Finanzen

EZB verzettelt sich bei Banken-Stress im Mikro-Management

Beim bevorstehenden Banken-Stresstest will Mario Draghi eine Eigenkapitalquote der Banken von 6 Prozent durchsetzen. Einige Länder möchten als Bewertungsmaßstab fünf Prozent durchsetzen. Beim vergangenen Stresstest erwies sich das aber als zu wenig.
20.01.2014 00:09
Lesezeit: 2 min

Die EZB besteht im Vorfeld des Stresstests auf einer Banken-Eigenkapitalquote von 6 Prozent, um zu zeigen, dass das Kapital 6 Prozent des gesamten Vermögens in den Bilanzen nicht unterschreitet. Dies sagten zwei mit der Materie befasste Beamte.

Für Experten ist dies zu wenig (hier). Sie kritisieren, dass das Eigenkapital nicht der für die Gefährlichkeit entscheidende Faktor sei. Die EZB müsste die Banken zwingen, bei der Risiko-Gewichtung die Karten auf den Tisch zu legen. Aktuell operieren sie mit dem sogenannten Fair Value und nicht mit dem niedrigstmöglichen Verkaufspreis von Asstes, wie es zum Beispiel im HGB vorgeschrieben ist. Damit können die Banken ihre wahren Schwächen kaschieren, ihre Bilanzen nach Belieben frisieren und vor allem die Werte andauernd korrigieren - womit sie sich im Grund jedem ernstzunehmenden Stresstest entziehen.

Die Diskussion der EZB über die 6 Prozent sei Mikro-Management einer Krise, deren wirkliche Ursachen in anderen Bereichen - nämlich dem Risiko oder den verschiedenden Special Purpose Vehicles oder Schattenbanken liegen. Die EZB verzettle sich und laufe Gefahr, den nächsten Crash nicht rechtzeitig zu lokalisieren.

Auf die Gefahren bei der unzureichenden Bankenaufsicht hatte der kürzlich verstorbene Wirtschaftswissenschaftler Wilhelm Hankel immer wieder aufmerksam gemacht (hier bei einem sehr aufschlussreichen Vortrag in Tübringen, Video).

Eine Mehrheit der politischen Entscheidungsträger und technischen Beamten erreichten demnach einen Konsens über die Standards für die kommenden Banken-Stresstests der EZB. Die Sachverständigen erklärten demnach, dass Fragen hierzu „nicht identifiziert“ werden, da die Beratungen nicht öffentlich sind. Der Schwellenwert muss noch mit der Europäischen Bankenaufsicht (EBA) abgestimmt werden, die die Stresstests koordiniert.

Eine kleine Zahl von Ländern möchte offenbar einen niedrigeren Bewertungsmaßstab für die Eigenkapitalquote erreichen bzw. einen einfacheren Vergleichsindex von weniger als 6 Prozent – nämlich 5 Prozent – durchsetzen, berichtet Bloomberg. Ein Orientierungswert von 6 Prozent wäre härter als die möglicherweise noch in Rede stehenden 5 Prozent.

Im Jahr 2011 hatte die EBA bei einem Stresstest 5 Prozent als Maßstab hinsichtlich der Eigenkapitalquoten unterlegt, um Mängel bei der Kapitalausstattung der Banken aufzudecken, insbesondere im Kontext mit einem „wirtschaftlich negativen Szenario“, in dem sich vor allem Staaten in Südeuropa damals befanden – und immer noch befinden.

Beim vergangenen Stresstest erwies sich das allerdings als zu wenig. Denn im Verlauf des Jahres 2012 brachen etliche Banken in Spanien und Zypern zusammen. Die Staaten mussten daraufhin die Banken mit ESM-Krediten unterstützen.

Spanien erhielt zur Bankenrettung einen ESM-Kredit von 41,4 Milliarden Euro, Zypern 9 Milliarden Euro. Deutschland ist am ESM mit 27,1 Prozent als Gläubiger beteiligt.

EZB-Präsident Mario Draghi hatte kürzlich erklärt, er sei entschlossen, Investoren davon zu überzeugen, der Banken-Stresstest werde gründlich und glaubwürdig verlaufen. Der Stresstest soll die Bilanzen von 130 großen Banken im Euroraum überprüfen, von der französischen BNP Paribas SA (BNP) bis zur Bank of Valletta Plc in Malta.

„Auf den ersten Blick sieht das 6-Prozent-Ziel überschaubar und weniger ehrgeizig aus, als die Leute erwartet haben“, sagte Antonio Guglielmi, Leiter der Aktienanalysten der Mediobanca SpA (MB) in London. „Gemessen daran, dass Mario Draghi erklärte, der Belastungstest solle glaubwürdig ablaufen, könnte dies auch bedeuten, dass die Kriterien der negativen Szenarien strenger ausfallen, als dies beim letzten Stresstest der EBA der Fall war.“

Eine EZB-Sprecherin betonte, eine endgültige Entscheidung hinsichtlich der Eigenkapitalquoten sei noch nicht getroffen worden.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Finanzen
Finanzen 33 Milliarden Euro weniger Steuereinnahmen: Wirtschaftskrise kommt beim Bund an - Schätzungen sehen deutlichen Rückgang
15.05.2025

Der schwarz-roten Regierung stehen bis 2029 für die Umsetzung ihrer Koalitionsversprechen 33,3 Milliarden Euro weniger zur Verfügung....

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Nach Trump-Zöllen: Weltweit schwindet bei Investoren die Angst vor einer Rezession
15.05.2025

Investoren weltweit atmen auf: Die Angst vor einer Rezession schwindet rapide – dank einer Entspannung im Handelsstreit zwischen den USA...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Lieferketten am Limit: Handelskrieg bringt globale Versorgung ins Wanken
15.05.2025

Die globale Lieferketten geraten durch den Handelskrieg zwischen den USA und China massiv unter Druck. Trotz Zollpause bleiben...

DWN
Politik
Politik Friedensverhandlungen ohne Putin und Trump: Lawrow lästert über Selenskyj und schimpft auf Berlin
15.05.2025

Friedensverhandlungen in Istanbul: Der russische Außenminister Lawrow fordert, den Gesprächen eine Chance zu geben – und zieht...

DWN
Finanzen
Finanzen Massive Erhöhung der Verteidigungsausgaben: Deutschland für höhere Militärausgaben trotz Wirtschaftskrise
15.05.2025

Verteidigungsminister Wadephul stellt sich hinter die Forderung des US-Präsidenten Trump für höhere Verteidigungsausgaben der...

DWN
Politik
Politik Rüstungsskandal bei der Nato: Verdacht auf Bestechung und Geldwäsche – Behörden ermitteln gegen Nato-Mitarbeiter
15.05.2025

Über die Nato-Beschaffungsagentur NSPA werden Waffensysteme und Munition im Milliardenwert eingekauft. Nun gibt es den Verdacht, auf...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Externe IT-Dienstleister: So teuer ist das Auslagern wirklich
15.05.2025

In ganz Europa setzen Organisationen auf externe IT-Dienstleister – und geraten dabei zunehmend in eine Falle: Der Einkauf orientiert...

DWN
Politik
Politik Frühere AfD-Chefin: Frauke Petry kündigt Gründung neuer Partei an - Alternative für die FDP?
15.05.2025

Die frühere Vorsitzende der AfD will vom kommenden Jahr an mit einer neuen Partei bei Wahlen antreten. Ziel der Partei soll sein, dass...