Finanzen

EZB verkündet größte Zinserhöhung seit Einführung des Euro

Lesezeit: 2 min
08.09.2022 14:27  Aktualisiert: 08.09.2022 14:27
Die EZB hat den sogenannten Hauptrefinanzierungssatz um 0,75 Prozentpunkte erhöht. Die Notenbank reagiert damit auf die hohe Inflation in der Eurozone.

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Die Europäische Zentralbank (EZB) stemmt sich mit der stärksten Zinserhöhung seit Einführung des Euro-Bargelds gegen die ausufernde Inflation im Euro-Raum. Die Währungshüter um EZB-Chefin Christine Lagarde beschlossen am Donnerstag, den sogenannten Hauptrefinanzierungssatz um 0,75 Prozentpunkte auf nunmehr 1,25 Prozent anzuheben.

Der Einlagensatz wurde ebenfalls um 0,75 Prozentpunkte auf künftig 0,75 Prozent erhöht. Dies ist bereits der zweite Straffungsschritt in Folge. Im Juli hatte die EZB die Zinswende eingeleitet und die Schlüsselsätze erstmals seit 2011 nach oben gesetzt.

Hinter dem für die EZB bisher beispiellosen Jumbo-Schritt steht die ausufernde Inflation im Euro-Raum. Die vor allem durch den Energiepreisschub infolge des Ukraine-Kriegs angefachte Teuerung erfasst immer weitere Bereiche der Wirtschaft. Im August war die Inflation in der Euro-Zone auf ein neues Rekordniveau von 9,1 Prozent geklettert. Und ein Nachlassen ist nicht in Sicht.

Das Inflationsniveau ist damit mittlerweile mehr als viermal so hoch wie das Ziel der Währungshüter. Die EZB erachtet zwei Prozent Teuerung als optimal für die Wirtschaft an. Sie ist daher zuletzt immer stärker unter Zugzwang geraten, energisch gegen den Preisschub einzuschreiten.

"Es ist gut, dass sich die EZB zu einem großen Zinsschritt um 75 Basispunkte durchgerungen hat," kommentierte Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer die Beschlüsse. Jetzt komme es darauf an, dass die EZB ihre Leitzinsen in den kommenden Monaten trotz steigender Rezessionsrisiken auch tatsächlich weiter kräftig anhebe.

Mit der Anhebung der Leitzinsen um 75 Basispunkte sende die EZB ein Signal der Entschlossenheit im Kampf gegen die Inflation, sagte Michael Heise, Chefökonom von HQ Trust. "Es ist für die Wirtschaft besser, wenn die EZB die Zinsen schnell anhebt, anstatt das Bremsmanöver und die Unsicherheit über lange Zeit zu strecken."

EZB stellt weitere Zinsanhebung in Aussicht

Die Inflation sei nach wie vor deutlich zu hoch und werde voraussichtlich für längere Zeit über dem EZB-Ziel liegen, erklärte die Notenbank. Der große Zinsschritt werde dafür sorgen, dass die Zinsen auf ein Niveau steigen, das eine zeitnahe Rückkehr der Inflation zur Zielmarke ermögliche.

"Der EZB-Rat geht auf Grundlage seiner aktuellen Einschätzung davon aus, dass er die Zinsen in den nächsten Sitzungen weiter erhöht", erklärten die Währungshüter. Damit solle die Nachfrage gedämpft und der Gefahr eines andauernden Anstiegs der Inflationserwartungen vorgebeugt werden. "Die Leitzinsbeschlüsse des EZB-Rats werden auch in Zukunft von der Datenlage abhängen und werden von Sitzung zu Sitzung festgelegt", erklärte die EZB.

Die Notenbank hob ihre Inflationsprognosen angesichts des anhaltenden Preisschubs bei Energie, Lebensmitteln und anderen Gütern erneut an. Ihre Volkswirte erwarten für das laufende Jahr nun eine durchschnittlichen Teuerungsrate in der Euro-Zone von 8,1 Prozent. Noch im Juni lautete die Prognose auf 6,8 Prozent. 2023 werde die Inflation dann voraussichtlich bei 5,5 (Juni-Prognose: 3,5) Prozent liegen.

Die EZB teilte zudem mit, sie werde die zweistufigen Staffelzinsen beim Einlagensatz abschaffen. Da der Satz inzwischen über Null liege, sei dieses Verzinsungssystem nicht mehr erforderlich. Die EZB hatte bereits im Juli die Negativzinsen abgeschafft. Seitdem müssen Banken keine Strafzinsen mehr zahlen, wenn sie bei der Notenbank überschüssige Gelder anlegen.


Mehr zum Thema:  

DWN
Politik
Politik Der DWN-Kommentar: Scholz gegen Lindner – ein Symbol des Scheiterns der Regierung und des Kanzlers
07.11.2024

Die Ampel ist Geschichte. Ein Scheitern, das die Probleme dieser Konstellation nochmal verdeutlicht.

DWN
Politik
Politik Entmilitarisierte Zone entlang der Front? Erste Pläne zur Umsetzung von Trumps Wahlkampf-Versprechen
07.11.2024

Donald Trump hat die Wahl mit einer klaren Mehrheit gewonnen. Nun beginnen Vorbereitungen für die Machtübernahme. Die Demokraten hingegen...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Ampel-Aus: Wirtschaft fordert Steuersenkungen und das Lockern der Schuldenbremse
07.11.2024

Stabilität, Verlässlichkeit, Vertrauen – all dies bot die Ampel-Regierung in den vergangenen Wochen nicht. Stattdessen gab es Zoff und...

DWN
Politik
Politik Nato-Generalsekretär Mark Rutte erwartet neue Geld-Debatte mit Donald Trump
07.11.2024

Der Streit um Verteidigungsausgaben brachte die Nato in der ersten Amtszeit von Trump zeitweise an den Rand des Abgrunds. Wird es nun noch...

DWN
Politik
Politik Kollateralschaden? Gesundheitsminister Lauterbach sorgt sich um seine Krankenhausreform
07.11.2024

Die Ampel-Koalition ist am Ende. Was wird nun aus noch laufenden Vorhaben? Der Gesundheitsminister will eine Großoperation trotz allem ins...

DWN
Politik
Politik Exportnation Deutschland im Tief: Das Land ist schlicht "nicht wettbewerbsfähig"
07.11.2024

Drohende US-Zölle und eine Bundesregierung auf Abruf: Schwere Zeiten für die deutsche Wirtschaft. Die jüngsten Konjunkturdaten machen...

DWN
Politik
Politik Ampel-Aus: Was dann? Wie geht's jetzt weiter?
07.11.2024

Wann finden die Neuwahlen statt? Das ist die drängende Frage, die Deutschland beschäftigt. Gestern kam es mit einem Paukenschlag zum...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Förderbank des Bundes: KfW vergibt weniger Fördermilliarden und macht mehr Gewinn
07.11.2024

Das Geschäft der Förderbank normalisiert sich nach mehreren Krisenjahren zusehends. Dennoch verdient die KfW Bankengruppe gut.