Finanzen

Draghi will weiter Geld in den Markt pumpen

EZB-Chef Mario Draghi sieht erhebliche Risiken in der Euro-Zone und will eine Deflation wie eine Inflation verhindern. Daher ist mit der nächsten Zinssenkung zu rechnen - denn im Moment ist die Deflation die größte Gefahr.
09.01.2014 17:43
Lesezeit: 2 min

EZB-Präsident Mario Draghi gibt sich zu Beginn des neuen Jahres kampfeslustig. Nach der ersten Zinsentscheidung 2014 unterstrich der Italiener mit überraschend markigen Worten die Bereitschaft der Europäischen Zentralbank (EZB) zu weiteren Schritten, sollte sich die Lage am Geldmarkt verschlechtern oder die Inflation niedriger ausfallen als für die Notenbanker akzeptabel. „Ich betone hier sehr deutlich, dass die Geldpolitik in hohem Maße konjunkturstimulierend bleiben wird“, sagte Draghi in Frankfurt und schickte den Euro damit auf Talfahrt. „Wir bleiben entschlossen, bei Bedarf weitere entscheidende Maßnahmen zu ergreifen.“

Der EZB-Rat hatte zuvor den Leitzins für die Währungsunion, die seit dem Beitritt Lettlands aus 18 Ländern besteht, auf dem Rekordtief von 0,25 Prozent belassen. Draghi betonte, dass trotz der langsamen Wirtschaftserholung noch zahlreiche Risiken vorhanden seien. Deshalb werde die EZB auf jeden Fall noch für längere Zeit die Zinsen nicht anheben und die Märkte mit billigem Geld versorgen. „Es gibt zwei Dinge, die uns dazu bringen würden, abermals zu handeln: eine Verknappung am Geldmarkt und wenn der Teuerungsdruck längerfristig schwächer wird.“ Der EZB-Rat habe bei seiner Sitzung bereits verschiedene Maßnahmen diskutiert, erläuterte Draghi. „Welches wir dann bei Bedarf einsetzen, hängt davon ab, welcher Fall eintritt.“

Die EZB hatte erst im November ihren Leitzins auf 0,25 Prozent gekappt, weil sie einen „Sicherheitspuffer“ schaffen wollte, damit die Wirtschaft der Euro-Zone nicht in eine Spirale aus fallenden Preisen und sinkenden Investitionen abgleitet. Im Dezember war der Anstieg der Verbraucherpreise in den Euro-Ländern mit 0,8 Prozent erneut zu gering für den Geschmack der Währungshüter. Sie sehen stabile Preise bei einer Teuerungsrate von knapp zwei Prozent gegeben.

„Ich möchte deutlich machen, dass wir ein Mandat haben, Preisstabilität zu sichern - und zwar in beide Richtungen“, sagte Draghi. Kritiker des billigen Geldes betonen immer wieder, dass die ultra-laxe Geldpolitik später zu umso stärkerer Inflation führen kann. Allerdings haben fallende Preise in Japan lange die Wirtschaft gehemmt. Unternehmen investieren dann weniger und Konsumenten schieben Käufe auf die lange Bank. Deswegen gilt auch eine Deflation (mehr hier) als sehr gefährlich.

Der EZB stehen neben dem Leitzins aber noch zahlreiche andere Instrumente zur Verfügung - etwa Strafzinsen für Banken oder neue milliardenschwere Geldspritzen für das Finanzsystem. Es könnte auch die sogenannte Mindestreserve abgesenkt werden. Das ist der Pflichtteil, den Geschäftsbanken von ihren Einlagen bei der Notenbank halten müssen. Draghi bekräftigte, er werde notfalls aus allen Rohren feuern: „Uns stehen alle Instrumente zur Verfügung, die der EU-Vertrag uns zubilligt.“ Viele Ökonomen rechnen damit, dass die EZB im weiteren Jahresverlauf den Banken nochmals frische Liquidität zur Verfügung stellen könnte, um den Geldmarkt, auf dem sich die Institute kurzfristig Geld leihen, flüssig zu halten.

Analysten schlossen nach der Pressekonferenz von Draghi eine weitere Zinssenkung und den Einsatz zusätzlicher geldpolitischer Geschütze nicht aus. „Wir gehen davon aus, dass die EZB in den nächsten drei Monaten die Leitzinsen noch einmal senkt und mit Blick auf die schwache Kreditentwicklung zusätzliche Liquiditätsmaßnahmen beschließt“, sagte Johannes Mayr von der BayernLB. Jan Holthusen von der DZ Bank erwartet dagegen, dass die EZB eher ihre Selbstbindung an ultra-niedrige Zinsen verschärfen wird. Dieses Versprechen wird im Fachjargon „Forward Guidance“ genannt. Die EZB könnte zum Beispiel einen konkreten Termin nennen, bis zu dem sie die Leitzinsen nicht wieder anheben werde, so Holthusen.

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