Deutschland

Stärkster Personalzuwachs im Öffentlichen Dienst seit Wiedervereinigung

Der Öffentliche Dienst ist so stark angewachsen wie seit der deutschen Wiedervereinigung nicht mehr. Jeder elfte Beschäftigte steht heute im Dienst des Staates.
22.06.2022 12:51
Aktualisiert: 22.06.2022 12:51
Lesezeit: 1 min

Mehr medizinisches Personal, Polizisten und Lehrer: Die Zahl der Beschäftigten im öffentlichen Dienst ist im vergangenen Jahr so stark gestiegen wie noch nie seit der deutschen Wiedervereinigung. Sie wuchs um 125.600 oder 2,5 Prozent im Vergleich zu 2020, wie das Statistische Bundesamt am Mittwoch mitteilte. Damit arbeiteten rund elf Prozent der Erwerbstätigen im Staatsdienst.

"Hohe Zuwächse waren im Gesundheitswesen, bei den Schulen und Hochschulen, und wie schon im Vorjahr bei der Polizei und in Kitas zu verzeichnen", fassten die Statistiker die Entwicklung zusammen. Neben pandemiebedingten Sondereffekten wie der Stärkung von Gesundheitsämtern und Impfzentren sieht das Kiel Institut für Weltwirtschaft (IfW) auch strukturelle und finanzielle Gründe für das kräftige Stellenplus.

"Strukturell nimmt mit höherer Erwerbsbeteiligung von Frauen der Betreuungsbedarf für Kinder zu, höhere Studentenquoten erfordern mehr Lehrkräfte an öffentlichen Hochschulen etc.", sagte IfW-Vizepräsident Stefan Kooths. "Zudem sind dies Tätigkeitsfelder, in denen im Wesentlichen kaum ein physischer Produktivitätsfortschritt möglich ist, Mehrleistung daher nur durch Personalaufbau erbracht werden kann." Zudem sei die finanzielle Lage von Kommunen und Ländern zuletzt recht günstig gewesen sei. "Einstellungen erfolgen dann auch immer wieder nach Kassenlage", so Kooths.

"ORDNUNGSPOLITISCH GROSSE FRAGEZEICHEN"

Im Gesundheitswesen - zu dem neben öffentlichen Krankenhäusern etwa auch Gesundheitsämter und die wegen der Corona-Pandemie aufgebauten Impfzentren zählen - gab es zum Stichtag Mitte 2021 einen Personalanstieg um 20.500 auf 209.500. Das bedeutet eine Zunahme von elf Prozent. Bei den Schulen stieg die Zahl der Beschäftigten innerhalb eines Jahres um 16.300 oder 1,7 Prozent auf 982.400. Bei den Hochschulen einschließlich der Hochschulkliniken wurde ein Plus von 21.000 oder 3,6 Prozent auf 606.800 gemeldet.

"Der seit Jahren anhaltende Personalzuwachs bei kommunalen Kindertageseinrichtungen setzte sich weiter fort", betonte das Statistikamt. Dort wurden 256.900 Beschäftigte gezählt und damit 13.300 oder 5,5 Prozent mehr als ein Jahr zuvor. Damit hat sich die Zahl der Erzieherinnen und Erzieher seit 2006 nahezu verdoppelt. Bei der Polizei wieder gab es den zweitgrößten Personalzuwachs seit Mitte der 1990er Jahre. Hier betrug das Plus bei der Beschäftigtenzahl 7100 oder 2,1 Prozent auf 348.500.

"Insgesamt wäre zu fragen, ob alles, was bislang in staatlicher Regie läuft, so auch laufen muss", sagte IfW-Experte Kooths. Insbesondere bei Hochschulen, aber auch bei Betreuungseinrichtungen könne man da ordnungspolitisch große Fragezeichen setzen. Fokussiere sich der Staat auf seine Kernaufgaben, könne er handlungsfähiger werden.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.

E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung sowie die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Politik
Politik Feuer und Tränengas: Tausende Bauern protestieren in Brüssel gegen Mercosur
18.12.2025

Feuer, Tränengas und Traktoren: Tausende Landwirte bringen Brüssels Europaviertel zum Chaos. Sie protestieren gegen das geplante...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Deutschlandfonds startet: Wie der Staat 130 Milliarden Euro private Investitionen lostreten will
18.12.2025

Deutschland braucht Wachstum, aber der Staat allein kann es nicht finanzieren. Die Bundesregierung setzt deshalb auf einen neuen Hebel: den...

DWN
Finanzen
Finanzen EZB-Zinsentscheidung: Leitzinsen der Eurozone bleiben erneut unverändert
18.12.2025

Die EZB-Zinsentscheidung ist gefallen: Wie erwartet lassen die Währungshüter der Europäischen Zentralbank den Leitzins für die Eurozone...

DWN
Immobilien
Immobilien Unser neues Magazin ist da: Urbane Zukunft – von Smart-Cities bis hin zu futuristischen Utopien
18.12.2025

Städte entscheiden, wie Freiheit, Wohlstand und Klimaschutz in der nahen Zukunft zusammengehen. Zwischen Sensoren, Sanierungswellen und...

DWN
Technologie
Technologie SMR in Schweden: Blykalla sichert fast 48 Mio Euro für KI-Energie
18.12.2025

Blykalla sammelt fast 48 Millionen Euro für kleine modulare Reaktoren (SMR) ein. Investoren aus Schweden, den USA und Japan setzen auf...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Steuersenkung in Restaurants: Warum Gäste kaum profitieren
18.12.2025

Die Politik senkt die Mehrwertsteuer in der Gastronomie - wird der Restaurantbesuch damit endlich wieder erschwinglicher? Wohl kaum....

DWN
Politik
Politik Trumps Rede an die Nation: Eigenlob und Schweigen im Walde
18.12.2025

Zwischen Weihnachtsbäumen und Selbstlob inszeniert Donald Trump seine Rede an die Nation als Erfolgsgeschichte. Er verspricht...

DWN
Politik
Politik EU-Gipfel in Brüssel: Streit um russisches Vermögen und Mercosur-Freihandelsabkommen
18.12.2025

In Brüssel beginnt ein EU-Gipfel, der über Milliarden und Handel entscheidet. Es geht um festgesetztes russisches Vermögen, die...