Politik

Großbritannien will eine weltweit agierende NATO

Die britische Außenministerin fordert, die NATO müsse fortan eine "globale Perspektive" einnehmen.
29.04.2022 14:11
Aktualisiert: 29.04.2022 14:11
Lesezeit: 2 min
 Großbritannien will eine weltweit agierende NATO
Schon kurz vor Kriegsausbruch forderte der britische Premierminister Boris Johnson die NATO dazu auf, ihre geografische Reichweite bis zum Indo-Pazifik erweitern. (Foto: dpa)

Die britische Außenministerin Liz Truss fordert die NATO dazu auf, eine "globale Perspektive" einzunehmen. In einer Rede am Mittwoch lehnte die Politikerin (die nach der letztjährigen britischen Kabinettsumbildung vom Justiz- ins Außenministerium gewechselt war), die "falsche Wahl zwischen euro-atlantischer Sicherheit und indo-pazifischer Sicherheit" ab. Stattdessen vertrete sie die Auffassung, dass beides notwendig sei.

Dabei stellt Truss ein fortan globales Agieren des bislang auf Europa und Nordamerika begrenzten Sicherheitsbündnisses in den Raum: "Ich meine, dass die NATO eine globale Perspektive haben muss und bereit sein muss, globale Bedrohungen zu bekämpfen." Die Nato müsse den "Bedrohungen im indo-pazifischen Raum zuvorkommen" und mit Verbündeten wie Japan und Australien zusammenarbeiten, um sicherzustellen, dass der Pazifikraum geschützt sei.

"Und wir müssen sicherstellen, dass Demokratien wie Taiwan in der Lage sind, sich selbst zu verteidigen", betonte die englische Außenministerin. Wie genau ein solches globales Agieren der NATO aussehen oder wie Taiwan in die Lage versetzt werden solle, sich gegen einen möglichen chinesischen Angriff zu verteidigen, führte Truss nicht aus. Mit ihren Forderungen dürfte sie grundsätzlich jedoch nicht allein stehen.

So forderte der britische Premierminister Boris Johnson bereits kurz vor Kriegsausbruch, dass die NATO ihre geografische Reichweite bis zum Indo-Pazifik erweitern solle. Damals betonte er: "Wenn die Ukraine überfallen wird, wird ein Schock um die Welt gehen." Im Zuge dieses Schocks, warnte Johnson, könnten autoritäre Regime in Asien und darüber hinaus die Schlussfolgerung ziehen, dass sich Aggression auszahle und der Mächtige immer auch im Recht sei.

Unter einem ähnlichen Stern stand der jüngste Besuch des deutschen Bundeskanzlers Olaf Scholz in Japan. Zwar hatte Scholz zuvor angekündigt, alle G7-Länder vor dem im Sommer anstehenden Gipfel im bayerischen Elmau zu besuchen. Doch gleichsam gibt es sicherheitspolitische Überschneidungen: Der japanische Ministerpräsident Kishida hatte sich den transatlantischen Sanktionen gegen Russland zügig angeschlossen und Verschärfungen dieser bislang immer mitgetragen.

Schließlich verschärft sich nicht nur das angespannte Verhältnis zwischen Russland und Japan zunehmend. Auch wiederholte Gebietsansprüche Chinas im ostchinesischen Meer dürften Tokio beunruhigen. Dementsprechend betont Kishida auch offen, dass die japanische Unterstützung der Sanktionen gegen Russland auch ein Signal in Richtung Asiens sei. Scholz hingegen wertet den russischen Angriff auf die Ukraine auch als einen Angriff auf die bestehende Weltordnung und sucht dementsprechend nach Partnern zu ihrer Verteidigung.

In Japan scheint er einen solchen gefunden zu haben: So sollen Japan und Deutschland ab 2023 gemeinsame Regierungskonsultationen abhalten – ein Novum. Zudem soll die wirtschaftliche Zusammenarbeit zwischen den beiden Ländern weiter intensiviert werden. Inwiefern diese deutsch-japanische Annäherung auch erster Ausdruck einer künftig globaler ausgerichteten NATO sein könnte, wie sie Johnson und Truss vorschwebt, wird sich zeigen.

Tendenziell jedoch scheint der russische Krieg der NATO in der Tat einen Wachstumsschub zu verpassen – wenn auch zunächst nur in Form eines erweiterten Einflussraums.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Mulfin Trade hat seine Schutzsysteme für mehr Sicherheit aktualisiert

Der Schutz persönlicher Daten ist einer der Schlüsselfaktoren, die das Vertrauen der Kunden in einen Service beeinflussen. Mulfin Trade...

X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Unternehmen
Unternehmen Unternehmen verkaufen: Die 10 häufigsten Fehler beim Unternehmensverkauf
07.06.2025

Was Unternehmer beim Verkauf ihres Unternehmens falsch machen – und wie selbst starke Zahlen durch fehlende Strategie, überzogene...

DWN
Politik
Politik Ehegattennachzug stagniert: Rechtliche Hürden beim Sprachnachweis
07.06.2025

Die Zahl der Visa für den Ehegattennachzug nach Deutschland ist rückläufig. Gleichzeitig bestehen weiterhin sprachliche und rechtliche...

DWN
Panorama
Panorama Ausweis, Ticket & Co.: Was Sie vor einem Urlaubsflug beachten sollten
07.06.2025

Check-in, Sicherheitscheck und Sprint zum Gate: Der Start in den Urlaubsflug kann am Flughafen schnell im Stress enden. Das lässt sich...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Wertvollster Fußballer der Welt: Lamine Yamal knackt 400-Millionen-Marke
07.06.2025

Ein 17-Jähriger dominiert den globalen Fußballmarkt: Lamine Yamal ist mehr wert als ganze Bundesligateams – und verkörpert die extreme...

DWN
Politik
Politik Der Weltraum als nächstes Schlachtfeld – Europas Sicherheit steht auf dem Spiel
07.06.2025

Der Orbit wird zur neuen Frontlinie geopolitischer Machtspiele. Wie private Satelliten, militärische Strategien und neue Allianzen die...

DWN
Technologie
Technologie Silicon Valley dominierte Big Tech – Europas Chance heißt Deep Tech
06.06.2025

Während Europa an bahnbrechenden Technologien tüftelt, fließt das große Geld aus den USA. Wenn Europa jetzt nicht handelt, gehört die...

DWN
Unternehmensporträt
Unternehmensporträt Verteidigung der Zukunft: Hensoldt rüstet Europa mit Hightech auf
06.06.2025

Kaum ein Rüstungsunternehmen in Europa hat sich in den vergangenen Jahren so grundlegend gewandelt wie Hensoldt. Aus einer ehemaligen...

DWN
Politik
Politik Trump gegen Europa: Ein ideologischer Feldzug beginnt
06.06.2025

Donald Trump hat Europa zum ideologischen Feind erklärt – und arbeitet systematisch daran, den Kontinent nach seinen Vorstellungen...