Das Jahr 2022 war bisher schlecht für die US-Aktienkurse. Der Dow Jones ist im laufenden Jahr schon um 21 Prozent gefallen, der S&P 500 hat 25 Prozent verloren und der technologielastige Nasdaq Composite ist um 32 Prozent eingebrochen. Alle drei Indizes sind bereits drei Quartale in Folge gefallen.
Auf dem Anleihenmarkt sieht es dieses Jahr kaum besser aus. Der Bloomberg U.S. Aggregate Bond Index verzeichnet seit Jahresbeginn einen Rückgang um 16 Prozent und wird das laufende Jahr voraussichtlich mit der schlechtesten Kursentwicklung seit 1976 abschließen.
„In den letzten 50 Jahren haben wir nicht erlebt, dass die Anleihen- und Aktienmärkte gleichzeitig so stark fallen“, zitiert das Wall Street Journal Rick Rieder, den Leiter des Global Allocation Teams bei BlackRock. „Ich habe noch nie in meinem Leben so viel mit Kunden gesprochen - alle wollen wissen, wann das vorbei sein wird.“
Das 60/40-Modell, bei dem die Anleger 60 Prozent ihres Geldes in Aktien und 40 Prozent in Anleihen investieren, scheint derzeit zu versagen. Denn Staatsanleihen sind nicht so stark gestiegen, wie sie es diesem Modell nach tun sollten, wenn die Aktien fallen. Vielmehr sind Staatsanleihen selbst im Wert gefallen.
Auch alternative traditionelle Zufluchtsorte haben kaum besser abgeschnitten. Der Goldpreis etwa ist im laufenden Jahr um 8,7 Prozent gesunken. Drei Monate in Folge haben Anleger Mittel aus börsennotierten Goldfonds (ETFs) abgezogen.
Hinter allem steckt die Fed
Die schlechte Performance vieler Anlagen ist sicherlich auch auf den starken Dollar zurückzuführen. Der Goldpreis etwa ist in Euro gerechnet seit Jahresbeginn um etwa 100 Euro auf knapp 1.700 Euro pro Unze gestiegen.
Die Federal Reserve hat auch signalisiert, dass sie die Zinssätze so lange weiter anheben wird, bis sich die galoppierende Inflation wieder historischen Normen nähert. Damit führt sie sehenden Auges den Einbruch der Weltwirtschaft in Kauf, der sich Europa bereits klar andeutet.
Rieder zufolge bieten die Zinserhöhungen der Fed eine Gelegenheit, in hoch bewertete Anleihen mit kurzer Laufzeit umzuschichten, die jetzt attraktive Renditen bieten und weniger stark im Preis fallen, wenn die Renditen steigen. „Wir haben eine enorme Menge an einjährigen Staatsanleihen zu 4 Prozent gekauft, man wird dafür bezahlt, Bargeld zu halten.“
„Wir lieben Kreditanlagen mit AAA-Rating wie hypothekarisch gesicherte Wertpapiere und Collateralized Loan Obligations, die in ein bis zwei Jahren fällig werden und Renditen zwischen 5 und 6 Prozent bieten“, so Rieder von BlackRock weiter. Zudem gebe es Junk-Bonds, die 8 Prozent bieten. Das sei das „Nirwana“ für Anleger in Anleihen.
Trendwende bei Staatsanleihen?
Anleger haben derzeit 13,5 Milliarden Dollar in börsengehandelten Fonds geparkt, die Staatsanleihen mit einer Laufzeit von ein bis drei Jahren halten. Der iShares 1-3 Year Treasury Bond ETF, der größte Fonds dieser Art, weist eine erwartete Rendite von mehr als 3,7 Prozent für das nächste Jahr auf, basierend auf einer Berechnung der Renditen der letzten 30 Tage.
Die Zuflüsse sind nicht nur bei Anleihen mit kurzen Laufzeiten zu verzeichnen. Anleger haben in diesem Jahr Staatsanleihen-ETFs im Wert von 101 Milliarden Dollar gekauft. Dies ist ein historischer Rekord und fast das Doppelte des bisherigen Rekords im Jahr 2018. Anleger setzen damit möglicherweise auf eine Trendwende bei Anleihen.
Diejenigen Anleger, die auf dem Aktienmarkt bleiben wollen, haben Milliarden in Aktienstrategien gesteckt, die ein geringeres Risiko versprechen, entweder durch das Halten von Aktien, die in der Vergangenheit weniger volatil waren, oder durch den Einsatz von Schutzoptionen.
Obwohl die meisten dieser Fonds besser abgeschnitten haben als der breite Markt, liegen sie im Jahresvergleich immer noch im Minus. Aus diesem Grund sind einige Anleger der Meinung, dass diese Strategien eher das Risiko senken als eine Absicherung gegen einen Rückgang der Aktienmärkte darstellen.
Laut Roger Aliaga-Diaz, Global Head of Portfolio Construction und Chefökonom für Amerika bei der Vanguard Investment Strategy Group, sind die Aussichten sowohl für Aktien als auch für Anleihen nun wieder besser. „Das 60/40-Portfolio hat eine sehr schwierige Zeit hinter sich“, sagte er. „Aber mit Blick auf die Zukunft sind die Bewertungen viel realistischer und die Renditeaussichten haben sich verbessert.“
Managed Futures im Schnitt um 16 Prozent gestiegen
Dann gibt es noch die Managed Futures, die systematisch auf Markttrends wetten und bei Börsencrashs besser abschneiden als der Markt. Laut Jon Caplis, Geschäftsführer des Hedgefonds-Forschungsunternehmens PivotalPath, haben diese Fonds in diesem Jahr im Schnitt mehr als 16 Prozent zugelegt und sind auf dem Weg zur besten Jahresperformance seit 2014.
Der AQR Managed Futures Strategy, einer der bekanntesten Fonds dieser Art mit einem verwalteten Vermögen von fast 1,7 Milliarden Dollar, hat bis Freitag eine Rendite von 41 Prozent erzielt, während eine Version des Fonds mit höherer Volatilität sogar um 62 Prozent gestiegen ist. Nach Angaben von AQR Capital Management haben die Anleger in diesem Jahr insgesamt 251 Millionen Dollar in diese Fonds investiert.
Die wenigen börsengehandelten Fonds, die ähnliche Strategien anbieten, haben in diesem Jahr ein ähnliches Interesse und eine ähnliche Outperformance verzeichnet. Der KFA Mount Lucas Index Strategy ETF, der mit Futures auf andere Märkte als Aktien handelt, ist um 45 Prozent gestiegen und hat in diesem Jahr Zuflüsse in Höhe von 213 Millionen Dollar verzeichnet.
Der iMGP DBi Managed Futures Strategy ETF, der die Wertentwicklung der größten Hedgefonds, die diese Strategie anwenden, nachbilden soll, hat um 32 Prozent zugelegt und 790 Millionen Dollar eingesammelt.
Laut Yao Hua Ooi, Direktorin und Co-Leiterin der Gruppe Makrostrategien bei AQR Capital Management, haben Managed Futures im Laufe des Jahres von mehreren Trends profitiert, darunter ein starker Dollar, steigende Rohstoffpreise und fallende globale Aktien- und Anleihekurse. Die Performance kann jedoch je nach Manager sehr unterschiedlich ausfallen - während das beste Viertel der Hedge-Fonds, die solche Strategien verfolgen, bis August eine durchschnittliche Rendite von 23 Prozent erzielte, sind die schlechtesten nur um 7,6 Prozent gestiegen.
Mark Spitznagel, Gründer und Chief Investment Officer von Universa Investments, der Optionsstrategien zum Schutz vor statistisch unwahrscheinlichen Crashs einsetzt, sagte, dass ein Teil des Problems mit dem scheinbaren Mangel an Zufluchtsorten im diesjährigen Bärenmarkt darin besteht, wie die Investmentbranche überhaupt über Risiken und deren Minderung denkt.
Spitznagel argumentiert, dass die Versicherung der Managed Futures gegen den Aktienmarkt in diesem Jahr nicht ausgereicht hat, um die Verluste auszugleichen, die die Anleger im letzten Jahrzehnt verzeichneten, als die Aktienmärkte in die Höhe schnellten. „In allen Bereichen der Risikominderung war das Heilmittel schlimmer als die Krankheit“, so Spitznagel.