Politik

Neue Spannungen an der Grenze zwischen Serbien und dem Kosovo

Barrikaden und Berichte über Schüsse auf Polizisten: Militante Serben wehren sich gegen neuen Regelungen des kosovarischen Staates. In der aufgeheizten Lage intervenieren internationale Diplomaten. An den Ursachen der Spannungen rühren sie nicht.
01.08.2022 16:43
Lesezeit: 2 min
Neue Spannungen an der Grenze zwischen Serbien und dem Kosovo
Aus Protest haben im überwiegend serbisch bevölkerten Norden des Kosovos militante Serben am Sonntag Barrikaden errichtet. (Foto: dpa) Foto: Festim Beqiri

Die Regierung des Kosovos hat auf Druck von US-amerikanischen und europäischen Diplomaten die Umsetzung neuer Einreiseregeln für Serben vorerst um einen Monat verschoben. Militante Serben im Norden des Landes begannen am Montag, die Barrikaden zu entfernen, die sie am Vortag aus Protest gegen die neue Regelung an den Zufahrtsstraßen zu zwei Grenzübergängen nach Serbien errichtet hatten.

Die entsprechende Verordnung hätte am Montag in Kraft treten sollen. Demnach hätten sich Personen, die sich an der Grenze mit serbischen Personaldokumenten ausweisen, eine zusätzliche Bescheinigung der kosovarischen Grenzpolizei ausstellen lassen müssen. Auch serbische Kfz-Kennzeichen sollten nicht mehr anerkannt werden. Pristina verstand dies als Gegenmaßnahme dafür, dass das Nachbarland Serbien seit mehreren Jahren kosovarische Dokumente nicht anerkennt. Kosovarische Staatsbürger erhalten bei der Einreise ein ähnliches Dokument, wie es das Kosovo nun für Reisende mit serbischen Dokumenten einführen wollte.

Aktivisten hatten am Sonntag im überwiegend von Serben bewohnten Norden des Landes die Straßen zu den Grenzübergängen Jarinje und Brnjak mit schweren Baumaschinen verbarrikadiert. Unbekannte hätten zudem Schüsse in Richtung kosovarischer Polizisten abgegeben, verletzt worden sei dabei niemand, sagte die Polizei in Pristina am späten Sonntagabend. Bei der Polizei in Pristina meldeten sich vier Bürger, die behaupteten, im Nord-Kosovo von militanten Serben festgehalten und misshandelt worden zu sein.

Unterstützung erhielten die Kosovo-Serben von der Führung in Belgrad. Serbiens Staatspräsident Aleksandar Vucic hatte in einer Fernsehansprache am Sonntagvormittag – also noch vor Errichtung der Barrikaden – Albaner und Serben zur Zurückhaltung aufgerufen. Zugleich betonte er aber auch: „Es wird keine Kapitulation geben, und Serbien wird gewinnen, wenn sie es wagen, Serben zu verfolgen, Serben zu töten.“ Hinweise dafür, dass die kosovarischen Behörden ethnische Serben physisch attackieren wollten, lagen zu dem Zeitpunkt nicht vor.

Diplomaten schalten sich ein

Wegen der angespannten Lage traten internationale Diplomaten auf den Plan. Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell sowie der US-Botschafter im Kosovo, Jeff Hovenier, traten an den kosovarischen Ministerpräsidenten Albin Kurti heran, um einen Aufschub für das Inkrafttreten der Einreiseregeln zu erwirken. Der kosovarische Regierungschef teilte schließlich in der Nacht zum Montag auf Twitter mit, dass die Maßnahme für 30 Tage ausgesetzt werde, sobald die Serben die Barrikaden im Nord-Kosovo beseitigen würden.

Die Nato-Mission KFOR hatte am Sonntagabend mitgeteilt, dass sie die Situation genau beobachte. Gemäß ihrem Mandat sei sie „bereit, einzugreifen, sollte die Stabilität gefährdet sein.“ Der seit 1999 im Kosovo stationierten Schutztruppe gehören knapp 4000 Soldaten an. Darunter sind auch mehrere Dutzend Angehörige der Bundeswehr.

Das heute fast ausschließlich von Albanern bewohnte Kosovo gehörte bis 1999 zu Serbien. Nach einem bewaffneten Aufstand der Kosovo-Albaner zwang die Nato den serbischen Staat mit Luftangriffen zum Rückzug. Von 1999 bis 2008 regierte die UN-Verwaltung Unmik die Provinz. Serbien erkennt die von den Kosovaren im Jahr 2008 ausgerufene Unabhängigkeit nicht an.

DWN
Unternehmensporträt
Unternehmensporträt Kunstmarkt: Familienangelegenheiten im Auktionshaus Lempertz - und was Unternehmer davon lernen können
09.05.2025

Lempertz in Köln ist das älteste Auktionshaus der Welt in Familienbesitz. Isabel Apiarius-Hanstein leitet es in sechster Generation. Erst...

DWN
Immobilien
Immobilien Soziale Brennpunkte: Armut, Migration und Überalterung – Wohnquartiere überfordert
09.05.2025

Armut, Migration, Wohnungsmangel, Überalterung und Einsamkeit: Immer mehr Wohnquartiere in Deutschland sind überfordert. Eine neue Studie...

DWN
Finanzen
Finanzen Commerzbank-Aktie auf Rekordkurs nach starkem Quartalsgewinn – und nun?
09.05.2025

Die Commerzbank-Aktie hat zum Start in den Börsenhandel am Freitag zugelegt – und im Handelsverlauf ein neues Jahreshoch erreicht. Das...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft EU schlägt zurück: Diese US-Produkte stehen nun im Visier von Brüssel
09.05.2025

Die Europäische Kommission hat eine umfassende Liste von US-Produkten veröffentlicht, auf die im Falle eines Scheiterns der Verhandlungen...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Daimler-Sparprogramm: Was plant Daimler Truck in Deutschland?
09.05.2025

Der Nutzfahrzeughersteller Daimler Truck strebt an, seine Wettbewerbsfähigkeit in Europa zu erhöhen und hat sich mit dem...

DWN
Panorama
Panorama Endlos-Hitze droht im Sommer: Wetterextreme betreffen jüngere Generationen erheblich stärker
09.05.2025

Endlos-Hitze droht im Sommer - diese Schlagzeile geistert an diesem Freitag durch die Medien. Klar ist, dass die Folgen der globalen...

DWN
Technologie
Technologie Datenfalle USA: Warum viele Unternehmen in Gefahr sind - ohne es zu merken
09.05.2025

Viele Unternehmen übertragen täglich Daten in die USA – und merken nicht, dass sie damit in eine rechtliche Falle tappen könnten. Das...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Chinas Exporte überraschen - Fokus auf die USA
09.05.2025

Trotz des anhaltenden Handelskonflikts mit den Vereinigten Staaten sind Chinas Exporte überraschend robust geblieben. Der Außenhandel mit...