Deutschland

Peter Gauweiler: „Immunität der ESM-Lenker ist ein Skandal“

ESM-Kläger Peter Gauweiler sieht in der Immunität der ESM-Organe einen Skandal: Sie sei ein vordemokratisches Privileg. Dank ihr könnten die ESM-Lenker ohne jede Sanktion Milliardenbeträge veruntreuen. Es gibt keinen Anspruch auf Schadenersatz. Karlsruhe hat sich mehr derart gravierenden Mängeln nicht befasst.
18.03.2014 16:56
Lesezeit: 1 min

Die Verfassungsklagen gegen die Beteiligung Deutschlands am Euro-Rettungsschirm ESM sind gescheitert. Das Bundesverfassungsgericht wies die mit rund 37.000 Beschwerdeführern größten Klagen seiner Geschichte am Dienstag ab (mehr hier). Zu den Beschwerdeführern gehörte neben dem CSU-Politiker Peter Gauweiler und mehreren Rechtsprofessoren auch der Verein „Mehr Demokratie“ um Ex-Justizministerin Herta Däubler-Gmelin. Den Verfassungsklagen hatten sich Tausende Bürger angeschlossen. Peter Gauweiler sagt zu dem Urteil:

„Wir bedauern, dass der Senat einer inhaltlichen Befassung der von uns beanstandeten Immunitätsregelung und der Target-Kredite aus verfahrensrechtlichen Gründen (Zulässigkeit) ausgewichen ist. Die lebenslange Immunität der Gouverneursrats- und Direktoriumsmitglieder ist ein Skandal. Aufgrund dieser vordemokratischen Privilegien können die ESM-Lenker ohne jede Sanktion Milliardenbeträge veruntreuen und können nicht einmal für Schadensersatz in Anspruch genommen werden. Die unbegrenzten Überziehungskredite im Rahmen des Target-Systems, die die Problemstaaten in Anspruch nehmen können, führen dazu, dass wir zum Gefangenen des Eurosystems werden. Wenn sich Hunderte von Milliarden Forderungen in der Bundesbankbilanz anhäufen, die im Falle der Insolvenz eines Problemstaates und seines Ausscheidens aus der Eurozone großenteils uneinbringlich sind, kann der Bundestag über die Gewährung von Finanzhilfen nicht mehr frei entscheiden (…)

Bereits in seiner Eilentscheidung vom 12. September 2012 auf unseren Antrag auf einstweilige Anordnung hatte das Bundesverfassungsgericht eine sofortige Nachbesserung des Vertrages durchgesetzt. Durch völkerrechtliche Erklärungen musste die Bundesregierung sicherstellen, dass der Vertrag in zwei wichtigen Punkten nur so ausgelegt und anwendet werden darf, wie das Bundesverfassungsgericht ihn einschränkend interpretiert hat: Die maximale Haftungssumme Deutschlands wurde auf 190 Mrd. Euro begrenzt (nach einer anderen Auslegungsmöglichkeit hätte es ein Mehrfaches sein können). Und Artikel 34, 32 und 35 des ESM-Vertrages (Schweigepflicht der Mitglieder der ESM-Organe und Unverletzlichkeit der Unterlagen des ESM) müssen so ausgelegt werden, dass die Information der nationalen Parlamente durch ihre Regierungsvertreter dadurch nicht ausgeschlossen wird.“

Mit dem Urteil vom Dienstag sind noch nicht alle den ESM betreffenden Rechtsfragen entschieden. Eine von Gauweiler eingereichte Organklage ist vom Bundesverfassungsgericht aus dem nun beendeten Verfahren herausgelöst worden. Über sie wird zu einem späteren Zeitpunkt entschieden. In diesem Verfahren beklagt Gauweiler, dass die Bundesregierung ihm wichtige Informationen über die Entstehung des ESM-Vertrages vorenthalten habe und weiterhin vorenthalte. So verletze sie seine Rechte als Bundestagsabgeordneter.

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