Wirtschaft

Sri Lanka: Demonstranten stürmen Residenz des Präsidenten

In Sri Lanka demonstrierten am Samstag erneut Tausende gegen die Wirtschaftskrise im Land. Die Regierung setzt ihre Hoffnungen nun auf Hilfen aus Russland.
09.07.2022 10:45
Aktualisiert: 09.07.2022 10:45
Lesezeit: 2 min
Sri Lanka: Demonstranten stürmen Residenz des Präsidenten
Sri Lanka: Demonstranten, die den Rücktritt von Präsident Rajapaksa forderten, drangen am Samstag in seine Residenz ein. (Foto: dpa) Foto: Amitha Thennakoon

In Sri Lanka ist es erneut zu Unruhen gekommen. Tausende demonstrierten am Samstag gegen Missstände im Land. Einige von ihnen stürmten die Residenz von Präsident Gotabaya Rajapaksa, wie auf Bildern des Fernsehsenders NewsFirst zu sehen war. Auf Facebook gab es eine Live-Übertragung aus der Residenz. Hunderte zogen durch die Flure und Räume.

Vor dem Gebäude aus der Kolonialzeit versammelten sich ebenfalls Hunderte. Sicherheitskräfte waren nicht zu sehen. Aus dem Verteidigungsministerium verlautete, dass der Präsident vor den für das Wochenende geplanten Demonstrationen bereits am Freitag in Sicherheit gebracht worden sei.

Zuvor waren die Demonstranten durch das Zentrum der Metropole Colombo gezogen. Sie skandierten Slogans gegen den Präsidenten und schwenkten Flaggen des Landes. Dabei gelang es ihnen auch, Absperrungen der Polizei zu durchbrechen. Diese feuerte zwar Warnschüsse ab. Es gelang ihr aber nicht, die Demonstranten aufzuhalten.

Seit Monaten gibt es regelmäßige Proteste in Sri Lanka, zum Teil von Gewalt begleitet. Den 22 Millionen Einwohnern mangelt es an Lebensmitteln, Treibstoff und Medikamenten. Grund ist unter anderem eine starke Abwertung der Landeswährung, wodurch Importe erheblich teurer wurden. Die Bevölkerung macht Präsident Rajapaksa dafür verantwortlich.

Zwar kündigte die Regierung unter dem neuen Ministerpräsidenten Ranil Wickremesinghe Reformen an. Doch dies konnte die Bevölkerung bisher offenbar nicht beruhigen, der Unmut stieg in den vergangenen Wochen. Zudem hat die Regierung von Sri Lanka am Mittwoch Russland um Hilfe gebeten.

Präsident Gotabaya Rajapaksa bat seinen russischen Kollegen Wladimir Putin in einem Telefonat unter anderem um einen Kredit zum Kauf von Benzin, wie er auf Twitter schrieb. Ein Mitarbeiter des Energieministeriums in Sri Lanka erklärte am Donnerstag, es seien bereits zwei Vertreter russischer Ölfirmen in der Hauptstadt Colombo angekommen.

Kremlsprecher Dmitri Peskow bestätigte, dass es bei dem Gespräch am Mittwoch um eine mögliche Hilfe im Hinblick auf die schwere Wirtschaftskrise in Sri Lanka gegangen sei. Es seien allerdings bisher keine Entscheidungen dazu getroffen worden. Russland müsse erst seine Möglichkeiten ausloten, sagte er.

Der südlich von Indien gelegene Inselstaat befindet sich in seiner schlimmsten Wirtschaftskrise seit Jahrzehnten. Angesichts eines Mangels an Devisen hat das Land Mühe, genügend Treibstoff, Gas, Medikamente und Essen zu importieren. Das hoch verschuldete Land hofft auch auf die Hilfe des Internationalen Währungsfonds (IWF).

Präsident Rajapaksa schrieb am Mittwoch auf Twitter weiter, er habe Putin auch gebeten, dafür zu sorgen, dass die staatliche russische Fluggesellschaft Aeroflot Sri Lanka wieder anfliegen werde. Russische Urlauber sind für das auf Tourismus angewiesene Sri Lanka eine wichtige Einnahmequelle. Wie zahlreiche andere Schwellenländer hat auch Sri Lanka die russische Invasion der Ukraine nicht kritisiert.

Nach anhaltenden Protesten hat sich Premierminister Wickremesinghe zum Rücktritt bereit erklärt. Das gab sein Büro am Samstag in Colombo bekannt. Der Premier habe dem Parlamentspräsidenten mitgeteilt, dass er zugunsten der Bildung einer Allparteienregierung zum Abtritt bereit sei. Er ist erst seit Mai im Amt, sein Vorgänger war damals ebenfalls im Zuge der Unruhen zurückgetreten. Die Demonstranten fordern aber auch den Rücktritt von Präsident Rajapaksa.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Unternehmen
Unternehmen Insolvenzverwalter: „Enorme Geldverbrennung“ bei Wirecard
11.07.2025

Der Anwalt Jaffé ist seit fünf Jahren mit der Sicherung des übrig gebliebenen Vermögens beschäftigt. Er fand nach eigenen Angaben im...

DWN
Finanzen
Finanzen Kupferpreis explodiert: Was Trumps Zollfantasien auslösen
11.07.2025

Eine 50-Prozent-Zollandrohung von Trump lässt den Kupferpreis durch die Decke schießen – und sorgt für ein historisches Börsenchaos....

DWN
Politik
Politik Putins Imperium zerbröckelt: Aserbaidschan demütigt den Kreml – mit Hilfe der Türkei
10.07.2025

Aserbaidschan widersetzt sich offen Moskau, schließt russische Propagandakanäle und greift zur Verhaftung von Russen – ein Tabubruch in...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Neues Gasfeld vor Zypern könnte Europas Energiestrategie neu ausrichten
10.07.2025

Ein neues Erdgasfeld vor Zypern könnte zum Wendepunkt in Europas Energiepolitik werden.

DWN
Unternehmen
Unternehmen Baywa Milliardenverlust: Jahreszahlen zeigen das ganze Ausmaß der Krise beim Mischkonzern
10.07.2025

Jetzt ist der Milliardenverlust bei der Baywa amtlich: Das Minus von 1,6 Milliarden Euro ist vor allem auf Abschreibungen bei der...

DWN
Finanzen
Finanzen Trumps Rechnung für die Private-Equity-Branche: 79 Milliarden
10.07.2025

Donald Trumps Zollkurs und globale Kriege setzen der Private-Equity-Branche massiv zu. Was hinter dem dramatischen Kapitalschwund steckt...

DWN
Politik
Politik „Kleiner Lichtblick für die Ukraine“ nach Trumps Kehrtwende
10.07.2025

Der Kurswechsel der USA beim Waffenlieferprogramm für die Ukraine dürfte die Gespräche europäischer Staats- und Regierungschefs in...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Ostdeutsche Betriebsräte fordern Ende von Habecks Energiewende: Industriestandort gefährdet
10.07.2025

Nach dem Verlust von über 100.000 Industriearbeitsplätzen richten ostdeutsche Betriebsräte einen dramatischen Appell an Kanzler Merz....