Deutschland

Die Erzeugerpreise galoppieren im Rekordtempo – und kein Ende ist in Sicht

Lesezeit: 2 min
20.06.2022 11:26
"Vor allem für die Energiepreise scheint so schnell keine Trendwende in Sicht, zumal angesichts der Nachrichten über die Drosselung der russischen Erdgaslieferungen."
Die Erzeugerpreise galoppieren im Rekordtempo – und kein Ende ist in Sicht
Aktuell ist die Inflationsrate mit 7,9 Prozent bereits so hoch wie seit dem Winter 1973/1974 nicht mehr. (Foto: dpa)
Foto: Christoph Soeder

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Die deutschen Hersteller haben ihre Erzeugerpreise infolge des Ukraine-Kriegs im Mai abermals in Rekordtempo erhöht. Sie legten um durchschnittlich 33,6 Prozent zu. "Dies war der höchste Anstieg gegenüber einem Vorjahresmonat seit Beginn der Erhebung im Jahr 1949", teilte das Statistische Bundesamt am Montag mit. "Damit verzeichneten die gewerblichen Erzeugerpreise seit Dezember 2021 jeden Monat neue Rekordanstiege." Von der Presseagentur Reuters befragte Ökonomen waren von einem unveränderten Wert von 33,5 Prozent ausgegangen. Allein von April auf Mai ging es bei den Produzentenpreisen um 1,6 Prozent nach oben.

Für die Verbraucher verheißt die Entwicklung nichts Gutes, gilt sie doch als Vorläufer für die allgemeine Inflation. In der Statistik werden die Preise ab Fabriktor geführt - noch bevor die Produkte weiterverarbeitet werden oder in den Handel kommen. Aktuell ist die Inflationsrate mit 7,9 Prozent bereits so hoch wie seit dem Winter 1973/1974 nicht mehr. "Den massiven Anstieg der Erzeugerpreise haben die Unternehmen bisher wohl nur teilweise an die Endverbraucher weitergegeben", sagte Commerzbank-Ökonom Ralph Solveen.

Ökonom: Keine Trendwende bei Energiepreisen in Sicht

"Darum dürfte auch bei Verbraucherpreisen die unterliegende Dynamik zumindest sehr hoch bleiben, unter Umständen sogar noch etwas zulegen." Das sieht auch Ökonom Jens-Oliver Niklasch von der LBBW so: "Vor allem für die Energiepreise scheint so schnell keine Trendwende in Sicht, zumal angesichts der Nachrichten über die Drosselung der russischen Erdgaslieferungen."

Hauptverantwortlich für die starke Teuerung ist erneut Energie, die seit Beginn des russischen Einmarschs in die Ukraine am 24. Februar erheblich mehr kostet. Hier lagen die Erzeugerpreise um 87,1 Prozent höher als im Mai 2021. Erdgas verteuerte sich dabei um 148,1 Prozent. Mineralölerzeugnisse kosteten 55,8 Prozent mehr als ein Jahr zuvor. Leichtes Heizöl war dabei fast doppelt so teuer, während für Kraftstoffe 49,4 Prozent mehr verlangt wurden.

Auch die Bauindustrie schlägt Alarm

Hohe Preissteigerungen gab es auch bei Vorleistungsgütern, vor allem bei Metallen, Dünge- und Futtermitteln sowie Industriegasen und Verpackungsmitteln aus Holz. Nahrungsmittel verteuerten sich um 19,2 Prozent. Besonders stark stiegen hier die Preise für Butter (+80,2 Prozent), nicht behandelte pflanzliche Öle (+68,4), Rindfleisch (+42,9), Kaffee (+33,6) sowie Milch und Milcherzeugnisse (+24,1). "Für Verbraucher bedenklich sind die inzwischen erreichten hohen Teuerungsraten für Verbrauchsgüter", sagte LBBW-Ökonom Niklasch dazu.

Alarm schlägt aber auch die Baubranche. Deren Unternehmen müssen beispielsweise 26,7 Prozent mehr für Asphalt bezahlen. Die starken Materialpreis- und damit Baukostensteigerungen machen den Firmen schwer zu schaffen, sagte der Hauptgeschäftsführer des Hauptverbandes der Deutschen Bauindustrie, Tim-Oliver Müller. "Bei Projekten, die schon vor mehreren Monaten oder gar Jahren begonnen wurden, konnte man diese Entwicklung bei Vertragsunterzeichnung auf keinen Fall vorhersehen." Bei Vereinbarung von Festpreisen müssten die Unternehmen die gestiegenen Kosten nun selbst schultern. Davon sei nahezu jedes vierte Tiefbauunternehmen betroffen.


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Panorama
Panorama Kostenloses Experten-Webinar: Die Zukunft der personalisierten Medizin aus der Cloud - und wie Sie davon profitieren

Eine individuelle Behandlung für jeden einzelnen Menschen - dieser Traum könnte nun Wirklichkeit werden. Bei der personalisierten Medizin...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Europäische Unternehmen sehen düstere Aussichten in China
10.05.2024

Die jährliche Geschäftsklimaumfrage der EU-Handelskammer in Peking zeigt, dass europäische Unternehmen ihre Wachstumschancen in China so...

DWN
Technologie
Technologie Lithium-Abbau in Deutschland: BGR-Forscher starten Tiefenförderung in der Lüneburger Heide
10.05.2024

Der Weg zu einer nachhaltigen Elektromobilität führt möglicherweise durch die Lüneburger Heide: Die Die Bundesanstalt für...

DWN
Finanzen
Finanzen Genomsequenzierung: Investieren in die personalisierte Medizin der Zukunft
09.05.2024

Genomsequenzierung, Gentherapie, personalisierte Medizin: Die Medizin- und Pharma-Industrie steht vor einem Wendepunkt. Gleichzeitig sind...

DWN
Politik
Politik DWN-Interview zur Mafia in Deutschland: „Hier gehe ich von Strafvereitelung im Amt aus“
09.05.2024

Italienische Mafia-Organisationen gewinnen in Deutschland zunehmend an Einfluss – und können dabei teilweise auf das stillschweigende...

DWN
Technologie
Technologie Luftfahrt: Klimaneutralität bis 2050 wohl unrealistisch
09.05.2024

Der Luftverkehr gilt als ein starker Treiber zur Klimakrise. Mit technischen Lösungen klimaschonendes- oder gar klimaneutrales Fliegen zu...

DWN
Finanzen
Finanzen Aktien: Warum die Kapitalrendite eines Unternehmens wichtiger als die Bewertung ist
09.05.2024

Was bestimmt eigentlich den Wert einer Aktie? In der Berichterstattung stehen häufig Kennzahlen wie das Kurs-Gewinn-Verhältnis im...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Hybrides Arbeiten liegt im Trend - nicht nur aus Umwelterwägungen
09.05.2024

Die klassische Büroarbeit hat es spätestens seit Corona schwer, sich gegen das geschätzte Homeoffice zu behaupten. Immer mehr...

DWN
Technologie
Technologie Erneuerbare Energien knacken wichtige Marke
09.05.2024

Erneuerbare Energien wachsen vor allem dank Wind- und Solarenergie. Der Anteil an der globalen Stromproduktion beträgt mittlerweile 30...