Gemischtes

Chemotherapie: Milliarden-Geschäft für die Pharmaindustrie

Lesezeit: 3 min
13.01.2014 00:54
Die Behandlung von Krebspatienten mit einer Chemotherapie ist ein Milliardengeschäft für die Pharmakonzerne.

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Die Chemotherapie wird seit vielen Jahren als einzig vielversprechende Therapie zur Bekämpfung von Krebs wahrgenommen. Das liegt jedoch nicht an ihrer Wirksamkeit, sondern vor allem an positiven Studienergebnissen. Oft geht es bei der Chemotherapie nicht um den Patienten. Vielmehr geht es um immense Gelder, die mit einer solchen Therapie verdient werden können.  Dabei könnte die Chemotherapie viel wirksamer sein, als sie es bisher ist.

Therapie muss individualisiert werden

„Chemotherapie ist genial“, so Astrid Kohl, Fachärztin für Innere Medizin in Berlin. Aber bei bestimmten Krebstumoren sei diese eben mit Vorsicht zu genießen. Von der reinen Leitlinientherapie ist Kohl nicht überzeugt, wichtig sei vielmehr ein individualisierter Therapieansatz. In der Krebstherapie sei dies beispielsweise mit so genannten Chemosensitivitätstests möglich. Dabei werden Tumorteile auf ihre Reaktion hinsichtlich der Chemotherapie untersucht – ist der Tumor resistent, würde eine Chemotherapie erst gar nicht ansprechen.

Doch diese Art der Untersuchung ist keine Kassenleistung. Es fehlen umfangreiche Studien hierfür. „Das liegt daran, dass alle Studien zur Chemotherapie von der Pharmaindustrie bezahlt werden“, sagte Astrid Kohl den Deutschen Wirtschafts Nachrichten. Die Chemotherapie wird von den Krankenkassen bezahlt und die Pharmaindustrie sponsort die Studien, damit sich die Chemotherapie verkauft. „Und warum soll die dann zu Sensitivitätstests Studien finanzieren.“ Denn, „wenn ich im Reagenzglas sehe, dass die Tumorpräparate  Resistenzen gegen eine Chemotherapie zeigen“, würde eine Chemotherapie an dieser Stelle erst einmal gar keinen Sinn machen. „Ich habe eine  Patientin, die ist komplett resistent, was soll ich dann mit der machen?“ In diesem Fall wäre eine Chemotherapie für die Frau Anfang 40 vielleicht sogar eher schädlich (hier).

Zwischen 1.000 und 1.200 Euro kostet es, acht Tumorpräparate bei einem solchen Sensitivitätstest zu testen. Nicht viel, wenn man bedenkt, dass eine Chemotherapie je nach Präparat zwischen 50.000 und 100.000 Euro pro Jahr kosten kann und ein solcher Test die Therapie noch optimieren oder deren Sinn bei einem bestimmten Patienten infrage stellen könnte. Zeigen sich Resistenzen könnte man Kohl zufolge schon frühzeitig überlegen, ob man eine Chemotherapie zum Beispiel mit anderen Therapien, wie der Immuntherapie (hier) oder Hyperthermie (Wärmebehandlung) unterstützt. „Bei dieser Art der Wärmetherapie verändert sich durch die Hitze noch einmal die Membran der Zellen.“ Das Eiweißprofil werde geändert und die Tumore könnten so mehr Chemotherapie aufnehmen.

Gute Medizin benötigt Zeit

Doch die Pharmaindustrie interessiert sich nicht für eine solche Optimierung im Einzelfall. Das Milliardengeschäft läuft auch ohne die Tests und auch eine nicht erfolgreiche Chemotherapie beschert den Pharmariesen satte Gewinne. Zwar kann der Patient immer am Ende noch entscheiden, ob er den Leitlinien seines Arztes ohne einen Sensitivitätstest folgt. „In der Regel aber wird der Onkologe schon Druck machen“, so Kohl zu den Deutschen Wirtschafts Nachrichten. Aber wenn „wir die Therapie individualisiert machen und mit komplementärmedizinischen Maßnahmen wie der Hyperthermie kombinieren, dann erlebt man doch manchmal Wunder“.

Individualisiert heißt jedoch auch, sich Zeit für den Patienten zu nehmen. Doch dies rentiert sich in der heutigen Medizin kaum mehr. „Die sprechende Medizin wird nicht bezahlt“, sagt Kohl den Deutschen Wirtschafts Nachrichten. Es werde ignoriert, dass gute Medizin Zeit brauche. Wenn ich für anderthalb Stunden Gespräch mit dem Patienten 100 Euro kriege, habe ich noch nicht mal die Fixkosten von Miete und zwei Mitarbeitern gedeckt.

Vorsicht vor Pflanzenpräparaten

Die fehlende Zeit zur individuellen Therapie zeigt sich auch im Verschreiben von zusätzlichen Präparaten bei der Chemotherapie. So gibt es viele Präparate aus dem Pflanzenbereich. Aber nur weil diese mutmaßlich biologischer Natur sind, geht von ihnen nicht per se eine positive Wirkung aus, warnt Kohl. Diese sollen zytostatisch wirken - das Wachstum der Zellen hemmen. Dies zeigt sich bei den unbekannten Auswirkungen dieser Kräuter auf die Leber. „Wenn ich einen Patienten habe, der eine Chemotherapie bekommen hat, hat dieser schon eine belastete Leber“, so Kohl. „Stellen Sie sich vor, ich gebe ihm jetzt noch eine Pflanze – da weiß doch keiner, was passiert. Die Pflanzen müssen doch auch über die Leber entgiftet werden.“

Krebs durch Umwelteinflüsse nimmt zu

Anders ist dies bei Lebensmitteln wie Kurkuma, denen eine positive bei der Bekämpfung von Krebs nachgesagt wird (hier). „Kurkuma ist ein Gewürz, dessen Gebrauch kann man durchaus erhöhen. Auch in der Ernährung hinsichtlich von Krebspatienten und gesunden Menschen besteht noch durchaus Handlungsbedarf!“, so Kohl. „Wir schätzen, dass ungefähr 70 Prozent aller Tumorerkrankungen ernährungsbedingt sind.“ Vor allem die vielen künstlichen Bestandteile in der Nahrung sind das Problem (mehr hier).

Bei den ganzen hormonell abhängigen Tumoren wie Prostata- und Brustkrebs „haben wir jeweils 50.000 Neuerkrankungen pro Jahr, das ist unglaublich“, sagte Kohl den Deutschen Wirtschafts Nachrichten. „Das sind die ganzen Umweltfaktoren und da spielt die Ernährung natürlich eine große Rolle.“ Aber auch Faktoren aus anderen Lebensbereichen spielen dabei eine Rolle. „Vor zwei Jahren war das in Kinderspielzeug aus China enthaltene  Bisphenol A  ganz groß in den Medien, weil es östrogenstimulierend war“, so Kohl. „Aber trotzdem bauen die Zahnärzte das heute noch jeden Tag als Kunststofflegierung in den Mund.“


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Yulin Delegation - Erfolgreich veranstaltetes Wirtschafts- und Handelsaustauschtreffen in Berlin

Am 25. April 2024 organisierte eine Delegation aus der chinesischen Stadt Yulin ein erfolgreiches Wirtschafts- und Handelsaustauschtreffen...

 

DWN
Finanzen
Finanzen Welche Anlagestrategie an der Börse passt zu mir?
28.04.2024

Wenn Sie sich im Dschungel der Anlageoptionen verirren, kann die Wahl der richtigen Strategie eine Herausforderung sein. Dieser Artikel...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Ressource Nummer 1 auf unserem blauen Planeten – das Geschäft um Trinkwasser
28.04.2024

Lange war es eine Selbstverständlichkeit, dass es genug Wasser gibt auf der Welt. Und bei uns ist das ja auch ganz einfach: Hahn aufdrehen...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Konfliktlösung ohne Gericht: Verbraucherschlichtung als Chance für Ihr Business
27.04.2024

Verabschieden Sie sich von langwierigen Gerichtsverfahren! Mit dem Verbraucherstreitbeilegungsgesetz (VSBG) senken Sie Ihre Kosten,...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Krieg in der Ukraine: So ist die Lage
27.04.2024

Wegen Waffenknappheit setzt der ukrainische Präsident, Wolodymyr Selenskyj, auf Ausbau der heimischen Rüstungsindustrie, um sein Land...

DWN
Finanzen
Finanzen Hohes Shiller-KGV: Sind die Aktienmärkte überbewertet?
27.04.2024

Bestimmte Welt-Aktienmärkte sind derzeit sehr teuer. Diese sind auch in Indizes wie dem MSCI World hoch gewichtet. Manche Experten sehen...

DWN
Finanzen
Finanzen EM 2024 Ticketpreise explodieren: Die Hintergründe
27.04.2024

Fußball-Enthusiasten haben Grund zur Freude: Es besteht immer noch die Chance, Tickets für die EM 2024 zu erwerben. Allerdings handelt es...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Deutschland als Unternehmensstandort: Zwischen Herausforderungen und Chancen
27.04.2024

Trotz seines Rufes als europäischer Wirtschaftsmotor kämpft Deutschland mit einer Vielzahl von Standortnachteilen. Der Staat muss...

DWN
Immobilien
Immobilien Deutschlands herrenlose Häuser: Eine Chance für den Markt?
27.04.2024

Herrenlose Immobilien - ein kurioses Phänomen in Deutschland. Es handelt sich hier um Gebäude oder Grundstücke, die keinen...