Deutschland

Banken kennen künftig die Religion ihrer Kunden

Die Behörden informieren künftig die Banken über die Religions-Zugehörigkeit aller Deutschen. Denn die Banken sollen ab 2015 die Kirchensteuer direkt an den Fiskus überweisen. So wollen die Bistümer ihre Einnahmen steigern.
26.01.2014 00:17
Lesezeit: 1 min

Die Banken informieren derzeit ihre Kunden darüber, dass sie die Kirchensteuer ab 2015 direkt an den Fiskus abführen werden. Betroffen sind alle Sparer, deren Einkünfte aus Zinsen, Dividenden und anderen Kapitaleinkünfte den Freibetrag überschreiten. Um die Kirchensteuer korrekt abziehen zu können, fragen die Banken nun beim Bundeszentralamt für Steuern die Religionszugehörigkeit ihrer Kunden ab.

„Wenn Sie kirchensteuerpflichtig sind, führen wir den Kirchensteueranteil Ihrer Abgeltungsteuer (ab 2015) automatisch für Sie an das Finanzamt ab. So sieht es das Steuerrecht vor“, so eine Mitteilung der ING DiBa. Diese ist mit mehr als 8 Millionen Kunden die drittgrößte deutsche Privatbank. Die Kunden müssten sich „um nichts mehr kümmern“.

Mit der Neuerung im Steuerrecht erfahren die Banken die Religionszugehörigkeit aller ihrer Kunden. Die bisherige Regelung sah vor, dass die Kirchensteuer nur auf ausdrücklichen Wunsch des Sparers direkt von der Bank einbehalten wurde. Die meisten Deutschen taten dies nicht. Sie kümmerten sich im Rahmen ihrer Steuererklärung „selbst um die korrekte Besteuerung“, zitiert Die Welt einen Sprecher der ING DiBa.

Die Neuregelung soll den Bistümern höhere Einnahmen verschaffen. Manche von ihnen finanzieren sich zu 85 Prozent aus der Kirchensteuer. Insgesamt lag das Kirchensteuer-Aufkommen im Jahr 2012 bei 9,8 Milliarden Euro, so das Statistische Bundesamt. Auf die evangelische Kirche entfielen 4,6 Milliarden, auf die katholische 5,2 Milliarden.

Die Einnahmen der Kirchen aus der Lohn- und Einkommensteuer, die den Großteil der Kirchensteuer ausmachen, werden von den Bundesländern sofort an die Kirchen weitergeleitet. Dafür erhalten die Länder eine Aufwandsentschädigung.

Auf Kapitaleinkünfte fallen 25 Prozent Kapitalertrags-Steuer, der Solidaritätszuschlag von 1,375 Prozent und Kirchensteuer an. Die Kirchensteuer aus historischen Gründen Ländersache ist, gibt es innerhalb der Bundesrepublik verschiedene Prozentsätze: In Bayern und Baden-Württemberg beläuft sich die Kirchensteuer auf 8 Prozent von der Kapitalertrags-Steuer, in den übrigen Bundesländern auf 9 Prozent.

Zwar ist die Kirchensteuer als Sonderausgabe vom Gesamtbetrag der Einkünfte abzugsfähig und vermindert folglich das zu versteuernde Einkommen. Dennoch erhöht sie die effektive steuerliche Belastung von Kapitalerträgen auf 27,8 Prozent in Bayern und Baden-Württemberg und 27,9 Prozent in den restlichen Bundesländern.

Der kommende verpflichtende Datenaustausch zwischen Behörden und Banken hat im Internet zu Protesten geführt. Doch nach Einschätzung von Verbraucherschützern haben Steuerpflichtige wenig Handhabe gegen die Weitergabe ihrer Daten. Denn diese ist in Paragraf 51a des Einkommensteuergesetzes klar geregelt.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Gold als globale Reservewährung auf dem Vormarsch

Strategische Relevanz nimmt zu und Zentralbanken priorisieren Gold. Der Goldpreis hat in den vergangenen Monaten neue Höchststände...

DWN
Politik
Politik Warum sprechen diese Woche alle über Trumps „Big Beautiful Bill“?
01.07.2025

Es ist Trumps größtes Prestigeprojekt. Doch welche Vor- und Nachteile hat das Gesetzespaket, das am Freitag unterschriftsreif auf dem...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Kernenergie-Aktien explodieren um 542 Prozent: Anleger warnen vor Blasenbildung
01.07.2025

Kernenergie-Aktien feiern ein spektakuläres Comeback – befeuert durch den steigenden Strombedarf für Rechenzentren. Die Branche erlebt...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Svenska Digitaltolk: Dolmetscher-Gigant kauft KI-Unternehmen – Millionenumsatz prognostiziert
01.07.2025

Schwedens Dolmetscher-Gigant will Europas Übersetzungsmarkt aufrollen – mit KI, Millionenplänen und dem Griff nach Deutschland. Doch...

DWN
Politik
Politik Grenze zu – zumindest teilweise: Polen kontrolliert ab Montag
01.07.2025

Polen wird ab kommendem Montag vorübergehend wieder Grenzkontrollen an der Grenze zu Deutschland einführen. Das kündigte...

DWN
Politik
Politik Krankenkassen schlagen Alarm: Zusatzbeiträge könnten deutlich steigen
01.07.2025

Die gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV) warnen vor Druck zu neuen Beitragserhöhungen ohne eine rasche Bremse für steigende Kosten....

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Thyssenkrupp-Umbau betrifft Tausende – Betriebsräte fordern Klarheit
01.07.2025

Angesichts weitreichender Umbaupläne bei Thyssenkrupp fordern die Beschäftigten klare Zusagen zur Zukunftssicherung. Betriebsräte pochen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Neues Werk für NATO-Kampfjet: Rheinmetall startet Produktion in NRW
01.07.2025

Der Rüstungskonzern Rheinmetall hat in Weeze (Nordrhein-Westfalen) eine hochmoderne Fertigungsanlage für Bauteile des Tarnkappenbombers...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Investitionsstau: Kaputte Straßen, marode Schulen – Kommunen am Limit
01.07.2025

Viele Städte und Gemeinden stehen finanziell mit dem Rücken zur Wand: Allein die Instandhaltung von Straßen, Schulen und...