Deutschland

Klage gegen Gender-Vorschriften bei Audi: „Der_die BSM-Expert_in ist qualifizierte_r Fachexpert_in“

Eine Klage gegen Audi zeigt, welcher blühende Unsinn inzwischen auf höchsten Konzern-Ebenen befolgt werden soll.
14.06.2022 15:00
Aktualisiert: 14.06.2022 15:23
Lesezeit: 2 min
Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

Im Streit zwischen einem VW-Mitarbeiter und der Konzerntochter Audi um die Gender-Sprache im Unternehmen haben die Ingolstädter einen Kompromiss abgelehnt. Die Unterstriche aus allen Mails samt Anhängen und Präsentationen zu entfernen, sei nicht praktikabel, hieß es von den Audi-Anwälten am Dienstag im Prozess vor dem Landgericht Ingolstadt.

Geklagt hatte ein Angestellter der Konzernmutter Volkswagen, der mit Audi-Kollegen zusammenarbeiten muss, nachdem das Unternehmen keine Unterlassungserklärung abgeben wollte. Der Kläger sieht durch den Leitfaden seine allgemeinen Persönlichkeitsrechte verletzt (Az. 83 O 1394/21). Im Gericht zitierte der Kläger aus Arbeitsanweisungen mit Formulierungen wie: «Der_die BSM-Expert_in ist qualifizierte_r Fachexpert_in». Der Vorsitzende Richter schlug zur gütlichen Einigung vor, Audi könnte ihm künftig «halt normal schreiben».

Das Urteil will die Kammer am 29. Juli verkünden. Es werde kein Grundsatzurteil sein, stellte Richter Christoph Hellerbrand klar. Es gehe bei diesem Prozess nur um den konkreten Einzelfall: «Es geht um Sie, um ihre persönliche Betroffenheit durch diesen Gender-Leitfaden«, sagte er dem VW-Prozessmanager.

Audi hat den Leitfaden im März 2021 eingeführt und erklärt, das Unternehmen wolle «gendersensible Formulierungen von nun an in der internen und externen schriftlichen Audi Kommunikation allgegenwärtig machen». Firmenanwalt Sebastian Klaus sagte, Ziel sei es, Diskriminierung zu verhindern. Keine Person, die sich nicht eindeutig als Frau oder Mann sehe, müsse sich offenbaren und dürfe sich auch mit Hilfe der Gender Gaps trotzdem angesprochen und respektiert fühlen. Bei der Erstellung des Leitfadens habe sich Audi von Experten beraten lassen.

Im Klartext: Weil sich eine winzige Minderheit möglicherweise durch die traditionelle Sprache «diskriminiert fühlen» könnte, sollen zehntausende Audi-Angestellte sonderbare und schwer verständliche Formulierungen benutzen.

Klägeranwalt Dirk Giesen griff dies sofort auf: «Sie haben nicht gesagt: Expert_innen!» Sein Mandant sei klar für Gleichberechtigung und gegen Diskriminierung. Aber «er möchte in Ruhe gelassen werden mit dieser Gendersprache». Die im Leitfaden vorgeschriebene Verwendung führe zu neuer Diskriminierung und verletzte seine Persönlichkeitsrechte. Audi solle verpflichtet werden, ihm keine Mails, Mailanhänge und Präsentationen mit Gender Gaps mehr zu schicken - und bei Verstößen 100 000 Euro zahlen.

Der Vorsitzende Richter fasste den Unterlassungsantrag so zusammen: «Der Gender Gap muss weg.» Zugleich wies er darauf hin, dass die Klägeranwälte die zitierte Arbeitsanweisung nicht in den bisherigen Schriftsätzen angeführt hätten, das komme nun vielleicht etwas spät.

Unterstützt wird die Klage vom Verein Deutsche Sprache, der das Gendern als Gängelei und Ideologie ablehnt. Die Gesellschaft für deutsche Sprache sieht Doppelnennungen («Schülerinnen und Schüler») positiv, den Gender Gap hingegen als problematisch: Sprache müsse verständlich und lesbar sein und den Grammatikregeln entsprechen. Formulierungen wie «Jede(r) Kollege(in)/jede(r) Kolleg(in)», «sagte die*der Schüler*in und ihre*seine Eltern» oder «Bauer(in) und Ärzt(in)» gehörten nicht dazu.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Trumps Zollschock: Warum deutsche Autos bald in Europa teurer werden
23.08.2025

Donald Trump zwingt Europas Autobauer mit Strafzöllen von bis zu 27,5 Prozent in die Defensive. Während Hersteller ihre Gewinnprognosen...

DWN
Politik
Politik Stagnierendes Wirtschaftswachstum und gigantische Schulden: Wie realistisch ist die Finanzpolitik der Bundesregierung?
23.08.2025

Die Wirtschaft stagniert, der Arbeitsmarkt kollabiert. Doch die Bundesregierung gibt unermüdlich geliehenes Geld aus. Die...

DWN
Technologie
Technologie Milliardenwahn im Silicon Valley: Warum die Jagd nach Superintelligenz im Desaster enden wird
23.08.2025

Das Silicon Valley dreht durch: Für einzelne KI-Forscher werden Summen gezahlt, die selbst Sportstars sprachlos machen. Doch Experten...

DWN
Finanzen
Finanzen Verdienen im Schlaf: Diese Dividenden-Aktien zahlen Ihnen Geld fürs Nichtstun
23.08.2025

Während andere schuften, kassieren clevere Anleger jeden Monat Geld – sogar im Schlaf. Drei Dividenden-Aktien machen Sie zum Profiteur...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Zahlungsmoral am Limit: 81 Prozent der Unternehmen von Zahlungsverzug bedroht
23.08.2025

Verspätete Zahlungen bedrohen die Existenz vieler Firmen. Im Schnitt bleiben Rechnungen fast 32 Tage offen – in Bau, Transport und...

DWN
Finanzen
Finanzen Vermögensaufbau stagniert: Wie der Staat privates Vermögen verhindert
23.08.2025

Die Vorstellung vom reichen Deutschen entspricht immer weniger der Realität: Höhere Lebenshaltungskosten, höhere Sozialabgaben,...

DWN
Panorama
Panorama Verbraucherschützer warnen: Kritik an Parkplatzfirmen nimmt zu
23.08.2025

Beschwerden über Parkplatzfirmen nehmen rasant zu. Immer mehr Autofahrer stoßen auf intransparente Regeln und saftige Vertragsstrafen....

DWN
Politik
Politik Deutschland mit stärkster Armee Europas? Ohne Chinas Rohstoffe bleibt es ein Trugbild
23.08.2025

Deutschland rüstet auf wie nie zuvor – doch ausgerechnet Peking hält den Schlüssel zu den nötigen Rohstoffen in der Hand. Die...