Politik

Lagebericht Ukraine: Russische Armee rückt im Osten weiter vor

Lesezeit: 6 min
14.06.2022 13:00  Aktualisiert: 14.06.2022 13:03
Lesen Sie alle wichtigen Entwicklungen zum Krieg in der Ukraine im Liveticker.
Lagebericht Ukraine: Russische Armee rückt im Osten weiter vor
Ein ukrainischer Soldat geht in einer durch russischen Beschuss zerstörten Scheune nahe der Frontlinie in der Provinz Saporischschja. (Foto: dpa)

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Im Osten der Ukraine haben Russlands Truppen im Gebiet Donezk nach ukrainischen Angaben weiter vorrücken können. Die russischen Angreifer hätten sich in der Siedlung Widrodschennja festgesetzt, teilte der ukrainische Generalstab am Dienstag auf Facebook mit. Zuvor habe es schweren Artilleriebeschuss auch auf die nahe gelegene Stadt Bachmut gegeben. Die russischen Einheiten stießen demnach entlang der Europastraße 40 in Richtung Bachmut vor.

Im nördlichen Teil des Gebiets gebe es weiter Kämpfe um den Ort Bohorodytschne. Damit sollten offenbar die Voraussetzungen für einen weiteren Vorstoß in Richtung der Stadt Slowjansk geschaffen werden, hieß es weiter. Den Einschätzungen der Ukrainer zufolge bereiten sich die Russen darauf vor, ihre Offensive vom eroberten Lyman nach Rajhorodok und von Jampil nach Siwersk wieder aufzunehmen. Rajhorodok liegt nur wenige Kilometer von Slowjansk entfernt.

Nach der Zerstörung der letzten strategisch wichtigen Brücke nach Sjewjerodonezk gibt es laut ukrainischen Angaben nach wie vor Bemühungen zur Evakuierung der eingeschlossenen Menschen. "Die Situation ist sehr schwierig, aber es gibt noch eine Kommunikation mit der Stadt", sagte Bürgermeister Olexandr Strjuk am Dienstag. "Die russischen Truppen versuchen, die Stadt zu stürmen, aber das Militär hält stand." Dagegen forderte die russische Regierung die verbliebenen ukrainischen Soldaten in der Stadt auf, "ihren sinnlosen Widerstand" aufzugeben, ihre Waffen niederzulegen und sich bis Mittwochmorgen zu stellen. Unabhängig überprüfen ließen sich die Angaben nicht.

Der Gouverneur der Region Luhansk, Serhij Hajdaj, hatte zuvor erklärt, dass eine Evakuierung der Stadt mit ursprünglich gut 100.000 Einwohnern nach der Zerstörung der Brücke unmöglich sei. Das ukrainische Militär teilte mit, russische Truppen versuchten, im Zentrum von Sjewjerodonezk Fuß zu fassen. Zugleich bereiteten sie Offensiven auf westlich von Sjewjerodonezk gelegene Städte wie Slowjansk vor. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj sagte, die Schlacht um den ostukrainischen Donbass werde als eine der brutalsten in die europäische Geschichte eingehen. "Für uns ist der Preis für diese Schlacht sehr hoch. Es ist einfach beängstigend." Die Ukraine verliert eigenen Angaben zufolge derzeit täglich 100 bis 200 Soldaten.

Die Situation in Sjewjerodonezk habe sich extrem verschärft, erklärte Hajdaj auf dem Nachrichtendienst Telegram. "Die Russen zerstören Hochhäuser und Asot", fügte er mit Blick auf das Chemiewerk in der Stadt hinzu. Nach ukrainischen Angaben haben in den Bunkern der Anlage mehr als 500 Zivilisten Schutz gesucht. Die Situation erinnert an die Lage in der Hafenstadt Mariupol, wo Zivilisten wochenlang mit verwundeten ukrainischen Kämpfern in einem Stahlwerk ausgeharrt hatten.

Ein Sprecher der prorussischen Separatisten erklärte laut der russischen Nachrichtenagentur RIA, die ukrainischen Truppen seien in Sjewjerodonezk praktisch eingekesselt. Sie sollten sich ergeben oder sterben. Am Montag zerstörten russische Truppen die letzte Brücke, die Sjewjerodonezk über einen Fluss mit der von der Ukraine kontrollierten Zwillingsstadt Lyssytschansk verbindet. Die beiden Städte befinden sich in der Region Luhansk, die zusammen mit der Region Donezk den zuletzt besonders umkämpften Donbass in der Ukraine bildet.

Weitere Meldungen im Liveticker

16.57 Uhr – Der russische Präsident Wladimir Putin will nach Einschätzung der US-Regierung weiter große Teile der Ukraine erobern. "Ich glaube immer noch, dass er einen Blick auf einen bedeutenden Teil der Ukraine, wenn nicht sogar auf das ganze Land geworfen hat", sagt der Staatssekretär im US-Verteidigungsministerium Colin Kahl bei einer Veranstaltung der Denkfabrik Center for New American Security. Russland werde dieses Ziel jedoch nicht erreichen können. "Vielleicht können sie hier und da taktische Gewinne erzielen", sagt Kahl. Allerdings zeigten sich die Ukrainer standhaft.

16.20 Uhr – In Russland sollen in Zukunft gewisse Ausgabeposten im Haushalt vertraulich behandelt werden. Damit solle das Land vor weiteren Sanktionen geschützt werden, heißt es in einer Erklärung des Finanzministeriums. In den ersten fünf Monaten dieses Jahres habe der Haushaltsüberschuss knapp 1,5 Billionen Rubel (fast 25 Milliarden Euro) betragen, heißt es weiter. Hintergrund seien die höheren Energiepreise.

16.08 Uhr - Die russischen Behörden melden sechs Verletzte beim Beschuss der Grenzstadt Klintsi in der Region Brjansk. Sie seien in ein örtliches Krankenhaus eingeliefert worden und in einem stabilen Zustand, erklärt Gouverneur Alexander Bogomas auf Telegram. Der Bericht kann nicht überprüft werden. Die russischen Behörden in den Grenzregionen haben in den vergangenen Wochen der Ukraine wiederholt vorgeworfen, Wohngebiete zu beschießen.

15.00 Uhr - Bundeskanzler Olaf Scholz unterstützt den Versuch, die Sanktionen gegen russische Oligarchen durch eine Whistleblower-Hotline effektiver zu machen. "Die Aggression Russlands gegen die Ukraine hat gezeigt, dass Sanktionen dringend wirksamer werden müssen - insbesondere gegen russische Oligarchen und deren versteckte Vermögenswerte", sagt Scholz auf einer Veranstaltung des Financial Action Task Force (FATF), einem internationalen Gremium zur Bekämpfung und Verhinderung von Geldwäsche. Man werde in Kürze ein zweites Sanktionsvollzugsgesetz beschließen, das unter anderem ein nationales Register für Vermögenswerte vorsehe, die mit Sanktionen belegt sind oder deren Herkunft unklar ist. "Außerdem werden wir eine spezielle Hotline für Whistleblower einrichten", kündigt der Kanzler an.

13.52 Uhr - Das russische Verteidigungsministerium hat der Nachrichtenagentur Interfax zufolge den ukrainischen Kämpfern, die sich im Asot-Chemiewerk in Sjewjerodonezk verschanzt haben, die Möglichkeit für eine Kapitulation am Mittwoch angeboten.Das Ministerium teilte mit, die Ukraine habe Russland gebeten, einen Evakuierungskorridor einzurichten, damit Zivilisten das Werk verlassen können. Alle Brücken, die Sjewjerodonezk mit dem von der Ukraine kontrollierten Gebiet auf der anderen Seite des Flusses Siwerskyj Donez verbinden, sind inzwischen zerstört. Damit gibt es nach ukrainischen Angaben für die Bewohner keinen Ausweg mehr aus der seit Wochen schwer umkämpften Stadt in der Region Luhansk, die zusammen mit der Region Donezk den zuletzt besonders umkämpften Donbass in der Ost-Ukraine bildet.

13.28 Uhr - Die Linken-Politikerin Sevim Dagdalen spricht sich dagegen aus, der Ukraine den EU-Kandidatenstatus zu gewähren. Begründung dafür sei das Verbot von mehreren Oppositionsparteien in der Ukraine, berichtet "Die Zeit" in einem Vorabbericht. Eine Vergabe des EU-Kandidatenstatus würde daher die "selbst gesetzten Regeln der EU aushebeln". Die EU-Kommission will voraussichtlich diese Woche einen Vorschlag vorlegen, ob die Ukraine einen Kandidatenstatus erhalten soll. Dann müssen die 27 EU-Länder darüber entscheiden.

13.03 Uhr - Dem ukrainischen Militär mangelt es nach den Worten von Präsident Wolodymyr Selenskyj vor allem an Waffen mit größerer Reichweite. Die Ukraine habe zwar genügend Munition und Waffen. "Was wir nicht haben, sind die Waffen, die wirklich die Reichweite haben, die wir brauchen, um den Vorteil bei der Ausrüstung der Russischen Föderation zu verringern."

12.47 Uhr - Ein Besuch von Frankreichs Präsident Emmanuel Macron in Kiew ist nach Angaben der Regierungssprecherin Olivia Gregoire nur eine von "mehreren Optionen". Es gebe keine Entscheidung, sagt sie zu Berichten, dass Macron zusammen mit Kanzler Olaf Scholz und Italiens Regierungschef Mario Draghi am Donnerstag nach Kiew reisen wolle.

11.05 Uhr - Die Ausbildung ukrainischer Soldaten an der Panzerhaubitze 2000 in Deutschland wird nach den Worten von Bundesverteidigungsministerin Christine Lambrecht "bald" abgeschlossen sein. Dann könnten die Waffen in die Ukraine geliefert werden, sagt die SPD-Politikerin. Wann genau die Haubitzen geliefert würden und auf welchen Weg, das werde sie in der Öffentlichkeit nicht sagen. Deutschland will der Ukraine nach jetzigem Stand sieben Panzerhaubitzen aus Bundeswehr-Beständen zur Verfügung stellen. Zudem sei die Bundesregierung dabei, mit den USA die Lieferung von Mehrfachraketenwerfern vorzubereiten, die die Ukraine dringend brauche.

10.39 Uhr - Russland hat laut der Nachrichtenagentur RIA ein ukrainisches Artilleriewaffen-Depot in der nördlichen Region Tschernihiw mit Marschflugkörpern vom Typ Kalibr beschossen. Zudem habe die Luftabwehr einen ukrainischen MiG-29-Kampfjet und einem MI-24-Hubschrauber abgeschossen, meldet die russische Nachrichtenagentur Tass ebenfalls unter Berufung auf das Verteidigungsministerium in Moskau.

09.45 Uhr - Bei einem Granatenangriff auf eine russische Stadt an der Grenze zur Ukraine sind nach Behördenangaben vier Menschen verletzt worden. Zudem seien einige Häuser in Klinzi in der Region Brjansk beschädigt worden, teilt Gouverneur Alexander Bogomaz über den Kurznachrichtendienst Telegram mit. Behördenvertreter in russischen Regionen an der Grenze zur Ukraine haben in den vergangenen Wochen mehrfach Fälle von grenzüberschreitendem Beschuss gemeldet, bei dem Wohnhäuser beschädigt und Menschen verletzt worden sein sollen.

09.35 Uhr - Die Moskauer Börse setzt den Franken-Handel ab (dem heutigen) Dienstag aus. Die von der Schweiz vergangene Woche verhängten neuen Sanktionen gegen Russland führten zu Schwierigkeiten bei der Abwicklung von Transaktionen zwischen der Schweizer Währung und Rubel sowie Dollar, teilte die Moskauer Börse mit. Die größte Börse Russlands suche nach einer möglichen Lösung und hoffe, den Handel mit Schweizer Franken in Zukunft wieder aufnehmen zu können.

02.29 Uhr - Die Schlacht um den östlichen Donbass wird nach den Worten des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj als eine der brutalsten in die europäische Geschichte eingehen. "Für uns ist der Preis für diese Schlacht sehr hoch. Es ist einfach beängstigend", sagt Selenskyj in seiner täglichen Videobotschaft. "Wir machen unsere Partner täglich darauf aufmerksam, dass nur eine ausreichende Anzahl moderner Artillerie für die Ukraine unseren Vorteil sichern wird." Die Ukraine brauchte 1000 Haubitzen, 500 Panzer und 1000 Drohnen sowie andere schwere Waffen, erklärt der ukrainische Präsidialamtsberater Mychailo Podolyak.

02.01 Uhr - In der Debatte über die Weitergabe des Tankrabatts an die Autofahrer unterstützt Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) Pläne für eine Verschärfung des Kartellrechts. "Die Mineralölkonzerne kassieren und die Verbraucherinnen und Verbraucher merken nichts von den Steuersenkungen", sagt Özdemir der Zeitung "Rheinische Post". Eine Verschärfung des Kartellrechts sei daher richtig. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hatte angekündigt, angesichts anhaltend hoher Spritpreise "möglichst schnell" Vorschläge für ein schärferes Kartellrecht vorlegen zu wollen. Gleichzeitig übt Özdemir Kritik am Koalitionspartner FDP. "Statt Milliarden für einen Tankrabatt auszugeben, von dem nun die Konzerne profitieren, hätten wir Grünen das Geld bekanntlich lieber in den öffentlichen Nahverkehr investiert."

02.00 Uhr - Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) rechnet infolge des Ukraine-Kriegs mit weiter steigenden Lebensmittelpreisen in Deutschland. "Wir müssen im Herbst und Winter mit Steigerungen rechnen, weil sich der Handel jetzt mit teurer Energie versorgen muss und die Preissteigerungen an die Kunden weitergereicht werden", sagt Özdemir der Zeitung "Rheinische Post". "Vieles kommt leider erst noch."


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