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Güterverkehr: Die unerträgliche Unzuverlässigkeit der Deutschen Bahn

Lesezeit: 2 min
07.07.2022 10:43
Auch beim Güterverkehr schwächelt die Bahn: Große deutsche Lebensmittelhersteller beklagen sich darüber, dass die DB Cargo sie einfach im Stich lässt. Durch Verspätungen oder Totalausfälle von Güterzügen entstehen den Kunden große finanzielle Verluste, für die die Deutsche Bahn nicht aufkommt.
Güterverkehr: Die unerträgliche Unzuverlässigkeit der Deutschen Bahn
Güterzüge stehen auf dem Gelände der DB Cargo AG und warten darauf, losfahren zu können. (Foto: dpa)

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In die Mühlen der Deutschen Bahn geraten: Das größte deutsche Mühlenunternehmen GoodMills lagert noch 4000 Tonnen Hartweizen in der französischen Region Ile de France, den das Unternehmen eigentlich mit der Bahn nach Mannheim bringen wollte. Allerdings: Der Weizen liegt immer noch in den französischen Silos. Zudem sieht sich Deutschlands größte Mühle dem Druck der Silo-Betreiber ausgeliefert, sie endlich zu räumen, um Platz für neues Getreide zu machen. Der Grund: Der Transportdienstleister, die DB Cargo, hat kurzfristig die Segel gestrichen, und dem Mühlenbetreiber nahegelegt, sich einen anderen Partner zu suchen.

„Wir haben im März aus Kostengründen und Gründen der Nachhaltigkeit einen Zug samt Fahrrechte gechartert, um das Getreide auf der Schiene nach Deutschland zu bringen, jetzt sitzen wir allerdings in Frankreich auf unserem Getreide fest“, so Karl-Friedrich Brenner, Unternehmenssprecher von GoodMills Deutschland, gegenüber den DWN.

Auch habe er keinerlei Bemühungen der DBf gesehen, eine alternative Lösung zu finden. Und: „Eine Schadensersatzforderung ist mit Verweis auf die Geschäftsbedingungen der DB Cargo nicht möglich“, meint Brenner weiter.

In der Zwickmühle der DB Cargo

Um sich aus dieser Falle zu befreien, hat sich GoodMills kurzerhand entschlossen, kleinere Binnenschiffe zu chartern, die das Getreide auf dem Wasserweg nach Deutschland bringen sollen. Allerdings: Mit 700 Tonnen Ladevolumen kann ein Schiff nur rund ein Drittel eines Zuges befördern.

Dem Unternehmen entstünden dadurch nicht kalkulierte Mehrkosten. Trotzdem: „Fairerweise muss man dazu sagen, dass nicht unser Vertragspartner, die DB Cargo, das Problem ist, sondern vielmehr die DB Netz AG.“ Die DB Netz AG ist ein hundertprozentiges Tochterunternehmen der Deutschen Bahn und der größte Betreiber von Eisenbahninfrastruktur in Deutschland. Und hat scheinbar nicht genügend Kapazitäten, um einen reibungslosen Güterverkehr zu garantieren.

Aber irgendwie scheint die DB Cargo am längeren Hebel zu sitzen. Denn trotz der Unannehmlichkeiten will GoodMills auch künftig auf die Deutsche Bahn setzen. Denn: Im Vergleich zum LKW-Verkehr auf der Straße oder der Binnenschiffsfahrt sei es immer noch die günstigste und schnellste Variante. Vorausgesetzt, der Bahnbetrieb würde so funktionieren, wie bei Vertragsabschluss vereinbart.

Neben GoodMills ist auch Südzucker betroffen

Dasselbe Problem hat auch die Südzucker AG mit Sitz in Mannheim. Bei dem im Jahre 1926 gegründeten Unternehmen ist nach Aussage des Unternehmens vor allem der Zugverkehr von Deutschland nach Italien betroffen.

Der größte Zuckerproduzent Europas benötigt wöchentlich mehrere ganze Züge. Dabei sind die Züge so getaktet, dass sie in einer Woche einen kompletten Umlauf, sprich Beladen, Transport, Entladen, Rücktransport, bewerkstelligen können. Ein Geschäftspartner stellt die Container und Tragwagen zur Verfügung und bucht bei der DB die Trassen. Daneben wird auch noch Zucker in einzelnen Wagengruppen zur Abrundung der Ganzzüge transportiert. Hier wird die DB-Cargo direkt beauftragt. Sie funktionierten im Vergleich zu den Ganzzügen noch recht gut. Allerdings: Sie können bei weitem die Ganzzüge nicht ersetzen.

Deshalb ist das Unternehmen gezwungen, sich nach Alternativen umzusehen. Dazu gehört, dass Südzucker mit entsprechend höheren Kosten auf seinen Nord-Süd-Verkehren jetzt auch Zucker aus Frankreich, Belgien und Polen nach Italien transportiert. In Deutschland versucht das Unternehmen dagegen wieder mehr Transporte auf die Straße zu verlagern. Allerdings können diese Transporte den Bahnverkehr nicht ersetzen. Deshalb sehen sich die Entscheidungsträger im Unternehmen, ähnlich wie bei GoodMills weiterhin gezwungen, die Geschäftsbeziehung mit der DB aufrecht zu erhalten.

Die Hauptgründe der Verspätungen und Ausfälle sind die vielen Baustellen, die auf langen Strecken in Deutschland zu unaufholbaren Verspätungen von mehreren Stunden führten. Mit der Folge, dass der Zug der Folgewoche ausfällt. Weitere von der DB Cargo aufgeführte Gründe für Zugverspätungen sind noch Krankheit, fehlende Ersatzteile für Loks und Waggons sowie Witterungsbedingungen.

Das, obwohl Sigrid Evelyn Nikutta, Vorsitzende des Vorstandes der DB Cargo AG, noch vor zwei Jahren selbstbewusst angekündet hatte, das Angebot auszubauen und deutlich engere Taktungen anzubieten. Mit zusätzlichen Angeboten von ganzen Zügen und beim kombinierten Verkehr mit Schiff, Zug und Lastwagen.

Zudem sollten sich Strukturen und Kundenansprache verändern. Allerdings scheint das bis jetzt nicht der Fall zu sein. Im Gegenteil: Anspruch und Wirklichkeit klaffen weit auseinander. DB Cargo hat es bisher lediglich geschafft, mit GoodMills und Südzucker zumindest zwei Kunden aus der Lebensmittelindustrie ordentlich zu verprellen.

 


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