-Crash erschüttert Anleger: Bitcoin-Kurs und andere Kryptowährungen stürzen ab – die Gründe
14.11.2025

Der Kryptomarkt wankt: Der Bitcoin-Kurs ist am Freitag unter die psychologisch wichtige Marke von 100.000 US-Dollar gerutscht und...