Lidl, einer der führenden Discounter im deutschen Lebensmittel-Einzelhandel, überrascht mit einer neuen Geschäftsidee. Das Unternehmen mit Sitz im baden-württembergischen Neckarsulm rüstet auf aufgrund der anhaltenden Lieferengpässe aus Fernost und nimmt nun buchstäblich das Ruder selbst in die Hand.
Wie die Pariser Marktbeobachtungsfirma „Alphaliner“ berichtet, will der zur Schwarz-Gruppe gehörende Discounter im Frühsommer mit vier Containerschiffen an den Start gehen. Diesbezüglich hat der Aldi-Konkurrent bereits die Reederei „Tailwind Shipping Lines“ ins Leben gerufen. Das gehe aus dem Register des europäischen Markenamtes hervor. Hierbei plane die Lidl-Reederei zwei Frachter von den Charterreedereien „Tamke“ (mit Sitz in Jork bei Buxtehude) und der Hamburger „Peter Döhle Schifffahrt“ zu chartern. Die beiden Schiffe haben eine Stellplatzkapazität von jeweils 4.957 TEU (sprich 4.957 Container). Zusätzlich soll noch das vor neun Jahren gebaute 3.868-TEU-Schiff „Mercur Ocean“ bereedert und das Containerschiff „Talassa“ gekauft werden. Letzteres hat mit einer Stellkapazität von 5.527 TEU den größten Transportraum der vier Schiffe, der insgesamt 19.309 TEU ausmacht.
Erstmal wurden die Frachter laut „Alphaliner“ für 48 Monate gechartert, danach soll ein erstes Fazit gezogen und über ein weiteres Vorgehen entschieden werden. Die Pariser Beratungsfirma vermutet einstweilen, dass die Schiffe auf den Routen Asien-Europa eingesetzt werden.
Insgesamt soll Lidl Brancheninsidern zufolge ein Transportvolumen von 400 bis 500 Container pro Woche haben (was bedeutet, dass es theoretisch mit seinen vier Schiffen fast seinen gesamten Bedarf selbst transportieren könnte). Lidl selbst hält sich dazu allerdings bedeckt. Lidl-Logistikchef Wolf Tiedemann wies Anfang des Monats lediglich darauf hin, dass es das Ziel des Discounters sei, das gestiegene Volumen unterschiedlicher Produktionsstätten langfristig flexibler zu steuern. Konkret: die Warenverfügbarkeit in den Filialen zu sichern. Das neue Reeder-Geschäftsfeld soll neben Transportdienstleistungen zur See auch Speditions-, Verpackungs- und Lagertätigkeiten umfassen, zur Sicherung der Lieferketten und der Warenverfügbarkeit in den Filialen.
Das deutsche Discounterunternehmen Lidl betreibt rund 11.200 Filialen in mittlerweile 32 Ländern. Gründer Dieter Schwarz (81) gehört mit einem Vermögen von über 30 Milliarden Euro zu den drei reichsten Deutschen. So wie Lidl haben bereits Einzelhandelsunternehmen wie Ikea, Walmart und Home Depot aufgrund der globalen Lieferkettenkrise während der Pandemie eigene Schiffe gechartert.