Deutschland

Union, SPD, Grüne und FDP wollen Nordstream-Pipelines aufgeben

Die Fraktionen von CDU/CSU, SPD, Grünen und FDP haben im Europaparlament für Forderungen gestimmt, Nordstream 1 und 2 aufzugeben.
07.07.2022 09:00
Aktualisiert: 07.07.2022 09:31
Lesezeit: 2 min
Union, SPD, Grüne und FDP wollen Nordstream-Pipelines aufgeben
Die von Nord Stream im Oktober 2009 herausgegebene Grafik (Ausschnitt) zeigt die vorgesehenen Logistik-Standorte beim Bau der Ostsee-Pipeline vom russischen Wyborg nach Mukran auf der Insel Rügen in Mecklenburg-Vorpommern. (Foto: dpa) Foto: Nord Stream

Die im Europaparlament vertretenen Fraktionen von Union, SPD, Grünen und FDP haben am Mittwoch offenbar dafür gestimmt, die Erdgaspipeline Nordstream 1 (seit Jahren in Betrieb) und 2 (fertiggebaut) aufzugeben.

Die im Europaparlament vertretene Fraktion der AfD schreibt dazu in einer Mitteilung:

Am Mittwoch stimmte das EU-Parlament über den Bericht „Die EU und die Verteidigung des Multilateralismus“ ab. Darin wird beispielsweise gefordert, „dass die Erdgasfernleitungen Nord Stream 1 und Nord Stream 2 vollständig aufgegeben werden“.

Der Bericht wurde mit den Stimmen der Abgeordneten von CDU/CSU, SPD, FDP und Grünen angenommen. Die AfD-Abgeordneten stimmten selbstverständlich für Energiesicherheit für die Bürger und damit gegen Betriebseinstellungen und kalte Wohnungen im Winter in Deutschland aufgrund von Gasmangel.

Bernhard Zimniok, außenpolitischer Sprecher der AfD-Delegation im EU-Parlament, stellt diesbezüglich klar: „Die am 11. Juli beginnenden jährlichen Wartungsarbeiten an Nord Stream 1 werden die Gas-Versorgungskrise weiter verschärfen. Schon jetzt müssen unzählige Unternehmen den Betrieb einstellen, im Winter werden Millionen von deutschen Bürgern ihre Wohnungen nicht mehr heizen können. Wir müssen endlich wieder deutsche Interessen in den Mittelpunkt unserer Politik rücken, die Sanktionen gegenüber Russland beenden und Nord Stream 2 so schnell wie möglich aktivieren, um die Bürger und die stark betroffene Wirtschaft zu entlasten!"

Ernst: „Die Energiesanktionen schaden nicht Russland, sondern Deutschland“

Der Linken-Energieexperte Klaus Ernst fordert Gespräche mit Russland über gesicherte Gaslieferungen und eine Inbetriebnahme der Pipeline Nord Stream 2. Ernst sagte der Rheinischen Post, es sei angesichts der in Deutschland stark steigenden Preise unmoralisch, die Sanktionen gegen Russland wie gehabt aufrechtzuerhalten.

„Die Bundesregierung muss jetzt alles dafür tun, die Energieversorgung sicherzustellen“, sagte der Bundestagsabgeordnete, der Vorsitzender des Energie- und Klimaausschusses ist. „Dazu muss man, trotz des völkerrechtswidrigen Krieges, mit Russland reden. Gegebenenfalls auch darüber, Nord Stream 2 befristet in Betrieb zu nehmen, wenn die Gasversorgung nicht anders zu gewährleisten ist.“

Der Fraktionschef der Linken, Dietmar Bartsch, stellte jedoch auf Twitter klar: „Die Linke und die Linksfraktion fordern NICHT die Aufnahme von Gesprächen über Nord Stream 2.“ Die beiden Parteivorsitzenden Janine Wissler und Martin Schirdewan hielten ebenfalls dagegen. „Der Parteitag von die Linke hat klare Entscheidungen getroffen. Wir fordern einen Preisdeckel für Gasimporte, gezielte Sanktionen gegen Oligarchen, die Nichtinbetriebnahme von Nord Stream 2 und die Beschleunigung der Energiewend“, twitterten sie wortgleich.

Die Ostsee-Pipeline Nord Stream 2 ist fertiggestellt. Das Genehmigungsverfahren hat Deutschland jedoch kurz vor dem Einmarsch russischer Truppen in die Ukraine auf Eis gelegt. Die Gaslieferung über die parallel verlaufende Leitung Nord Stream 1 hat Russland gedrosselt, weil offenbar eine Turbine aufgrund der Russland-Sanktionen nicht aus Kanada zurückgeholt werden kann.

Im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur konterte Ernst die Kritik. Bei der Nutzung von Nord Stream 2 ginge es nur um zwei oder drei Monate, falls Nord Stream 1 nicht genutzt werden könne. Das widerspräche nicht dem Parteitagsbeschluss, weil man Nord Stream 2 danach wieder stillegen könnte.

Deutschland sei nun einmal auf russisches Gas angewiesen, kein anderes Land könne die Menge kurzfristig ersetzen: „Wir sind komplett in der Hand von Russland“, sagte Ernst und kritisierte Politiker, „die meinen, wir könnten auftreten mit dicken Backen“. Die Energiesanktionen schadeten nicht Russland, sondern Deutschland. Ein Gasstopp brächte die Industrie in Gefahr, sagte der Linken-Politiker.

Ernst ist als Energie- und Klimapolitiker in den eigenen Reihen umstritten. Er steht aber in der Linken nicht alleine. Auch die frühere Fraktionschefin Sahra Wagenknecht twitterte: „Wirtschaftskrieg ruiniert uns, nicht Russland! Sanktionen aufheben, zur Not Gas über Nord Stream II beziehen!“

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Wirtschaft
Wirtschaft VW-Aktie im Fokus: Was die Werksschließung bei Volkswagen für die Autoindustrie bedeutet
16.12.2025

Ein symbolträchtiger Standort der deutschen Autoindustrie schließt seine Tore und rückt die VW-Aktie erneut in den Fokus von Anlegern...

DWN
Politik
Politik Teure Mieten, hohe Steuern, weniger Kinder: Auswanderungen aus Deutschland weiterhin auf hohem Niveau
16.12.2025

Nach wie vor wandern sehr viele Menschen aus Deutschland aus, gleichzeitig bekommen Deutsche immer weniger Kinder: Eine fatale Entwicklung...

DWN
Politik
Politik Umfrage: Spätere Rente für Akademiker spaltet die Deutschen
16.12.2025

Sollte das Renteneintrittsalter an die Zahl der Beitragsjahre gekoppelt sein? Die Bürger sind sich darin nicht einig. Deutsche mit Abitur...

DWN
Politik
Politik CDU-Vorsitz: Einstimmiges Votum aus NRW - Merz soll CDU-Chef bleiben
16.12.2025

Friedrich Merz erhält einstimmige Unterstützung aus NRW für eine weitere Amtszeit als CDU-Bundesvorsitzender. Der Vorschlag kommt von...

DWN
Politik
Politik Anschlag geplant? Terrorverdächtiger in Magdeburg reiste legal ein
16.12.2025

Mit Visum kam er nach Deutschland, dann informierte er sich über Waffen und glorifizierte Anschläge. Zu dem 21-jährigen Mann in...

DWN
Politik
Politik Sudan führt auch 2026 Krisenliste von Hilfsorganisation an
16.12.2025

Die Hilfsorganisation IRC erstellt jeden Dezember eine Liste von Krisenstaaten, die im Folgejahr zu beachten sind. Der Sudan steht im...

DWN
Finanzen
Finanzen Bargeld: Barzahlen wird bei Behörden zur Ausnahme - Bundesbank sieht Akzeptanzlücken
16.12.2025

Bargeld ist in Deutschland nach wie vor beliebt, doch in Ämtern und Behörden stößt man damit nicht immer auf offene Türen. Die...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Finanzielle Unabhängigkeit für Führungskräfte: So sichern Sie echte Entscheidungsfreiheit
16.12.2025

Die meisten Führungskräfte träumen davon, unabhängig Entscheidungen treffen und nach eigenen Überzeugungen handeln zu können. In der...