Finanzen

Platzt die Blase am US-Häusermarkt?

Erstmals seit Langem sind die Häuserpreise in den USA gesunken. Aktuelle Daten zeichnen das Bild eines beginnenden Abschwungs.
18.07.2022 16:19
Lesezeit: 2 min
Platzt die Blase am US-Häusermarkt?
Hintergrund der steigenden Hypothekenzinsen ist die geldpolitische Normalisierung der Fed. (Foto: dpa) Foto: Shawn Thew

Die durchschnittlichen Median-Häuserpreise in den USA sind zum ersten Mal seit langer Zeit gesunken. Zwischen Juni und Juli wurde für den 4-Wochen-Zeitraum bis zum 10. Juli ein Minus von 0,7 Prozent auf nun 393.000 US-Dollar registriert, wie der Immobilienentwickler Redfin in einer aktuellen Marktstudie schreibt. Auf Jahressicht liegen die Preise noch immer rund 12 Prozent über dem Vergleichswert.

Zugleich steigt die Anzahl der zum Kauf angebotenen Häuser, auf die Preisnachlässe gewährt werden, am Markt auf einen neuen Höchststand. Die durchschnittlichen Angebotspreise liegen inzwischen rund 3 Prozent unter den im Mai erreichten Höchstwerten.

Das Angebot an neuen Häusern stieg zudem erstmals seit dem Jahr 2019 auf Jahressicht gerechnet, was als Hinweis auf eine gewisse Zurückhaltung der Interessenten gedeutet werden kann. Und auch Sucheingaben auf Google wie „Häuser kaufen“ lagen Redfin zufolge im Juli rund 5 Prozent unter den Werten des Vorjahresmonats.

Bürger stoßen an finanzielle Grenzen

Die Redfin-Analysten vermuten, dass die leichte Eintrübung auf noch immer sehr hohem Niveau ein Vorbote für einen breitflächigen Abschwung in der Branche sein könnte. Demnach stießen die meisten Amerikaner nun an ihre finanziellen Grenzen und könnten die gegenwärtig verlangten Preise nicht mehr bezahlen, weil sie einen wachsenden Teil ihrer Ersparnisse oder Einkommen für die rasch gestiegenen Lebenshaltungskosten opfern müssen.

„Die Inflation und die hohen Hypothekenzinsen fressen ein Loch ins Budget der Hauskäufer. Nur wenige Leute sind in der Lage, Häuser zu kaufen – die, wie in manchen Gegenden, in den vergangenen beiden Jahren um 50 Prozent teurer geworden sind – weswegen diese nun unverkauft am Markt bleiben. Als Folge davon sinken die Preise ausgehend von ihren Allzeit-Hochs. Wir rechnen damit, dass diese Phase reduzierten Wettbewerbs und sinkender Bewertungen noch mindestens die nächsten Monate anhalten wird“, wird ein Analyst von Redfin zitiert.

Besonders der deutliche Anstieg der Hypothekenzinsen hält Interessenten offenbar vermehrt von Käufen ab. Diese liegen inzwischen bei 5,5 Prozent, nachdem sie zu Jahresbeginn noch um die Marke von 3 Prozent geschwankt hatten. Zuletzt lagen die Zinsen für 30-jährige Hypotheken im Jahr 2008 auf einem vergleichbar hohen Niveau.

Hintergrund der steigenden Hypothekenzinsen ist die geldpolitische Normalisierung der US-Zentralbank Federal Reserve System. Mit jedem Anstieg der Leitzinsen steigen auch die Hypothekenzinsen weiter an. Da Beobachter angesichts der hohen Inflation damit rechnen, dass die Fed die Leitzinsen in der nahen Zukunft weiter anhebt, dürfte der Häusermarkt weiter unter Druck geraten.

Der Immobilienmarkt in den USA ist systemrelevant, weil große Investmentgesellschaften und Pensionsfonds darin investiert sind. Nicht ohne Grund wurde die letzte große Finanzkrise in den Jahren 2007/2008 durch Bewertungsblasen am Häusermarkt ausgelöst.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Finanzen
Finanzen Goldpreis-Prognose: Experten sehen weiterhin Potenzial am Markt
30.11.2025

Die Entwicklung am Goldmarkt sorgt derzeit für besondere Aufmerksamkeit, da viele Anleger Orientierung in einem zunehmend unsicheren...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Europas Start-ups: Talente ziehen lieber in die USA statt nach Europa
30.11.2025

Immer mehr europäische Start-ups verlagern ihre Aktivitäten in die USA, um dort leichter an Risikokapital zu gelangen. Kann Europa durch...

DWN
Politik
Politik Militärischer Schengen-Raum: Wie die EU die Truppenmobilität beschleunigen will
30.11.2025

Die sicherheitspolitischen Spannungen in Europa erhöhen den Druck auf die EU, ihre militärische Handlungsfähigkeit neu auszurichten. Wie...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Digital Champions: Das sind die neuen deutschen Tech-Vorbilder
30.11.2025

Von Leipzig bis Heidelberg entsteht eine Generation von Startups, die KI-Forschung in Markterfolg übersetzt. Digitale Champions wie Aleph...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft KI-Blase durch steigende Investitionen: Wie EU und deutsche Wirtschaft betroffen sind
30.11.2025

Die rasanten Investitionen in künstliche Intelligenz lassen Experten vor einer möglichen KI-Blase warnen. Droht diese Entwicklung, die...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Europas Rüstungsindustrie im Aufschwung: USA profitieren von der Aufrüstung
30.11.2025

Europa versteht sich gern als Friedensmacht, die auf Diplomatie und Werte setzt, während in ihrem Inneren eine hochdynamische Sicherheits-...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Russland übernimmt ausländische Markenrechte: Mehr als 300 Brands gefährdet
30.11.2025

Ausländische Marken geraten in Russland zunehmend unter Druck, seit viele Unternehmen ihre Aktivitäten im Land eingestellt haben. Wie...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Europa im Schuldenstrudel: Warum die alten Mächte wanken und der Süden aufsteigt
29.11.2025

Europa war lange in zwei Gruppen geteilt. Es gab die Staaten mit fiskalischer Disziplin, angeführt von Deutschland, und die...