Der russische Energieriese Gazprom hat nach eigenen Angaben von Siemens noch immer keine Dokumentationen für den Wiedereinbau einer Turbine der Nord-Stream-1-Gaspipeline erhalten. Die Rücküberführung der Turbine, die zur Wartung verschickt worden war, habe direkte Auswirkungen auf den sicheren Betrieb der Pipeline, teilte der russische Staatskonzern am Mittwoch mit. Dies gelte auch für weitere größere Wartungen anderer Bestandteile.
Die jährliche Wartung der Pipeline hatte am 11. Juli begonnen und ist auf zehn Tage ausgelegt. Die große Frage ist, wie viel Gas durch die Röhre unter der Ostsee nach Deutschland fließen wird.
Einen Tag vor dem planmäßigen Ende der Nord-Stream-1-Wartung hat Russlands Präsident Wladimir Putin Zweifel am Umfang künftiger Lieferungen durch die Gas-Pipeline geschürt. Die Kapazitäten könnten weiter reduziert werden, weil die Wartung bestimmter Bestandteile nur langsam vorankomme, sagte Putin am Mittwoch. Gazprom hatte die Kapazität bereits vor der am 11. Juli begonnenen und auf zehn Tage ausgelegten Pause auf 40 Prozent gedrosselt und dies auf die Wartung einer Turbine zurückgeführt.
Wie verläuft die Wartung?
Putin erklärte, dass seiner Meinung nach die Verantwortung für reduzierte Kapazitäten nicht beim russischen Staatskonzern Gazprom liege. Es gebe bei Nord Stream 1 fünf von Siemens Energy betriebene Pumpmodule, sagte Putin nach seinem Besuch im Iran vor Journalisten. Eine weitere Einheit sei außer Betrieb, weil die Innenauskleidung bröckele. „Es gibt dort zwei funktionierende Maschinen, sie pumpen 60 Millionen Kubikmeter pro Tag... Wenn eine nicht zurückkommt, gibt es eine, das macht 30 Millionen Kubikmeter. Hat Gazprom damit zu etwas tun?“ Der Konzern sei auch nicht für die Reduzierung von Transitkapazitäten durch die Ukraine verantwortlich und bereit, seine Exportverpflichtungen zu erfüllen.
Am Dienstag hatten zwei mit den Plänen für den russischen Gas-Export vertraute Personen der Nachrichtenagentur Reuters gesagt, Russland wolle seine Gas-Lieferungen über Nord Stream 1 am Donnerstag wieder aufnehmen - wenn auch in reduziertem Umfang. Gazprom und die Betreiber der Pipeline wollten sich zunächst nicht äußern. Die bereits vor Beginn der Nord-Stream-1-Wartung erfolgte Reduzierung der Durchflussmenge hatte Russland mit der verspäteten Rückgabe von in Kanada gewarteten Anlagen begründet. Die Bundesregierung hatte technische Gründe als vorgeschoben bezeichnet.
Die Pläne der EU-Kommission
Die EU-Kommission bereitet sich nach eigenen Angaben auf alle Szenarien vor, auch auf ein vollständiges Ausbleiben der Lieferungen nach der Wartung. Einem der Nachrichtenagentur Reuters vorliegenden Entwurf für den Notfallplan zufolge dringt sie auf außergewöhnliche und schnelle Maßnahmen zum Einsparen von Gas. So soll der Gefahr eines Gasmangels im Winter vorgebeugt werden.
Eine Nord-Stream-1-Turbine war jüngst in Kanada gewartet worden. Die Regierung in Ottawa hatte nach eigenen Angaben die Lieferung nach Deutschland erlaubt. Kanada und die EU haben wegen des Ukraine-Kriegs Sanktionen gegen Russland verhängt.