Finanzen

Starker Dollar bringt Probleme für große Teile der Welt

Der US-Dollar ist so stark wie seit Jahrzehnten nicht mehr. Dies hat erhebliche Folgen für die ganze Welt.
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23.07.2022 14:59
Aktualisiert: 23.07.2022 14:59
Lesezeit: 2 min
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Der Dollar-Index des Wall Street Journal, der die US-Währung gegenüber einem Korb von 16 Währungen misst, verzeichnete dieses Jahr das beste erste Halbjahr seit 2010. Im Verlauf der ersten sechs Monate legte der Dollar-Index um 8,7 Prozent zu und seit Anfang Juli ist er (Stand Donnerstag) um weitere 1,4 Prozent gestiegen.

Wenn Investoren in einen starken Dollar flüchten, geraten in der Regel die Währungen der Schwellenländer unter Druck. Doch im laufenden Jahr sind die Währungen der Industrieländer ebenfalls gefallen. Der Euro fiel in der vergangenen Woche auf seinen schwächsten Stand seit 2002. Vorübergehend rutschte er sogar unter die Parität zum Dollar.

Mehr zum Thema: Investoren wetten gegen den Euro

Der Höhenflug des Dollars ist vor allem auf die steigenden US-Zinsen zurückzuführen. Die US-Notenbank beschloss im Juni eine Zinserhöhung um 0,75 Prozentpunkte. Dies war die höchste Anhebung seit 1994. Zudem haben die Notenbanker angedeutet, dass sie die Zinsen wahrscheinlich noch im Juli um denselben Betrag anheben werden.

Vor dem Hintergrund der schwachen Weltwirtschaft werden Anleger von den USA auch als Quelle relativer Stabilität angezogen. Wenn ausländische Investoren verstärkt Geld in amerikanische Aktien und Anleihen investieren wollen, so steigt die Nachfrage nach Dollars, was die US-Währung stärkt.

Einige Zentralbanken in den Schwellenländern sind den USA längst gefolgt und haben ebenfalls ihre Zinssätze erhöht, um die Inflation zu bekämpfen. Die brasilianische Zentralbank etwa begann damit bereits im März 2021, als der Leitzins auf einem Rekordtief von 2 Prozent lag. Dieser Satz erreichte im Juni 13,25 Prozent.

Nach Schätzungen des Institute of International Finance (IIF), einer in Washington ansässigen Organisation, welche die globale Finanzindustrie vertritt, verzeichneten die Schwellenländer allein im Monat Juni Nettoabflüsse in Höhe von 4 Milliarden Dollar, wie das Wall Street Journal berichtet.

Laut IIF-Chefökonom Robin Brooks waren die Abflüsse aus den Schwellenländern mit Ausnahme Chinas ähnlich hoch wie bei früheren makroökonomischen Schocks, etwa im Jahr 2013, als die Federal Reserve ihr Anleihekaufprogramm beendete. Die jüngsten Abflüsse sind aber bisher geringer als zu Beginn der Covid-19-Pandemie im Jahr 2020.

Wenn ein Staat Schulden in einer Fremdwährung ausgibt und dann seine eigene Währungen abwertet, so wird die Rückzahlung dieser Schulden teurer. Wenn Staaten ihre Schulden nicht bedienen können, so riskieren sie, den Zugang zu den internationalen Finanzmärkten zu verlieren, was ihre Finanzierung massiv erschweren kann.

Sri Lanka beispielsweise geriet im Mai in Zahlungsverzug. Eine Kombination aus erdrückender Verschuldung und galoppierender Inflation hat dazu geführt, dass das Land keine Dollars mehr hat, um Importe von grundlegenden Gütern wie Kraftstoff und Medikamenten zu bezahlen.

Mehr zum Thema: Nach Protesten in Sri Lanka: Präsident auf der Flucht

Schwellenländer sind in unterschiedlich hohem Maße in Dollar verschuldet. Nach Angaben des IIF lag der Anteil der Dollar-Schulden von Argentinien, der Ukraine und Kolumbien im ersten Quartal bei über 20 Prozent des Bruttoinlandsprodukts, während dieser Wert bei einer Handvoll asiatischer und europäischer Länder unter 2 Prozent lag.

Exportstaaten können einen starken Dollar besser verkraften, da sie Dollars einnehmen und weniger von Dollars für wichtige Importe abhängig sind. Staaten können sich gegen eine Währungsabwertung absichern, indem sie Vermögenswerte in Dollars halten. Brooks zufolge sind kleinere Staaten anfälliger, etwa in Afrika südlich der Sahara.

Am stärksten verloren gegenüber dem Dollar haben seit Jahresbeginn die türkische Lira (minus 25 Prozent), der argentinische Peso (minus 21 Prozent) und der ungarische Forint (minus 17 Prozent). Die einzige Währung, die zum Dollar zulegen konnte, war der brasilianische Real (plus 2 Prozent).

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