Deutschland

Deutschlands Gas-Vorräte reichen weniger als drei Monate

Selbst wenn es Deutschland gelingen sollte, seine Reserven vollständig zu füllen, reicht das Gas nicht einmal drei Monate, falls Russland den Hahn zudreht.
Autor
17.08.2022 11:33
Aktualisiert: 17.08.2022 11:33
Lesezeit: 2 min
Deutschlands Gas-Vorräte reichen weniger als drei Monate
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck Ende Juli beim Besuch der VNG Gasspeicher GmbH. (Foto: dpa) Foto: Soeren Stache

Deutschland wird im kommenden Winter Schwierigkeiten mit der Erdgas-Versorgung haben, selbst wenn die Reserven entsprechend den Zielen der Bundesregierung wieder aufgefüllt werden. Es besteht weiterhin ein hohes Risiko einer Rationierung von Energie-Zuteilungen.

Eine Auffüllung der Gasvorräte auf 95 Prozent bis November würde nur etwa zweieinhalb Monate des Heizungs-, Industrie- und Strombedarfs abdecken, wenn Russland die Lieferungen vollständig einstellt, sagte Klaus Müller, Präsident der Bundesnetzagentur, am Dienstag in einem Interview.

Die deutschen Gasreserven sind bereits zu 77 Prozent gefüllt, diese Marke war eigentlich erst für in zwei Wochen geplant. Aber auch wenn die Auffüllung der Reserven in Vorbereitung auf den Winter offenbar schnell vorangeht, so ist Deutschland doch in hohem Maße von russischem Gas abhängig.

"Wir sind etwas schneller als früher, was das Auffüllen der Speicher angeht, aber das ist kein Zeichen dafür, dass wir uns entspannen können", wird Bundesnetzagentur-Chef Klaus Müller bei Bloomberg zitiert. "Es sollte vielmehr als Ansporn verstanden werden. Lasst uns weitermachen."

Russland hat die Lieferungen über die wichtige Nord-Stream-Pipeline drastisch gedrosselt hat und damit die schlimmste Energiekrise in Europa seit Jahrzehnten verschärft, die voraussichtlich bis ins nächste Jahr andauern wird. Die Bundesregierung ruft die Bürger zum Sparen auf und hat diese Woche eine Abgabe auf den Gasverbrauch eingeführt.

Durch diese staatliche Gasumlage kommen auf die Verbraucher in Deutschland ab Herbst deutliche Mehrkosten zu. Die Höhe der Umlage wird bei 2,4 Cent pro Kilowattstunde liegen. Hinzu kommt die Mehrwertsteuer, denn Brüssel hat die Bitte von Finanzminister Christian Lindner abgelehnt, die Umlage ohne Mehrwertsteuer einführen zu können.

Angesichts des Risikos eines ungewöhnlich kühlen Herbstes und der Möglichkeit weiterer Versorgungsunterbrechungen könnte das von der Bundesregierung vorgegebene Ziel, die Lagerstätten bis Oktober zu 85 Prozent zu füllen, eine Herausforderung darstellen, sagt Mueller.

Das November-Ziel von 95 Prozent scheine schwer zu erreichen, da einige Lagerstätten mehr Zeit zum Füllen benötigen. "Ich kann Ihnen nicht versprechen, dass alle Speicher in Deutschland im November zu 95 Prozent gefüllt sein werden, selbst bei guten Angebots- und Nachfragebedingungen", so Müller. "Im besten Fall werden drei Viertel von ihnen das Ziel erreichen".

Die russischen Gasströme durch Nord Stream sind derzeit nur zu etwa 20 Prozent ausgelastet, was die deutsche Regierung zu wiederholten Warnungen veranlasst hat, dass die Lieferungen jederzeit vollständig unterbrochen werden können, da Moskau Vergeltung für die Sanktionen wegen seines Krieges in der Ukraine übt.

Deutschland ergreift bereits Maßnahmen, um die Lieferengpässe zu lindern. So wurde in dieser Woche eine Vereinbarung über den Import von Flüssigerdgas über zwei neue Terminals getroffen. Allerdings hat Norwegen bereits gesagt, dass es seine Gaslieferungen nach Deutschland nicht ausweiten wird.

Laut BloombergNEF prüft die Bundesregierung derzeit auch die Idee, die noch in dem Land verbliebenen Kernreaktoren über ihr vorgeschriebenes Auslaufen in diesem Jahr hinaus am Netz zu halten, was den Gasverbrauch im kommenden Jahr um 3 Prozent senken könnte.

Die Bundesnetzagentur prüft auch, wie die Versorgung einiger Industrien, die als wesentlich für die Wirtschaft gelten, priorisiert werden kann. Die Regulierungsbehörde plant jedoch keine feste Reihenfolge, in der Unternehmen im Krisenfall von der Versorgung abgeschnitten werden.

"Wir wissen immer noch nicht, wie sich die Krise entwickeln wird. Wir können nicht mit Gewissheit sagen, dass einige Verbraucher vor anderen abgeschaltet werden könnten", sagte Mueller. "Wir sind transparent, aber ich weiß, dass das keine befriedigende Nachricht ist."

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Wie schützt man seine Krypto-Wallet? CLS Mining ermöglicht Nutzern eine stabile tägliche Rendite von 6.300 €.

Der Kryptowährungsmarkt erholte sich heute umfassend, die Stimmung verbesserte sich deutlich. Meme-Coins führten den Markt erneut an....

 

DWN
Politik
Politik Klimagipfel unter Druck: Deutschland fordert ambitioniertere Ziele
21.11.2025

Die Gespräche auf der Weltklimakonferenz befinden sich in einer entscheidenden Phase – doch aus Sicht des deutschen Umweltministers...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Mobilitätsstudie zeigt Wandel: Autos stehen öfter still – Fußverkehr gewinnt an Bedeutung
21.11.2025

Eine neue bundesweite Mobilitätsstudie legt offen, wie sich das Verkehrsverhalten der Menschen in Deutschland verändert. Zwar bleibt das...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Small Talk im Job: In 5 Schritten souverän werden
21.11.2025

Im Job entscheidet oft nicht nur Fachwissen, sondern auch wirkungsvolle Kommunikation. Besonders Small Talk kann Türen öffnen,...

DWN
Finanzen
Finanzen Bitcoin-Kurs im Fall: Marktverwerfungen schüren Angst vor Krypto-Crash – BTC-Kurs zeitweise unter 82.000 Dollar
21.11.2025

Der Bitcoin-Kurs stürzt im Freitagshandel erneut ab und sorgt unter Anlegern für wachsende Verunsicherung. Experten warnen vor einem...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Bovenschulte mahnt zum Handeln: Bundesratspräsident fordert mehr soziale Gerechtigkeit
21.11.2025

Mit deutlichen Worten hat der neue Bundesratspräsident Andreas Bovenschulte seinen Amtsantritt genutzt, um auf die wachsende soziale...

DWN
Finanzen
Finanzen Goldpreis aktuell: Märkte unter Druck – Sorgen um Zinsen und Angst vor Gold-Steuer
21.11.2025

Der Goldpreis steht zwischen starken US-Daten, geopolitischer Unsicherheit und neuen Risiken in Europa unter Druck. Zinssorgen und und eine...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Europas Rüstungsindustrie im Boom: Milliardeninvestitionen und strategische Unabhängigkeit
21.11.2025

Europa erlebt einen historischen Aufschwung ihrer Verteidigungsindustrie, der maßgeblich von geopolitischen Spannungen und wachsender...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Ifo warnt: Immer mehr deutsche Unternehmen sehen ihre Zukunft bedroht
21.11.2025

Die wirtschaftliche Lage vieler Firmen in Deutschland spitzt sich weiter zu. Laut einer aktuellen Befragung des Ifo-Instituts wächst der...