Finanzen

China: Das Glas ist halb voll

Hinter der Entwicklung der chinesischen Wirtschaft steht ein großes Fragezeichen. Ein Finanzberater warnt aber davor, chinesische Aktien zu unterschätzen.
05.06.2022 10:32
Lesezeit: 2 min

Zu riskant, zu volatil: Einige Investoren haben dem chinesischen Aktienmarkt den Rücken zugekehrt. Das könnte ein Fehler sein, denn auf lange Sicht besitzen Aktien aus dem Reich der Mitte starkes Potenzial.

Die Warnzeichen sind nicht zu übersehen: Chinas Wirtschaft schwächelt. So ist zuletzt das Exportwachstum auf den niedrigsten Stand seit zwei Jahren gefallen. Und wenn die Exportmaschine stottert, leidet die ganze Wirtschaft der zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt. Immerhin trägt der Außenhandel zu rund einem Drittel der Wirtschaftsleistung des Landes bei und beschäftigt rund 180 Millionen Menschen.

Auch insgesamt hat die Wirtschaft im Reich der Mitte nach einem starken Jahresauftakt deutlich an Schwung verloren. Hauptgrund dafür ist die strikte Null-Covid-Strategie von Staats- und Parteichef Xi Jinping und der chinesischen Regierung. Die damit verbundenen regionalen Lockdowns, insbesondere die Lage in Shanghai, verschärfen die Lieferkettenproblematik deutlich.

Die Folgen sind gravierend. Produktion und auch der Frachtverkehr werden stark beeinträchtigt. Hinzu kommt, dass viele Chinesen wegen der Lockdowns in großen Städten Lebensmittel horten, was für einen stärkeren Auftrieb bei den Verbraucherpreisen sorgt. Zusätzlich wirken sich der russische Angriffskrieg in der Ukraine sowie die wirtschaftliche Erholung in anderen Ländern preistreibend aus.

IWF senkt Prognosen

So ist es fraglich, ob das Wachstumsziel der Regierung von 5,5 Prozent in diesem Jahr noch erreicht werden kann. Zur Erinnerung: Im vergangenen Jahr waren noch starke 8,1 Prozent erzielt worden, was jedoch vor allem an der pandemiebedingten niedrigen Vergleichsbasis aus dem Jahr 2020 lag. Der Internationale Währungsfonds (IWF) jedenfalls senkte bereits aufgrund der strengen Corona-Politik Chinas seine Wachstumsprognose für China in diesem Jahr deutlich auf 4,4 Prozent.

Gleichwohl zählt China immer noch zu den globalen Wachstumslokomotiven. Die Volksrepublik wächst im internationalen Vergleich überdurchschnittlich stark. So hat sich die Wirtschaftsleistung innerhalb von nur zehn Jahren nahezu verdreifacht. Das Bruttoinlandsprodukt erreichte laut dem Statistik-Portal „Statista“ im vergangenen Jahr mit rund 17,46 Billionen US-Dollar einen neuen Rekordwert - Tendenz weiter steigend.

Nicht nur wirtschaftlich, auch politisch gewinnt China immer mehr an Einfluss. Das gilt umso mehr angesichts der russischen Invasion in der Ukraine und der damit verbundenen Isolation Russlands, von der China langfristig profitieren dürfte.

China ist in Indizes unterrepräsentiert

Anleger tun also gut daran, diese Wirtschaftspower auch in ihrem langfristig ausgerichteten Portfolio zu berücksichtigen. In den großen globalen Aktienindizes ist China bislang kaum oder gar nicht vertreten. Obwohl der chinesische Anteil an der weltweiten Wertschöpfung bei mehr als 15 Prozent liegt, sind chinesische Unternehmen deutlich unterrepräsentiert. Beispiel „MSCI All Country World Index“: Dort entfallen weniger als vier Prozent auf Aktien aus dem Reich der Mitte.

Allerdings sollten Anleger die politischen Risiken beachten. In den vergangenen Jahren fuhr die chinesische Regierung in vielen Bereichen der Wirtschaft sowie in der Geld- und Finanzpolitik einen restriktiveren Kurs. Für Verunsicherung sorgte beispielsweise 2021 die Regulierung von Unternehmen des chinesischen Bildungssektors sowie diverser Technologie-Konzerne. Die staatlichen Eingriffe führten zu Verwerfungen am chinesischen Aktienmarkt und lösten spürbare Turbulenzen bei Schwellenländer-Aktien aus. Hier gilt es, die Pläne der Staats- und Parteiführung Chinas gut im Blick zu haben.

ETFs statt Einzeltitel

Auch, weil Transparenz und Corporate Governance in einigen Unternehmen zu wünschen übrig lässt, sollten langfristig orientierte Investoren liquiden Exchange Traded Funds (ETFs) den Vorzug vor Einzeltiteln geben. Unter Berücksichtigung der persönlichen Risikomentalität des einzelnen Anlegers sind die kostengünstigen und breit diversifizierten Produkte als Beimischung im Portfolio sinnvoll.

Die PecuniArs Gesellschaft für strategische Anlageberatung mbH ist eine unabhängige Finanzberatungsgesellschaft auf Honorarbasis mit Sitz in Berlin. Das von dem geschäftsführenden Gesellschafter Klaus Porwoll gegründete Unternehmen hat sich auf die Betreuung von Firmeninhabern, Unternehmern, Geschäftsführern, Selbständigen und Freiberuflern spezialisiert. Honorarberater Porwoll ist seit 1994 in der Finanzbranche tätig.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt

Jede Anlage am Kapitalmarkt ist mit Chancen und Risiken behaftet. Der Wert der genannten Aktien, ETFs oder Investmentfonds unterliegt auf dem Markt Schwankungen. Der Kurs der Anlagen kann steigen oder fallen. Im äußersten Fall kann es zu einem vollständigen Verlust des angelegten Betrages kommen. Mehr Informationen finden Sie in den jeweiligen Unterlagen und insbesondere in den Prospekten der Kapitalverwaltungsgesellschaften.

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Arbeitsmarkt 2030: Diese Fachkräfte werden in fünf Jahren gebraucht
25.11.2025

Automatisierung, KI und Klimawandel verändern den globalen Arbeitsmarkt rasant. Bis 2030 entstehen Millionen neuer Jobs, doch viele...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft KI-Blase: Experten warnen vor wachsenden Risiken am Markt
25.11.2025

Die Finanzmärkte stehen unter spürbarer Spannung, während Anleger die Dynamik rund um künstliche Intelligenz bewerten. Doch weist die...

DWN
Finanzen
Finanzen Doppelbesteuerung Rente: Ob Sie betroffen sind und was Sie tun können!
25.11.2025

In Deutschland müssen auch Rentner ihre Rente versteuern, weil Renten als Einkünfte gewertet werden, obwohl Arbeitnehmer bereits im...

DWN
Politik
Politik Georgiens Krise: Welche Machtverschiebung Europa jetzt alarmieren sollte
25.11.2025

Ein Land am Schwarzen Meer verliert seine demokratischen Sicherungen, während die Regierung Kritiker verfolgt und neue Allianzen mit...

DWN
Politik
Politik Insa-Umfrage aktuell: AfD bleibt in Sonntagsfrage vor Union
25.11.2025

Die aktuelle Insa-Umfrage zeigt eine AfD auf Rekordkurs - und eine Union, die langsam näher rückt. Gleichzeitig bröckelt das Tabu-Image...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Deutsche Wirtschaft tritt auf der Stelle
25.11.2025

Die deutsche Wirtschaft tritt weiter auf der Stelle, während Exporte sinken und Verbraucher sparen. Ökonomen hoffen zwar auf eine...

DWN
Finanzen
Finanzen Goldpreis aktuell weiter auf hohem Niveau: Kurs steigt deutlich über 4.100 Dollar – Blick geht zur Fed
25.11.2025

Der Goldpreis zieht weiter an und überschreitet wieder wichtige Marken. Doch hinter dem jüngsten Sprung stehen mehr als nur kurzfristige...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Großprojekt Suedlink: Baubeginn trotz jahrelanger Debatten
25.11.2025

Nach jahrelangen Diskussionen fällt heute im thüringischen Wasungen der offizielle Startschuss für den Bau der Stromautobahn Suedlink,...