Finanzen

Fed-Regionalpräsident: Müssen Leitzinsen jetzt „aggressiv“ anheben

Die US-Zentralbank soll nach Meinung eines Bezirkspräsidenten aggressiv gegen die Inflation vorgehen, die sie selbst in den vergangenen Jahren mitverursacht hat.
24.06.2022 16:38
Aktualisiert: 24.06.2022 16:38
Lesezeit: 2 min
Fed-Regionalpräsident: Müssen Leitzinsen jetzt „aggressiv“ anheben
2015: An der New Yorker Börse läuft ein Fernseher. Das Programm berichtet von der Entscheidung der Zentralbank, die Leitzinsen anzuheben. (Foto: dpa) Foto: Justin Lane

Die US-Notenbank Federal Reserve System muss aus Sicht eines ihrer führenden Vertreter die Zinsen jetzt rasch weiter anheben, bevor sich gestiegene Inflationserwartungen festsetzen. „Wir müssen deutlich und aggressiv handeln, um die Inflation umzukehren und sie unter Kontrolle zu bringen“, sagte der Chef der Fed-Filiale von St. Louis, James Bullard, in einer vom Schweizer Bankhaus UBS organisierten Diskussionsrunde. „Ansonsten könnte man unter einem Jahrzehnt mit hoher und variabler Inflation leiden.“

Es gelte, jetzt zu Beginn bei den Zinsen kräftig zu handeln, um die Inflation schnell zurückzudrängen und sie zurück auf einen Pfad in Richtung zwei Prozent zu bewegen.

Die Inflation war im Mai in den USA auf 8,6 Prozent nach oben geschossen - das ist der höchste Wert seit mehr als 40 Jahren. Die Fed hatte dann Mitte Juni die Leitzinsen so kräftig angehoben wie seit 1994 nicht mehr. Sie beschloss eine Erhöhung um 0,75 Prozentpunkte auf die neue Spanne von 1,50 bis 1,75 Prozent.

Notenbankchef Jerome Powell hatte diese Woche vor dem US-Kongress weitere zügige Anhebungen in Aussicht gestellt. Keine Größenordnung sei dabei vom Tisch, sagte er auf die Frage, ob die Zinsen auch um einen ganzen Prozentpunkt erhöht werden könnten.

Powell: US-Wirtschaft stark genug für Leitzinserhöhungen

Die US-Wirtschaft ist nach Ansicht des Chefs der US-Notenbank, Jerome Powell, „sehr stark“ und kann die Erhöhungen des Leitzinses wegstecken. Die Priorität der Zentralbank sei es, die hohe Inflationsrate wieder einzufangen, weswegen es weiter „raschen Fortschritt“ hin zu einem höheren Leitzins geben werde, sagte Powell am Mittwoch vor einem Ausschuss des US-Senats. „Wir müssen Preisstabilität wieder herstellen“, betonte Powell. Die US-Wirtschaft befinde sich „in einer guten Position“, um den höheren Leitzins zu verkraften.

Die Fed hatte den Leitzins vergangene Woche stark um 0,75 Prozentpunkte auf 1,5 bis 1,75 Prozent erhöht. Gleichzeitig stellte die Zentralbank schon für Ende Juli eine erneute Anhebung um 0,5 oder 0,75 Prozentpunkte in Aussicht. Für die Fed ist es nun ein Drahtseilakt, die steigende Inflation zu stoppen und gleichzeitig die Wirtschaft nicht zu sehr auszubremsen. Sollten Konjunktur und Arbeitsmarkt einbrechen, kommt es zu einer Rezession.

„Die Verschärfung der Finanzbedingungen, die wir in den jüngsten Monaten beobachtet haben, sollte das Wachstum weiter mäßigen und dabei helfen, die Nachfrage in ein besseres Gleichgewicht mit dem Angebot zu bringen“, sagte Powellmit Blick auf vorangegangene Zinsanhebungen.

Nach einem leichten Einbruch im ersten Quartal sei die Wirtschaft im zweiten Quartal ersten Indikatoren zufolge wieder gewachsen, sagte Powell. Auf die Frage, ob zu hohe Zinsen zu einer Rezession führen könnten, sagte Powell: „Das ist sicher eine Möglichkeit. Das ist nicht unser gewünschtes Ergebnis, aber es ist sicherlich eine Möglichkeit.“

Die offizielle Arbeitslosenquote liegt in den USA weiter bei sehr niedrigen 3,6 Prozent. Wie DWN-Experte Michael Bernegger jedoch nachgewiesen hat, bildet diese die tatsächliche Lage nicht ansatzweise ab. Die reale Arbeitslosigkeit dürfte sich in den USA deutlich über 10 Prozent bewegen - wahrscheinlich sogar eher um 15 Prozent.

Lesen Sie dazu: Statistiken werden in großem Stil gefälscht: In Wahrheit sind ein Drittel aller Amerikaner arbeitslos

Senator John Kennedy aus dem Bundesstaat Louisiana sagte, die rasanten Preissteigerungen träfen die Menschen hart. Angesichts der schwierigen wirtschaftlichen Lage müsse die Notenbank handeln, sagte er an Powell gerichtet. „Jetzt im Moment sind Sie der mächtigste Mann in den Vereinigten Staaten; vielleicht der ganzen Welt“, sagte er.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Politik
Politik Putins Imperium zerbröckelt: Aserbaidschan demütigt den Kreml – mit Hilfe der Türkei
10.07.2025

Aserbaidschan widersetzt sich offen Moskau, schließt russische Propagandakanäle und greift zur Verhaftung von Russen – ein Tabubruch in...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Neues Gasfeld vor Zypern könnte Europas Energiestrategie neu ausrichten
10.07.2025

Ein neues Erdgasfeld vor Zypern könnte zum Wendepunkt in Europas Energiepolitik werden.

DWN
Unternehmen
Unternehmen Baywa Milliardenverlust: Jahreszahlen zeigen das ganze Ausmaß der Krise beim Mischkonzern
10.07.2025

Jetzt ist der Milliardenverlust bei der Baywa amtlich: Das Minus von 1,6 Milliarden Euro ist vor allem auf Abschreibungen bei der...

DWN
Finanzen
Finanzen Trumps Rechnung für die Private-Equity-Branche: 79 Milliarden
10.07.2025

Donald Trumps Zollkurs und globale Kriege setzen der Private-Equity-Branche massiv zu. Was hinter dem dramatischen Kapitalschwund steckt...

DWN
Politik
Politik „Kleiner Lichtblick für die Ukraine“ nach Trumps Kehrtwende
10.07.2025

Der Kurswechsel der USA beim Waffenlieferprogramm für die Ukraine dürfte die Gespräche europäischer Staats- und Regierungschefs in...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Ostdeutsche Betriebsräte fordern Ende von Habecks Energiewende: Industriestandort gefährdet
10.07.2025

Nach dem Verlust von über 100.000 Industriearbeitsplätzen richten ostdeutsche Betriebsräte einen dramatischen Appell an Kanzler Merz....

DWN
Finanzen
Finanzen US-Schuldenkrise: Droht der Dollar-Kollaps? Was Anleger jetzt wissen müssen
10.07.2025

Die USA spielen mit dem Feuer: Zölle, Dollar-Schwächung und wachsende Schulden bedrohen das globale Finanzsystem. Doch es gibt Strategien...

DWN
Finanzen
Finanzen Hochsteuerland: Staat zockt Menschen ab - Von einem Euro bleiben Arbeitnehmern nur 47 Cent
10.07.2025

Bis zum 13. Juli arbeiten die Menschen in Deutschland in diesem Jahr nach Angaben des Bundes der Steuerzahler für die Staatskasse. Der...