Wirtschaft

US-Konjunktur gleitet in Rezession ab - Wirtschaft schrumpft auch im Frühjahr

Die Konjunktur in den USA befindet sich offiziell im Abschwung. Der Einbruch kam für die meisten Ökonomen unerwartet.
28.07.2022 15:00
Aktualisiert: 28.07.2022 15:01
Lesezeit: 1 min

Die US-Wirtschaft ist im Frühling erneut geschrumpft und in eine sogenannte "technische Rezession" gefallen. Nach einem Rückgang der Wirtschaftsleistung zu Jahresbeginn fiel das Bruttoinlandsprodukt (BIP) im zweiten Quartal auf das Jahr hochgerechnet um 0,9 Prozent, wie das Handelsministerium am Donnerstag in Washington nach einer ersten Schätzung mitteilte. Analysten hatten dagegen mit einem leichten Wachstum um 0,4 Prozent gerechnet.

Da die US-Wirtschaft schon im ersten Quartal um annualisiert 1,6 Prozent geschrumpft ist, ist die Definition einer technischen Rezession erfüllt. Davon sprechen Ökonomen, wenn die Wirtschaftsleistung zwei Quartale hintereinander zurückgeht.

Laut Ministerium ist der erneute Rückgang des BIP auf geringere Lagerbestände und Investitionen der Unternehmen zurückzuführen. Hinzu kamen fallende Bauausgaben und sinkende Staatsausgaben. Die Exporte und die Konsumausgaben der privaten Haushalte seien dagegen gestiegen. Allerdings habe der Zuwachs nicht ausgereicht, um den Rückgang in den anderen Bereichen auszugleichen.

Ein Grund für die wirtschaftliche Schwächephase dürfte der Kampf der US-Notenbank Fed gegen die hohe Inflation sein. Seit März hat sie den Leitzins um 2,25 Prozentpunkte angehoben, was in historischer Betrachtung eine erhebliche Straffung in verhältnismäßig kurzer Zeit ist. Fed-Chef Jerome Powell hatte nach der jüngsten Anhebung am Mittwoch gesagt, er glaube nicht, dass sich die Wirtschaft in einer Rezession befinde. Als Grund gab er unter anderem die Stärke des Arbeitsmarkts an, der sich in der Nähe von Vollbeschäftigung befindet.

"Die Zahl enttäuscht ganz klar und so stecken die USA mit zwei Minusquartalen in Folge in einer technischen Rezession", kommentierte Fachmann Ralf Umlauf von der Landesbank Hessen-Thüringen. Auch Commerzbank-Experte Bernd Weidensteiner sprach von einer technischen Rezession, nicht aber von einer breitangelegten Rezession, auf die beispielsweise das Nationale Bureau of Economic Research (NBER) abstellt. Dieses betrachtet neben der BIP-Entwicklung auch andere wirtschaftliche Größen wie den Arbeitsmarkt und ist in den USA für die offizielle Feststellung zuständig, wann Rezessionen beginnen und enden.

Ähnlich argumentiert Thomas Gitzel, Chefökonom der VP Bank. Die Berechnungen des NBER beruhten auf einem breiten Datenbündel, das noch keine Rezession anzeige. "Die US-Wirtschaft befindet sich deshalb in einer technischen Rezession, ohne dass nach offizieller Verlautbarung die Wirtschaft tatsächlich in einer Phase wirtschaftlicher Kontraktion steckt." Die Federal Reserve werde sich davon nicht aus der Ruhe bringen lassen und grundsätzlich auf Zinsanhebungskurs bleiben.

US-Wachstumszahlen werden auf das Jahr hochgerechnet, also annualisiert. Sie sind daher nicht direkt mit Wachstumsdaten aus Europa vergleichbar, wo darauf verzichtet wird. Um näherungsweise auf eine mit Europa vergleichbare Wachstumsrate zu kommen, müsste man die US-Rate durch vier teilen.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Politik
Politik Polens künftiger Präsident Nawrocki droht mit Blockade gegen Regierungschef Tusk: Was bedeutet das für Polen?
06.06.2025

Karol Nawrocki stellt sich offen gegen Donald Tusk – und kündigt Widerstand an. Welche Folgen hat das für Polens politische...

DWN
Politik
Politik Ukraine-Krieg: Russland startet schwersten Angriff seit Monaten
06.06.2025

Im Ukraine-Krieg eskaliert die Lage erneut: Russland greift massiv an, Kiew wird erschüttert. Droht nun ein Gegenschlag – oder ist das...

DWN
Politik
Politik Merz bei Trump: Was der USA-Besuch des Bundeskanzlers wirklich brachte
06.06.2025

Der Kanzler trifft den US-Präsidenten in Washington. Freundliche Worte gab es viele – doch was bleibt nach dem Besuch von Merz bei Trump...

DWN
Finanzen
Finanzen Studie: Hohe Kosten für Einführung des digitalen Euro
06.06.2025

Die Einführung des digitalen Euro wird nach einer Studie der Beratungsgesellschaft PwC erhebliche Kosten für europäische Banken...

DWN
Politik
Politik Putins Gaskasse bleibt gefüllt – weil Frankreich und Belgien blockieren
06.06.2025

Während Brüssel russisches Flüssiggas verbieten will, stellen sich ausgerechnet Frankreich und Belgien quer – und sichern damit weiter...

DWN
Finanzen
Finanzen Fondsmanager warnt: „Gold ist noch immer unterbewertet“
05.06.2025

Der Goldpreis explodiert – doch laut Fondsmanager Erik Strand ist das Edelmetall noch immer unterbewertet. Die wahre Blase?...

DWN
Panorama
Panorama Stromanbieterwechsel 2025: Neue Fristen ab 6. Juni – wichtige Tipps
05.06.2025

Ein Stromanbieterwechsel soll ab dem 6. Juni deutlich schneller gehen – das klingt gut, hat aber Tücken. Welche Chancen und Risiken...

DWN
Finanzen
Finanzen Altersarmut wächst: Jede sechste Rentnerin in Deutschland lebt in Altersarmut
05.06.2025

Die neuen Zahlen zur Altersarmut in Deutschland sind alarmierend: 2,1 Millionen Rentnerinnen und 1,3 Millionen Rentner leben unterhalb der...