Die russische Regierung hat angeblich mit Wohlwollen auf Pläne reagiert, künftig in großem Umfang Währungen befreundeter Staaten aufzukaufen und im Gegenzug die Währungen der G7-Staaten schrittweise aus den eigenen Devisenreserven zu entfernen.
Die Gouverneurin der Notenbank, Elwira Niabullina, sowie weitere hochrangige Beamte sollen an dem Treffen am 30. August teilgenommen haben, berichtet Bloomberg. Die Nachrichtenagentur hat eigenen Angaben zufolge eine Kopie eines bei dem Treffen diskutierten Dokumentes eingesehen.
Namentlich nicht genannte Personen hätten zudem berichtet, dass Russland im Rahmen der Pläne im laufenden Jahr für umgerechnet 70 Milliarden US-Dollar (4,4 Billionen Rubel) Währungen von „freundlich gesinnten“ Ländern kaufen könnte. Der größte Teil der Käufe solle dabei auf den chinesischen Renminbi (Yuan) entfallen.
Später könnten die Renminbi-Vorräte dann wieder verkauft werden, um beispielsweise Investitionen zu finanzieren. Die Regierung rechnet langfristig also mit einer deutlichen Aufwertung des Yuan zum Rubel.
Aufwertung soll gestoppt werden
Zu den im Dokument verankerten Zielen soll auch gehören, die starke Aufwertung des russischen Rubels zu stoppen. Dessen Wechselkurs hatte in den vergangenen Wochen gegenüber Euro und Dollar deutlich aufgewertet, nachdem er kurz nach Beginn des russischen Krieges gegen die Ukraine massiv an Wert verloren hatte. Grund für die Erholung ist der Umstand, dass die drastische Verteuerung von Erdgas, Kohle und Erdöl – ausgelöst maßgeblich durch die Sanktionen – zusätzliche Milliarden in die Staatskasse spülen.
„Die Käufe (ausländischer Währungen – die Red.) werden Russland helfen, die außergewöhnliche Wechselkursstärke zu begrenzen, welche Exporteure belastet (…). Für neutrale Länder führen die Käufe zur Unterstützung der jeweiligen Landeswährung, sie helfen ihnen, ihre Probleme in der Handelsbilanz zu beheben und helfen darüber hinaus, die Importe von Rohstoffen zu bezahlen“, zitiert Bloomberg einen Analysten.
Einer Finanzexpertin der Moskauer BCS Financial Group zufolge könnte ein Kaufprogramm in Höhe von 70 Milliarden Dollar den Dollarkurs des Rubel auf Werte um 75 oder 80 drücken. Derzeit müssen für einen Dollar nur 60 Rubel bezahlt werden.
„De-Dollarisierung“ mit gemischter Bilanz
Die Pläne, sollten sie denn umgesetzt werden, bedeuten eine Verstärkung von Moskaus Abwendung vom US-Dollar. Bereits vor einigen Jahren hatte Russland sich schrittweise von sämtlichen amerikanischen Staatsanleihen in seinen Depots getrennt und versucht, den Dollar aus dem Handelsgeschäft mit anderen Ländern zu entfernen.
Nichtsdestotrotz konnten rund die Hälfte der offiziellen Devisenreserven in Höhe von 640 Milliarden Dollar nach dem Beginn des Krieges gegen die Ukraine von westlichen Institutionen eingefroren werden.
In dem von Bloomberg eingesehenen Dokument wird dieser Verlust beklagt. Die „eingefrorenen 300 Milliarden Dollar waren keine Hilfe für Russland; im Gegenteil wurden sie zu einer Schwäche und einem Symbol für vergebene Chancen“, heißt es dort.
Schwächen der Partner-Währungen
Die Planer sind sich offenbar auch der Risiken umfangreicher Investitionen in die Schwellenland-Währungen bewusst. So bedürfe es im Fall großer Verkäufe von Yuan-Positionen in der Zukunft Absprachen mit China, weil solche Maßnahmen Auswirkungen auf den Offshore-Kurs des Renminbi haben. Solche Absprachen seien aber „im Fall einer Krise“ sehr schwer zu treffen, heißt es in dem Dokument.
Russlands Renminbi-Reserven, die zu Jahresbeginn rund 17 Prozent der Devisenbestände ausmachten, sollen den Plänen zufolge von umgerechnet 100 Milliarden Dollar auf 180 Milliarden Dollar aufgestockt werden.
Andere Währungen wie beispielsweise die Landeswährung der Vereinigten Arabischen Emirate, der Dirham, bergen „hohe politische Risiken“, heißt es. Damit spielen die Autoren des Dokuments wahrscheinlich auf den Umstand an, dass die Emirate auch zu den Vereinigten Staaten gute Kontakte pflegen.
Die türkische Lira wiederum sei einer starken Entwertung ausgesetzt, weshalb sich Käufe auf längere Sicht vielleicht als Verlustgeschäft entpuppen würden.
An der Machbarkeit des Unterfangens sind Beobachtern zufolge Zweifel angebracht. „Ich bin mir nicht sicher, ob die Zentralbank so viele Yuan oder andere ‚freundliche‘ Währungen im Markt finden wird. Der Großteil des Handelsverkehrs mit ‚freundlichen‘ Staaten wird noch immer in den Währungen ‚unfreundlicher‘ Länder abgewickelt, sagt eine Analystin von Oxford Economics und bezieht sich bei letztgenannten Währungen vor allem auf den Dollar und den Euro.
Ein Analyst der Citibank nannte das Ziel, bis zum Jahresende 4,4 Billionen Rubel in andere Währungen zu investieren „ziemlich ambitioniert.“ In jedem Fall sei die Regierung aber daran interessiert, den Rubelkurs zu schwächen.