Politik

Ukraine schließt Waffenruhe aus, fordert Gebiete aus russischer Hand zurück

Der Berater des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj betont, Kiew wolle keine Konzessionen machen, die auf Gebietsabtretungen hinausliefen.
23.05.2022 11:04
Aktualisiert: 23.05.2022 11:04
Lesezeit: 2 min
Ukraine schließt Waffenruhe aus, fordert Gebiete aus russischer Hand zurück
Wurde zu Beginn des Kriegs in der Ukraine vielfach ein zügiges Gelingen der russischen Invasion prognostiziert, stellt Kiew knapp drei Monate später Bedingungen für ein Ende des Kriegs. (Foto: dpa)

Die Ukraine schließt einen sofortigen Waffenstillstand mit Russland aus und ist nicht dazu bereit, der Regierung in Moskau territoriale Zugeständnisse zu machen. "Der Krieg muss mit der vollständigen Wiederherstellung der territorialen Integrität und Souveränität der Ukraine enden", schrieb der Stabschef des Präsidialamts, Andrij Jermak, auf Twitter. Am Montagmorgen heulten wieder in der gesamten Ukraine Warnsirenen, die russischen Streitkräfte setzten ihre Offensive im Osten und Süden des Landes fort. Vor allem im Donbass und dem Gebiet der Stadt Mykolajiw im Süden tobten zum Teil heftige Kämpfe.

Polens Präsident Andrzej Duda sprach am Sonntag als erster ausländischer Staatschef seit dem russischen Einmarsch am 24. Februar persönlich vor dem Parlament in Kiew und betonte dabei: "Nur die Ukraine hat das Recht, über ihre Zukunft zu entscheiden." Russland müsse sich komplett aus dem Land zurückziehen. Wenn auch nur ein Zentimeter ukrainischen Bodens aus wirtschaftlichen oder politischen Erwägungen heraus geopfert werde, wäre dies auch ein "enormer Schlag" für den gesamten Westen, warnte Duda. Die Frage, unter welchen Bedingungen der Krieg beendet werden könnte, rückt zunehmend ins Zentrum der Diskussion. Bundeskanzler Olaf Scholz hatte zuletzt nur betont: "Russland darf diesen Krieg nicht gewinnen, die Ukraine muss bestehen."

Kiew will keine Konzessionen machen, die auf Gebietsabtretungen hinauslaufen würden

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat eingeräumt, die Lage in der umkämpften Ostregion Donbass sei "extrem schwierig". Sein Berater Mychailo Podoljak schloss zugleich aber eine unmittelbare Kampfpause aus, wie sie von US-Verteidigungsminister Lloyd Austin und dem italienischen Regierungschef Mario Draghi ins Gespräch gebracht worden war. Damit würde sich die Ukraine nur selbst schaden, da Russland nach einer Waffenruhe nur umso härter zuschlagen würde, sagte der Berater des ukrainischen Präsidenten: "Sie starten dann eine neue Offensive, noch blutiger und größer angelegt." Kiew werde auch keine Konzessionen machen, die auf Gebietsabtretungen hinausliefen, fügte er hinzu.

Die heftigsten Gefechte lieferten sich beide Seiten zuletzt im Gebiet der Zwillingsstädte Sjewjerodonezk und Lyssytschansk nordwestlich von Luhansk im Osten der Ukraine, wie ein Berater des Innenministeriums sagte. Die russischen Truppen versuchen bereits seit Mitte April, die Reihen hier zu schließen und die ukrainischen Verbände einzukesseln. Serhij Gajdaj, der Gouverneur von Luhansk, sagte im lokalen Fernsehen, die russischen Truppen verfolgten eine Taktik der "verbrannten Erde". Sie wollten Sjewjerodonezk "auslöschen".

Russischer Soldat: Entminen des Stahlwerks Asowstal "extrem schwierig"

Russische Soldaten durchkämmten unterdessen das Gelände des Stahlwerks Asowstal in Mariupol nach Minen und Sprengfallen, die sowohl ukrainische als auch russische Truppen platziert haben sollen. "Die Aufgabe ist extrem schwierig, der Feind hat seine eigenen Landminen gelegt und wir haben auch Tretminen gelegt, um ihn zu blockieren. Wir haben noch etwa zwei Wochen Arbeit vor uns", sagte ein russischer Soldat, der als Namen nur seinen Kampfnamen 'Babai' angab. Die Minen werden kontrolliert gesprengt und die Straßen des Stahlwerks mit Bulldozern von Trümmern befreit. "In den letzten zwei Tagen wurden über 100 Sprengkörper zerstört. Die Arbeiten gehen weiter."

Russland hatte am Freitag erklärt, die letzten ukrainischen Kämpfer aus Asowstal hätten sich ergeben. Die Ukraine hat diese Entwicklung bislang nicht bestätigt. Die Ukraine strebt einen Gefangenenaustausch mit Russland an. In Moskau wurden dagegen Stimmen laut, die gefangengenommenen ukrainischen Soldaten vor Gericht zu stellen. Bundesjustizminister Marco Buschmann zeigte sich besorgt über die Kriegsgefangenen von Mariupol. "Die massiven Verstöße Russlands gegen das Völkerrecht sind völlig inakzeptabel - sie erfüllen uns aber auch mit großer Sorge mit Blick auf die Bevölkerung der Ukraine und die nun in Gefangenschaft geratenen Soldaten", sagte Buschmann der "Rheinischen Post".

Umso mehr standen die vergangenen Wochen ganz im Zeichen anhaltender Diskussionen um die Lieferung schwerer Waffen in die Ukraine. Besonders kontrovers diskutiert wurde unter anderem die Konfrontation zwischen dem ukrainischen Botschafter Andrij Melnyk und dem Soziologen Harald Welzer in einer Anne-Will-Sendung zum 8. Mai.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Wie schützt man seine Krypto-Wallet? CLS Mining ermöglicht Nutzern eine stabile tägliche Rendite von 6.300 €.

Der Kryptowährungsmarkt erholte sich heute umfassend, die Stimmung verbesserte sich deutlich. Meme-Coins führten den Markt erneut an....

DWN
Finanzen
Finanzen Nvidia-Aktie und Microsoft-Aktie: Anthropic-Deal stärkt Position bei künstlicher Intelligenz
20.11.2025

Microsoft und Nvidia setzen mit Milliardeninvestitionen auf das KI-Start-up Anthropic. Die US-Giganten stärken damit ihre Position im...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Arbeitsmarkt-Trend: Fähigkeiten statt Abschlüsse - Zeugnisse verlieren an Bedeutung
20.11.2025

Immer mehr Firmen rücken bei der Personalsuche von klassischen Lebensläufen und Abschlüssen ab: Laut einer Stepstone-Befragung wollen 77...

DWN
Politik
Politik Friedensverhandlungen in Sicht? USA arbeiten an Ideen für Kriegsende in der Ukraine – Kritik von der EU
20.11.2025

Ein angeblicher 28-Punkte-Plan für ein Kriegsende in der Ukraine sorgt für Aufsehen. Kiew sieht sich unter Druck. In der EU regt sich...

DWN
Politik
Politik Trump erhält freie Hand: USA bereiten massive Strafzölle und Sanktionen gegen Russlands Handelspartner vor
20.11.2025

Präsident Donald Trump unterstützt ein Gesetz, das weltweite Schockwellen auslösen könnte: Die USA wollen Staaten bestrafen, die...

DWN
Finanzen
Finanzen US-Börsen nach Nvidia-Zahlen im Aufwind: Wie Anleger jetzt von KI-Investitionen profitieren
20.11.2025

Die US-Börsen zeigen sich am Donnerstag zum Start mit Zuschlägen. Nachdem die Nvidia-Quartalszahlen deutlich besser als erwartet...

DWN
Immobilien
Immobilien Baukosten: Bund will Bauen günstiger und schneller machen
20.11.2025

Weniger Vorschriften, mehr Wohnraum: Der Gebäudetyp E soll das Bauen nicht nur günstiger, sondern auch flexibler für Bauherren machen.

DWN
Unternehmen
Unternehmen MAN Truck & Bus: LKW-Hersteller baut 2.300 Stellen in Deutschland ab
20.11.2025

Der Lastwagen- und Bushersteller MAN will in Deutschland rund 2.300 Stellen abbauen. Belastend seien hohe Strom- und Arbeitskosten und der...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Anpassung an die Klimakrise: EU erhöht Druck beim Ausstieg aus Öl und Gas
20.11.2025

Deutschland hatte sich schon im Vorfeld zusammen mit anderen Staaten in Belém für einen Fahrplan zur Abkehr von Öl, Gas und Kohle stark...