Wirtschaft

Erster Durchbruch im Streit um Getreideexporte aus der Ukraine

Im Streit um Weizenexporte aus der Ukraine gibt es erste positive Anzeichen eines Durchbruchs, während Hunderte Millionen Menschen am Rande einer Hungersnot sind.
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14.07.2022 13:58
Lesezeit: 2 min

Erste Anzeichen, dass sich etwas bewegt: Im Streit um Getreideexporte aus der Ukraine ist nach Angaben von UN-Generalsekretär Antonio Guterres ein erster Durchbruch erzielt worden.

Bei den Gesprächen zwischen Vertretern der Vereinten Nationen, der Ukraine, Russlands und der Türkei in Istanbul sei ein "entscheidender Schritt" in Richtung einer Lösung vorgenommen worden, sagte Guterres am Mittwoch vor Journalisten in New York. "Heute haben wir endlich ein bisschen Hoffnung." Details teilte Guterres zunächst nicht mit, betonte aber, dass noch mehr technische Arbeit notwendig sei, damit sich der heutige Fortschritt materialisiere.

Auch nach türkischen Angaben wurde eine vorläufige Einigung zu Getreide-Exporten aus der Ukraine getroffen. Die Verhandler der Länder wollen sich nächste Woche erneut treffen, um die Vereinbarung zu unterzeichnen, sagte der türkische Verteidigungsminister Hulusi Akar am Mittwoch in Istanbul. Unter anderem hätten sich die Parteien auf die Errichtung eines Koordinationszentrums geeinigt, um die Sicherheit der Meeresrouten zu garantieren und die Lieferungen der Schiffe zu kontrollieren.

Nach Angaben des russischen Verteidigungsministeriums legte die Delegation aus Moskau "ein Paket von Vorschlägen zur schnellstmöglichen praktischen Lösung dieser Frage vor". Wie dieses Paket aussehen soll, ließ Armeesprecher Igor Konaschenkow am Mittwoch offen.

Ukrainischer Außenminister zuversichtlich

Der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba erklärte gegenüber der spanischen Zeitung El Pais, dass Russland einer Vereinbarung zustimmen könnte, weil die Führung in Moskau den Ländern in Afrika und Asien ihre Bereitschaft demonstrieren wolle, sie vor Nahrungsmittelknappheit zu bewahren. Allerdings sei es immer noch denkbar, dass Russland die Gespräche verlasse. Derzeit setzt die Ukraine auch auf Getreideexporte über die Donau. „In den letzten vier Tagen haben 16 Schiffe die Flussmündung von Bistrau passiert“, so der stellvertretende ukrainische Infrastrukturminister Juri Waskow.

Zum Hintergrund: Die internationale Gemeinschaft fordert von Russland seit Wochen, den Export von ukrainischem Getreide zu ermöglichen, während die Ukraine beklagt, dass die russische Kriegsmarine ihre Häfen im Schwarzen Meer blockiere.

Bereits im Juni dieses Jahres hat sich Russlands Präsident Wladimir Putin bereit erklärt, den Export von Getreide aus der Ukraine nach Afrika zu ermöglichen. Zuvor hatte das ukrainische Verteidigungsministerium beklagt, dass russische Soldaten insgesamt 400.000 Tonnen ukrainisches Getreide gestohlen hätten.

Türkei kauft angeblich ukrainischen Weizen von Russland

Allerdings gibt es auch jetzt noch einige Schatten am Horizont. So gibt es Gerüchte, dass Russland in der Ukraine gestohlenes Getreide an die Türkei verkauft. Ankara bestreitet das zwar, jedoch ließe es sich mittlerweile belegen, dass russische Frachter mit ukrainischem Getreide in türkischen Häfen entladen worden seien.

Wie die Nachrichtenagentur Reuters am 6. Juli unter Berufung auf ein Schreiben aus Kiew von Mitte Juni berichtete, werden die Frachtschiffe „Michail Nenaschew“, die „Matros Posynitsch“ und die „Matros Koschka“ verdächtigt, auf der 2014 von Russland annektierten ukrainischen Halbinsel Krim Getreide geladen zu haben, das aus den besetzten ukrainischen Gebieten stammt. Während in den ukrainischen Häfen Schätzungen zufolge noch 20 Millionen Tonnen Getreide feststecken.

Auf Russland und die Ukraine entfallen fast ein Drittel der weltweiten Weizenlieferungen, wobei die Hauptabnehmer Staaten des Nahen Ostens und des nördlichen Afrikas sind. Und: Die Getreideexporte beider Länder spielen eine wichtige Rolle für die Nahrungssicherheit in der Welt.

Welthungerhilfe warnt vor Katastrophe

Die Welthungerhilfe warnt davor, dass Hunderte Millionen von Menschen am Rande der Hungersnot seien. Dabei verschärften nicht nur bewaffnete Konflikte und Klimaveränderungen die Lage in vielen Ländern, sondern auch die steigenden Nahrungsmittelpreise.

Aus dem Jahresbericht der Hilfsorganisation geht hervor, dass derzeit etwa 811 Millionen Menschen weltweit hungerten. „Wer nur knapp drei US-Dollar pro Tag zum Überleben hat, kann sich die Verdoppelung der Brotpreise einfach nicht leisten“, gibt Mathias Mogge, Generalsekretär der Welthungerhilfe, zu bedenken. Weiter weist er darauf hin, dass über viele Jahre kontinuierliche Verbesserungen in der Hungerbekämpfung zu verzeichnen gewesen seien, sich der Trend aber seit 2014 umkehre.

Schon 2021 seien die Preise für Lebensmittel weltweit teils um 28 Prozent gestiegen. „Durch den Krieg in der Ukraine hat sich die Situation weiter zugespitzt. Besonders dramatisch ist die Lage in Jemen, in Afghanistan und im Südsudan“, so Mogge.

Die Zahlen der Welthungerhilfe decken sich weitgehend mit den Schätzungen der Vereinten Nationen. Die UN geht davon aus, dass 2021 im Jahresdurchschnitt etwa 768 Millionen Menschen von Hunger betroffen sind. Dabei ist die Zahl seit Beginn der Corona-Pandemie um etwa 150 Millionen gestiegen.

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