Deutschland

Verstaatlichung: Steuerzahler soll für Uniper aufkommen, Zweifel an Gasumlage

Uniper soll verstaatlicht werden. Das stellt wiederum die geplante Gasumlage infrage. Auch Robert Habeck bekommt nun „finanzverfassungsrechtliche Zweifel“.
20.09.2022 14:21
Lesezeit: 2 min
Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

Der angeschlagene Energiekonzern Uniper soll einer Agenturmeldung zufolge verstaatlicht werden. Darauf hätten sich der Bund, Uniper sowie der finnische Mutterkonzern Fortum geeinigt, meldete die Nachrichtenagentur Bloomberg am Dienstag unter Berufung auf mit der Situation vertraute Personen. Das Bundeswirtschaftsministerium und Fortum lehnten eine Stellungnahme ab. „Alle Beteiligten arbeiten mit Hochdruck an einer nachhaltigen Stabilisierungslösung für Uniper“, erklärte der Düsseldorfer Konzern.

Die umstrittene Gasumlage zur Stützung großer Gasimporteure steht angesichts der möglichen Verstaatlichung von Uniper auf dem Prüfstand. Wirtschaftsminister Robert Habeck hat nach Informationen der dpa „finanzverfassungsrechtliche Zweifel“. Auch soll Habeck demnach angedeutet haben, dass der Finanzierungsbedarf für die Gasversorger deutlich höher liege als noch bei der Aushandlung des ersten Rettungspakets für Uniper.

Es werde zunehmend deutlich, dass die instabile Lage „die Macht und die Garantie des Staates sowie alle Finanzkraft des Staates“ brauche, die nötig sei, heißt es nach dpa-Informationen. Die finale Prüfung und Zuständigkeit für das Finanzverfassungsrecht obliege aber dem Finanzministerium.

Eine Sprecherin des Bundeswirtschaftsministeriums sagte auf Anfrage am Dienstag, natürlich müsse man auch im Blick behalten, wie der sich abzeichnende Stabilisierungsbedarf von systemrelevanten Unternehmen sich auf dem Gasmarkt auswirke, „welche Fragen er aufwirft und welche Antworten nötig sind“. Sie verwies darauf, dass Anpassungen an der geplanten Gasumlage vorgenommen würden und der Kreis der antragsberechtigten Unternehmen so reduziert werde.

Die Union forderte erneut, die Umlage abzuschaffen. Kritik an Habeck kommt auch vom Koalitionspartner FDP. Trotz gestoppter Gaslieferungen aus Russland sind die deutschen Gasspeicher inzwischen zu mehr als 90 Prozent gefüllt. Das klingt erst Mal gut, strahlt jedoch nur eine trügerische Sicherheit aus, wie die DWN bereits analysierten.

Lobbyisten entwickelten Gasumlage

Mit der Gasumlage sollen Importeure gestützt werden, die wegen der hohen Einkaufspreise in Schwierigkeiten geraten. Derzeit ist die Umlage für alle Gasnutzer auf rund 2,4 Cent pro Kilowattstunde festgelegt. Die ersten Abschlagszahlungen sollen nach aktuellem Stand frühestens im November an Unternehmen gehen. Eingeführt werden soll die Umlage zum 1. Oktober.

Besonders brisant: Laut Berichten wurde die Gasumlage von den Energie-Konzernen mitgeschrieben. Diese Lobbyarbeit passierte offenbar auf Druck von Ratingagenturen, wie die DWN bereits berichteten.

Uniper ist in Schieflage geraten, weil es nach Streits Russlands und des Westen praktisch kein russisches Gas mehr gibt, Uniper seine langfristigen Verträge aber erfüllen muss und sich das fehlende Gas teuer auf dem Markt kauft. Durch die erneute Schließung der Gaspipeline Nord Stream 1 nach dem Streit um die Turbine hat sich die Lage von Deutschlands wichtigstem Gasimporteur verschärft. Nach Angaben des Unternehmens ist ein stärkeres Engagement des Bundes im Gespräch. Im Juli hatten sich Bund, der Konzern sowie dessen finnische Mutter Fortum auf ein Milliarden-Rettungspaket geeinigt.

Die deutschen Gasspeicher sind nach Daten der europäischen Speicherbetreiber von Montagabend nun zu 90,07 Prozent gefüllt – 0,32 Prozentpunkte mehr als am Vortag. Eine Verordnung sieht vor, dass sie am 1. November zu mindestens 95 Prozent gefüllt sein sollen. Die bei diesem Stand gespeicherte Gasmenge entspricht etwa dem bundesweiten Verbrauch im Januar und Februar 2022. Die Speicher gleichen Schwankungen aus und bilden eine Art Puffersystem für den Gasmarkt.

Die Bundesregierung will erreichen, dass die Speicher zu Beginn der Heizperiode möglichst voll sind. Derzeit erhält Deutschland Erdgas über Pipelines aus Norwegen, den Niederlanden und Belgien. Zum Jahreswechsel sollen unter anderem an der Nordseeküste Terminals zur Anlandung von verflüssigtem Erdgas (LNG) in Betrieb gehen. Auch in Lubmin an der Ostsee laufen Arbeiten für den Bau eines LNG-Terminals, das Anfang Dezember in Betrieb gehen soll.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Finanzen
Finanzen Debatte neu entfacht: Braucht die Erbschaftsteuer eine Reform?
13.09.2025

Im Bundeshaushalt fehlt das Geld, und immer wieder rücken dabei auch das Vermögen der Deutschen und eine gerechtere Besteuerung in den...

DWN
Technologie
Technologie IoT-Baumaschinen: Wie Digitalisierung die Baustelle verändert
13.09.2025

IoT-Baumaschinen verändern Baustellen grundlegend: mehr Effizienz, Sicherheit und Nachhaltigkeit. Wer nicht digitalisiert, riskiert...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Darf der Chef in mein Postfach? Urteil zeigt Grenzen für Arbeitgeber
13.09.2025

Arbeitsrecht im digitalen Zeitalter: Darf ein Arbeitgeber nach Ende des Arbeitsverhältnisses noch in das E-Mail-Postfach seiner...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Kritik am Verbrenner-Verbot der EU: So nicht umsetzbar
13.09.2025

Das Verbrenner-Verbot der EU steht vor dem Scheitern: Käufer verweigern sich Elektroautos, Hersteller warnen vor unrealistischen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Energiewende: WWF-Ranking sieht Brandenburg ganz vorn
13.09.2025

Die Energiewende schreitet ungleichmäßig voran – während Brandenburg laut Umweltverband WWF glänzt, hinken andere Länder hinterher....

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Lightcast-Bericht: KI-Kenntnisse treiben Gehälter massiv nach oben
13.09.2025

Wer KI beherrscht, kassiert kräftig ab: Laut einer globalen Studie steigern KI-Fähigkeiten das Gehalt um bis zu 43 Prozent – in manchen...

DWN
Panorama
Panorama Frost, Dürre, steigende Kosten: Weihnachtsbäume werden teurer
13.09.2025

Weihnachtsbäume stehen schon jetzt im Fokus: Frost, Trockenheit und steigende Kosten setzen Tannenbaumproduzenten unter Druck. Zwar gibt...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Tariftreuegesetz: Schutz vor Lohndumping – oder Gefahr für den Mittelstand?
13.09.2025

Das Bundestariftreuegesetz (BTTG) soll faire Bedingungen bei der öffentlichen Auftragsvergabe schaffen. Kritiker warnen jedoch, dass vor...