Deutschland

Millionenschwerer Geschäftsbetrug mit grüner Energie

In Niedersachsen hat eine Bande frei erfundene Windparks an Auslandsinvestoren verkauft. Nun urteilte das Landgericht Osnabrück.
12.05.2022 14:07
Aktualisiert: 12.05.2022 14:07
Lesezeit: 2 min
Millionenschwerer Geschäftsbetrug mit grüner Energie
Das Mammutprojekt Energiewende brachte nicht nur Unternehmern und Forschern Geld ein, sondern auch so manchem Glücksritter, wie sich inzwischen zeigt. (Foto: dpa) Foto: Jan Woitas

In einem Prozess um betrügerische Windkraftgeschäfte hat das Landgericht Osnabrück am Donnerstag mehrjährige Haftstrafen verhängt. Ein 32 Jahre alter früherer Geschäftsmann muss für 7 Jahre und 6 Monate in Haft, sein 65 Jahre alter Geschäftspartner und Mitgeschäftsführer für 7 Jahre. Gegen drei weitere Angeklagte wurden Freiheitsstrafen wegen Beihilfe zwischen 3 Jahren und 3 Jahren und 7 Jahren verhängt. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, es kann Revision beantragt werden.

Das Gericht sah es als erwiesen an, dass die fünf Angeklagten banden- und gewerbsmäßig drei ausländische staatliche Energiekonzerne um rund 10 Millionen Euro betrogen haben. Die Bande hatte Dokumente gefälscht, die den Kunden die Existenz von Windparks in Niedersachsen vorgegaukelt hatten, die es nicht gab. Verhandelt wurden Fälle aus den Jahren 2019 bis 2020.

Betrüger waren früher selbst im Bereich der Erneuerbaren Energien tätig

Der Vorsitzende Richter Norbert Carstensen führte aus, dass die Hauptangeklagten seit 2015 mit einem Unternehmen im Bereich der Erneuerbaren Energien tätig waren. Sie suchten geeignete Flächen für Windkraftprojekte und schlossen entsprechende Verträge für den Bau von Windparks. "Sie genossen einen guten Ruf", sagte Carstensen. Es sei den Unternehmern gelungen, ein reales Projekt zu vermarkten. Aber im Lauf des Jahres 2017 sei das Geschäft wegen der wachsenden Widerstände gegen die Einrichtung von Windparks immer schwerer geworden. Ende 2017 sei das Unternehmen in eine Liquiditätskrise geraten.

Daraufhin hätten der heute 32 Jahre alte Angeklagte und sein als Finanzdirektor agierender Geschäftspartner den Vorsatz gefasst, mit frei erfundenen Windkraftprojekten Geld zu verdienen. "Die Kunden sollten genau das bekommen, was sie gesucht haben", sagte Carstensen. Mit Absicht hätten sich die Täter ausländische Energiekonzerne gesucht, da inländische Unternehmen den Schwindel leichter hätten durchschauen können.

Die Täter seien arbeitsteilig vorgegangen. Der charismatisch auftretende Hauptangeklagte habe die Kunden geworben und die Projekte entworfen, sein Partner habe als solide wirkender Finanzfachmann für das notwendige Vertrauen gesorgt.

Verlorene Summen nur "Peanuts" für geschädigte Energiekonzerne?

Der heute 29 Jahre alte Bruder, seine 27-Jährige Schwester und seine 55 Jahre alte Mutter waren nach Auffassung des Gerichts der Beihilfe schuldig. Die Bande habe Dokumente über den Kauf von Grundstücken oder über die Ausweisung von Gebieten von Windparks gefälscht, ebenso Schreiben von Energieunternehmen aus der Region, in denen es um die Einspeisung von Windenergie ins Stromnetz ging.

Diese Dokumente seien teils so schlecht gemacht worden, dass es verwunderlich sei, dass bei der Prüfung der Vertragsunterlagen durch hoch dotierte Großkanzleien die Fälschungen nicht aufgefallen seien. Es dränge sich der Eindruck auf, für die geschädigten Energiekonzerne seien die verlorenen Summen nur "Peanuts" gewesen, sagte Carstensen. Den Unternehmen sei erst durch die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft der Betrug aufgefallen.

Die Angeklagten hätten die Vorwürfe in der Verhandlung eingeräumt, was zu ihren Gunsten spreche, sagte der Richter. Auch habe das Gericht Reue erkannt. Die Verteidigung habe das Verfahren nicht durch zahlreiche Beweisanträge in die Länge gezogen. Der Prozess dauerte mehr als 30 Verhandlungstage.

Inzwischen zeigt sich zunehmend: Das Mammutprojekt Energiewende brachte nicht nur Unternehmern und Forschern Geld ein, sondern auch so manchem Glücksritter. So flog zuletzt im Februar auf, dass milliardenschweren Subventionen für die Elektromobilität im großen Stil missbraucht wurden.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.

E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung sowie die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Politik
Politik Emissionshandel 2027: Klima-Sozialfonds soll Folgen der Teuerung abfedern
10.11.2025

In Deutschland sind wegen der hohen Energiepreise, die auch durch den CO₂-Preis getrieben werden, bereits Hunderttausende Arbeitsplätze...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Bund sichert Deutschlandticket-Finanzierung bis 2030 ab
10.11.2025

Das beliebte Deutschlandticket bleibt den Fahrgästen erhalten: Bund und Länder haben sich auf eine langfristige Finanzierung bis 2030...

DWN
Panorama
Panorama Wegwerftrend mit Folgen: Politik will Einweg-E-Zigaretten stoppen
10.11.2025

Sie sehen schick aus, leuchten bunt und sind sofort einsatzbereit – Einweg-E-Zigaretten liegen vor allem bei jungen Menschen im Trend....

DWN
Unternehmen
Unternehmen Rüstungsindustrie in Europa: 10 Unternehmen mit stabilen Renditen
09.11.2025

Europäische Verteidigungsunternehmen profitieren von stabilen Aufträgen und steigenden Investitionen. Technologische Kompetenz und lokale...

DWN
Technologie
Technologie Dunkle Wolke aus den USA: Die digitale Gefahr des US CLOUD Acts
09.11.2025

Ein US-Gesetz erlaubt amerikanischen Behörden Zugriff auf Daten in europäischen Clouds – ohne Wissen oder Zustimmung der Betroffenen....

DWN
Finanzen
Finanzen Contrarian Thinking: Wie falsche Narrative unsere Wahrnehmung verzerren – und was das für Anleger bedeutet
09.11.2025

In einer Welt voller Empörung, Filterblasen und ideologischer Schlagzeilen lohnt sich ein zweiter Blick. Wer immer nur der öffentlichen...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Verjährung von Urlaubsansprüchen: Wann Resturlaub verfällt – und wann nicht
09.11.2025

Urlaub verfallen? Von wegen. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat klargestellt: Ohne klare Belehrung bleibt der Urlaubsanspruch bestehen –...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Die Zukunft der Chefetage: Warum mittleres Management an Bedeutung verliert
09.11.2025

Das mittlere Management verliert in vielen Unternehmen an Bedeutung. Wirtschaftliche Unsicherheit, neue Technologien und veränderte...