Weltwirtschaft

Ölpreisbremse durch schwache Konjunktur

Lesezeit: 3 min
20.09.2022 11:29
Die unsichere globale Wirtschaftslage zieht weitere Kreise. Der Ölpreis ist durch die schwache Konjunktur und drohende Rezessionen bedroht.
Ölpreisbremse durch schwache Konjunktur
Der Ölpreis wird durch die schwankende Weltwirtschaft beeinflusst. (Foto: dpa)

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Die Ölpreise sind laut der Wirtschaftswebseite Oilprice seit dem jüngsten Höchststand Anfang Juni, bevor die Fed und andere Zentralbanken mit aggressiven Zinserhöhungen zur Bekämpfung der galoppierenden Inflation begannen, um rund 30 Dollar pro Barrel gesunken. Es wird erwartet, dass die straffere Geldpolitik das Wirtschaftswachstum verlangsamen wird. Gleichzeitig gibt es mehrere Finanzmarktindikatoren, die darauf hindeuten, dass die Märkte eine Rezession erwarten, was das Wachstum der weltweiten Ölnachfrage bremsen könnte.

Die am meisten beachteten großen Prognostiker – OPEC, EIA und die Internationale Energieagentur (IEA) – erwarten weiterhin ein Wachstum der weltweiten Ölnachfrage sowohl in diesem als auch im nächsten Jahr, wobei die Nachfrage im Jahr 2023 das Niveau vor der Corona-Pandemie übersteigen soll.

Negative Signale aus China Europa und den USA

Dennoch konzentriert sich der Ölmarkt derzeit sehr stark auf die negativen Signale, wobei die Preise die Befürchtungen einer wirtschaftlichen Verlangsamung in China, einer Rezession in den großen europäischen Volkswirtschaften und einer Verlangsamung oder Rezession in den Vereinigten Staaten widerspiegeln. Mehrere jüngste Finanz- und Handelsindikatoren deuten auf eine Verlangsamung hin und der Markt nimmt dies als Anzeichen für steigende Erwartungen einer Rezession in den nächsten Monaten.

Trotz eines soliden Arbeitsmarktes in den USA und einer nach wie vor hohen Wirtschaftstätigkeit, deuten die Finanzmärkte – wie an den Aktienfutures abzulesen ist – auf eine höhere Wahrscheinlichkeit eines größeren Rückgangs im Wirtschaftszyklus oder einer Rezession in den nächsten sechs Monaten hin, so John Kemp, leitender Marktanalyst bei Reuters. Hinzu kommt das sinkende offene Interesse an Öl-Futures, da sich viele Anleger aufgrund der hohen Volatilität aus dem Markt zurückzogen. Dadurch wurde die Volatilität bei sinkender Liquidität noch verstärkt.

Indizien für verlangsamtes Seehandelswachstum

In einer der jüngsten Einschätzungen deuten die Indikatoren auf eine Verlangsamung des weltweiten Seehandelswachstums hin, was ein Zeichen dafür ist, dass die Konjunkturabschwächung im Gange ist und eine Rezession in wichtigen Märkten bald eintreten könnte, was die Ölnachfrage bedroht. In dieser Woche fiel der Drewry World Container Index zum ersten Mal seit April 2021 unter die Marke von 5.000 $ pro 40-Fuß-Container – ein deutliches Signal für eine „Rückkehr zur Vernunft“ bei den Frachtraten, so der Anbieter von Forschungs- und Beratungsdienstleistungen für die globale Seefahrt und Schifffahrtsindustrie.

Es wird erwartet, dass die Eurozone und das Vereinigte Königreich noch in diesem Jahr in eine Rezession eintreten werden, während die USA Mitte 2023 eine leichte Rezession erleiden werden, sagte Fitch Ratings diese Woche und korrigierte seine Prognose für das weltweite BIP-Wachstum auf 2,4 % im Jahr 2022 nach unten, was einem Rückgang von 0,5 Prozentpunkten gegenüber der Prognose vom Juni entspricht. Für 2023 wird nun ein globales Wirtschaftswachstum von nur noch 1,7 % erwartet, was einer Senkung um 1 Prozentpunkt entspricht.

Ölmarkt besorgt über Verlangsamung

„Wir hatten in den letzten Monaten so etwas wie einen perfekten Sturm für die Weltwirtschaft, mit der Gaskrise in Europa, einer starken Beschleunigung der Zinserhöhungen und einem sich vertiefenden Immobilieneinbruch in China“, sagte Brian Coulton, Chefökonom bei Fitch.

Der Ölmarkt ist ebenfalls besorgt über die Verlangsamung, die von weiteren Zinserhöhungen erwartet wird. Die Fed ist aktuell vor allem damit beschäftigt die Inflation einzudämmen. Ziel ist, dass der Leitzins bis Anfang 2023 auf über 4 % steigen und auf diesem Niveau bleibt, sagte die Präsidentin der Federal Reserve Bank von Cleveland, Loretta Mester Ende August. Der derzeitige Leitzins der Fed liegt zwischen 2,25 % und 2,5 %, nachdem er zweimal hintereinander um 75 Basispunkte angehoben wurde.

OPEC bleibt optimistisch

Die OPEC bleibt jedoch optimistisch, was das globale Wirtschaftswachstum angeht, und erklärte in ihrem jüngsten monatlichen Ölmarktbericht (MOMR), dass das Wachstum mit 3,1 % in diesem Jahr und weiteren 3,1 % im nächsten Jahr robust bleiben wird, eine Prognose, die darauf hindeutet, dass das Kartell trotz der Rezessionsängste des Marktes ein gesundes Wachstum der Ölnachfrage erwartet.

Die IEA senkte ihre Schätzung für das Wachstum der weltweiten Ölnachfrage um 110.000 bpd auf 2 Millionen bpd für 2022, da sie davon ausgeht, dass die chinesische Ölnachfrage aufgrund der Covid-Lockdowns zum ersten Mal seit mehr als drei Jahrzehnten zurückgehen wird. In ihrem Bericht von dieser Woche stellte die Kooperationsplattform fest, dass das immer noch widerstandsfähige russische Angebot im Laufe dieses und Anfang nächsten Jahres um 2,4 Mio. bpd zurückgehen könnte, wenn das EU-Embargo gegen russische Öleinfuhren auf dem Seeweg in Kraft tritt.

Laut dem Ölmakler PVM Oil Associates ist das kurzfristige Angebot genauso unsicher wie die Nachfrage. „Der Joker bei der Vorhersage des Ölgleichgewichts mag die Angebotsseite der Ölgleichung sein, aber auch bei der Vorhersage der künftigen Ölnachfrage besteht ein spürbarer Mangel an Konsens. Dies macht eine Vorhersage nahezu unmöglich und für die nahe Zukunft ist keine Gewissheit zu erwarten“, so PVM.


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Panorama
Panorama Halbzeit Urlaub bei ROBINSON

Wie wäre es mit einem grandiosen Urlaub im Juni? Zur Halbzeit des Jahres einfach mal durchatmen und an einem Ort sein, wo dich ein...

DWN
Politik
Politik Scholz zu Besuch in Litauen: „Jeden Zentimeter ihres Territoriums verteidigen"
06.05.2024

Mit der anlaufenden Stationierung einer gefechtsbereiten Brigade an der Nato-Ostflanke geht Deutschland im Bündnis voran. Der...

DWN
Politik
Politik Über Fidschi nach Down under: Annalena Baerbock an der Frontlinie der Klimakrise
06.05.2024

Sie zählen zu den kleinsten Klimasündern, haben aber am stärksten unter den Folgen der Erderwärmung zu leiden. Baerbock ist um die...

DWN
Politik
Politik Friedrich Merz sieht CDU zur sofortigen Regierungsübernahme bereit
06.05.2024

Die CDU trifft sich zum dreitägigen Bundesparteitag in Berlin. Es geht um die Verabschiedung des neuen Parteiprogramms der Union und auch...

DWN
Technologie
Technologie Sprunginnovation: In der Lausitz wird das größte Höhenwindrad der Welt errichtet
06.05.2024

Die Sache klingt zunächst irgendwie tragisch. Die Bundesagentur für Sprunginnovationen versucht, in der Lausitz in 365 Metern Höhenwinde...

DWN
Politik
Politik Verstöße gegen EU-Werte: Kommission will Verfahren gegen Polen beenden
06.05.2024

Die EU-Kommission will das Artikel-7-Verfahren gegen Polen beenden. Es war wegen etwaiger Verstöße gegen die Werte der Europäischen...

DWN
Technologie
Technologie Im Visier der Cyberangriffe: Digitale Souveränität soll im Mittelpunkt stehen
06.05.2024

Anstieg der Cyberangriffe in Deutschland: Die Politik und das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik fordern verstärkte...

DWN
Politik
Politik Neues Gesicht in der CDU: Helmut Kohls Enkel will in Bundesvorstand gewählt werden
06.05.2024

Die Kinder von Helmut Kohl haben auf eine Karriere in der Politik verzichtet. Jetzt versucht der Enkel des früheren Bundeskanzlers,...

DWN
Politik
Politik Nach Angriff auf SPD-Politiker drei weitere Tatverdächtige ermittelt
06.05.2024

Sachsens Polizei hat im Fall der Attacke auf Wahlkämpfer in Dresden einen hohen Fahndungsdruck angekündigt. Das führt nun zu ersten...