Finanzen

Energiekrise drückt den Euro auf tiefsten Stand seit 20 Jahren

Der Absturz des Euro auf den tiefsten Stand seit 20 Jahren ist auch eine Folge des Konflikts mit Russland. Können EU-Kommission oder EZB diese Woche gegensteuern?
Autor
06.09.2022 12:22
Aktualisiert: 06.09.2022 12:22
Lesezeit: 2 min

Der Euro ist am Montag auf ein 20-Jahres-Tief gefallen. Am Freitag zuvor hatte Russland die wichtige Gaspipeline Nord Stream 1 geschlossen und damit die Energiekrise in Europa verschärft, welche die Wirtschaft der Region schwer belastet.

Der fiel am Montag vorübergehend bis auf 0,988 Dollar. Dies war der niedrigste Stand seit 2002. Später verringerten sich die Verluste. Am Dienstag handelt er wieder über der Marke von 0,99 Dollar.

Auch Europas Aktienmärkte gaben am Montag nach. Der Stoxx 600-Index schloss 0,6 Prozent niedriger, der Dax verlor 2,2 Prozent und der französische Cac 40 gab 1,2 Prozent ab. Der Londoner FTSE 100 hingegen beendete den Tag 0,1 Prozent höher.

An den Energiemärkten stiegen die niederländischen TTF-Gasfutures, der europäische Referenzkontrakt, um mehr als ein Drittel auf bis zu 284 Euro pro Megawattstunde. Damit näherte sich der Gaspreis wieder den Allzeithochs über 340 Euro von vor knapp zwei Wochen. Im weiteren Verlauf des Tages fiel der Kontrakt aber wieder auf 246 Euro.

Die Besorgnis im Hinblick auf russische Gaslieferung bleibt hoch. Der Sprecher von Präsident Wladimir Putin, Dmitri Peskow, erklärte am Montag, dass die russischen Gaslieferungen nach Europa erst dann wieder in vollem Umfang aufgenommen würden, wenn der Westen seine Sanktionen gegen Moskau aufhebe.

"Die Probleme beim Pumpen von Gas sind durch die Sanktionen entstanden, die der Westen gegen unser Land und einige Unternehmen verhängt hat", sagte Peskow laut Interfax. "Es gibt keine anderen Gründe, die dieses Pumpproblem verursacht haben könnten."

Gazprom, Russlands staatlicher Gasmonopolist, hatte am Freitag angekündigt, die Gaslieferungen durch Nord Stream 1 wegen eines technischen Defekts einzustellen, den er auf Schwierigkeiten bei der Reparatur von in Deutschland hergestellten Turbinen in Kanada zurückführte.

"Dies war lange ein von den Märkten gefürchtetes Szenario und wurde mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit eingepreist, aber nun scheint es Realität zu werden", zitiert die Financial Times die Analysten von RBC Capital Markets in London.

Schweden und Finnland haben am Wochenende staatliche Hilfen für Versorgungsunternehmen bereitgestellt, die mit stark gestiegenen Sicherheitenanforderungen an den Börsen zu kämpfen haben, und davor gewarnt, dass die Energiemärkte zusammenbrechen und möglicherweise das gesamte Finanzsystem bedrohen könnten.

Die Analysten der Citi erklärten am Montag, dass die Preise im vierten Quartal dieses Jahres wahrscheinlich durchschnittlich über 220 Euro pro Megawattstunde liegen. Ein kalter Winter und weitere russische Lieferkürzungen könnten die Preise sogar auf 420 Euro pro Megawattstunde ansteigen lassen. Das entspräche einem Ölpreis von mehr als 700 Dollar pro Barrel.

Der britische Energiesektor hat davor gewarnt, dass die Stromerzeuger möglicherweise auch staatliche Unterstützung benötigen. Und Teresa Ribera, Spaniens Energie- und Umweltministerin, sagte in einem Interview mit der Zeitung Expansión, dass Putin "das Vertrauen in die EU-Institutionen untergräbt". Die Europäische Union müsse dringend handeln.

Die EU-Energieminister werden am Freitag zu einer Dringlichkeitssitzung zusammenkommen, um Maßnahmen zur Eindämmung der steigenden Erdgaspreise zu erörtern. Hohe Gaspreise treiben die Inflation, und trüben zugleich die Aussichten für das Wirtschaftswachstum.

Auch die Führung der Europäischen Zentralbank wird noch in dieser Woche zusammentreffen. Mehrere große Investmentbanken, darunter JPMorgan, Bank of America und Goldman Sachs, erwarteten, dass die Zentralbank im Kampf gegen die Rekordinflation die Zinssätze um 0,75 Prozentpunkte anheben wird. Dies wäre die größte Erhöhung seit 1999.

Jede Anlage am Kapitalmarkt ist mit Chancen und Risiken behaftet. Der Wert der genannten Aktien, ETFs oder Investmentfonds unterliegt auf dem Markt Schwankungen. Der Kurs der Anlagen kann steigen oder fallen. Im äußersten Fall kann es zu einem vollständigen Verlust des angelegten Betrages kommen. Mehr Informationen finden Sie in den jeweiligen Unterlagen und insbesondere in den Prospekten der Kapitalverwaltungsgesellschaften.

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Deutschland am Wendepunkt: Wie die wirtschaftliche Neuordnung gelingt
28.12.2025

Deutschland steht vor einer tiefgreifenden wirtschaftlichen Neuordnung, in der Investitionen und geopolitische Risiken zugleich bewältigt...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Teamführung 2026: Was Führungskräfte jetzt wirklich brauchen
28.12.2025

Viele Führungskräfte starten 2026 mit neuen Vorsätzen – doch der Alltag frisst schnell jede Veränderung. Welche Self- und...

DWN
Immobilien
Immobilien Über den Wolken: Sky City 1000 – eine Zukunftsvision gegen Wohnraummangel
28.12.2025

Die japanische Hauptstadt Tokio wächst – schneller als die Stadt es verkraftet. Allein 2024 kamen zehntausende Menschen hinzu, im...

DWN
Technologie
Technologie Batteriespeicher: Warum RWE den Takt für Europas Netze vorgibt
28.12.2025

Ein deutscher Energiekonzern baut in Wales den größten Batteriespeicher Großbritanniens und verschiebt damit die Kräfteverhältnisse in...

DWN
Panorama
Panorama DWN-Wochenrückblick KW 52: Die wichtigsten Analysen der Woche
28.12.2025

Im DWN Wochenrückblick KW 52 fassen wir die zentralen wirtschaftlichen und politischen Entwicklungen der vergangenen Woche zusammen....

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Jahreswagen, Vorführwagen, Tageszulassung: So sparen Sie beim Autokauf
28.12.2025

Wer beim Auto kaufen sparen will, muss nicht zwingend zum alten Gebrauchten greifen. Jahreswagen, Vorführwagen und Tageszulassung wirken...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Föderale Modernisierungsagenda: 200-Punkte-Programm für Bürokratieabbau – ist das der große Wurf?
28.12.2025

Bund und Länder haben ein Paket beschlossen, das den Staat schlanker und schneller machen soll. Über 200 Maßnahmen zielen auf Bürger,...

DWN
Politik
Politik Steuern, Deutschlandticket, Musterung – die Änderungen 2026 im Überblick
27.12.2025

2026 bringt spürbare Änderungen bei Lohn, Rente, Steuern und Alltag. Manche Neuerungen entlasten, andere verteuern Mobilität oder...