ThyssenKrupp-Chef Heinrich Hiesinger will sich auch nach einem weiteren Milliardenverlust des Konzerns nicht zu übereilten Entscheidungen hinreißen lassen.
Doch einen Schritt gab der Konzern am Freitag bekannt: Nach einer Serie von Korruptionsvorwürfen und Kartellverstößen berief der Aufsichtsrat den früheren Metro-Manager Donatus Kaufmann zum Vorstand für gute Unternehmensführung.
An der Börse waren die ThyssenKrupp-Aktien gefragt: Am Vormittag kletterten die Papiere um knapp vier Prozent auf 19,42 Euro und waren damit größter Dax-Gewinner.
Hiesinger bekräftigte die Prognose für das laufende Geschäftsjahr und kündigte an, die Schulden weiter zu senken. ThyssenKrupp drückten Ende September Schulden von fünf Milliarden Euro. Etwas Erleichterung brachte danach eine Kapitalerhöhung. Im Geschäftsjahr 2012/13 (per Ende September) fuhr der Konzern einen Verlust von 1,5 Milliarden Euro ein. Dieser habe sich damit zwar verringert, sei aber „für uns alle absolut unbefriedigend“, räumte Hiesinger ein.
Im laufenden Jahr steuert ThyssenKrupp nach eigenen Angaben deutlich „in Richtung eines ausgeglichenen Ergebnisses“ Wann das Unternehmen wieder schwarze Zahlen schreibt, ist aber offen. Hiesinger hat noch einen Vertrag bis September 2015. Er hat eine Reihe von Problemen vom früheren Management geerbt und versucht, den Konzern stärker auf das Technologiegeschäft mit Anlagen, Aufzügen und U-Booten und weniger auf das konjunkturanfällige Stahlgeschäft auszurichten. „In allen Geschäftsbereichen, mit Ausnahme von Steel Americas, haben wir im vergangenen Jahr ein positives operatives Ergebnis erzielt.“
Der Umbau geht einigen Aktionären nicht schnell genug. Die Anleger erhalten das zweite Mal in Folge keine Dividende. Finanzinvestoren wie Cevian aus Schweden dürften nun aufs Tempo drücken. Cevian hält knapp elf Prozent an ThyssenKrupp und gilt als aktivistischer Investor, der auch bei der Strategie mitmischen will. Es gilt als wahrscheinlich, dass der Investor auch in den Aufsichtsrat drängen wird. Auf der Rednerliste für die Hauptversammlung standen die Schweden nicht. Wer gehofft hatte, mehr von ihren Plänen zu erfahren, wurde enttäuscht.
Hiesinger verteidigte den Entschluss, mit der Anlage in den USA zunächst nur eines der beiden verlustreichen Stahlwerke in Übersee zu verkaufen. „Knackpunkt bei den Verhandlungen war nicht der Verkaufspreis.“ Vielmehr seien die umfassenden Lieferverträge das Haupthindernis gewesen. Nach einer Reihe von Problemen waren die Kosten für die Werke auf fast 13 Milliarden Euro explodiert. ThyssenKrupp will sich auf Dauer auch weiter von dem Werk in Brasilien trennen. Dies sei für die Schwierigkeiten aber nicht alleine verantwortlich. Die Verluste von Steel Americas hätten sich zuletzt nahezu hälftig zwischen Brasilien und den USA aufgeteilt (mehr hier).
„Natürlich hätten wir uns gewünscht, die Themen Edelstahl und Steel Americas in einem einzigen Schritt abschließend zu regeln“, sagte Hiesinger. Der Manager hatte bei dem Verkauf des Edelstahlgeschäfts einen Rückschlag hinnehmen müssen. Nachdem der finnische Käufer Outokumpu in Schwierigkeiten geraten war, muss ThyssenKrupp die verlustreiche Tochter Terni und den Spezialanbieter VDM zurücknehmen. Dadurch drohen weitere Kosten. „Es bleibt bei der strategischen Entscheidung zum Ausstieg aus dem Edelstahlgeschäft, auch wenn wir dafür jetzt einen Umweg gehen müssen“, kündigte Hiesinger an.