Deutschland

Staatsschutz ermittelt zur Bahn-Sabotage

Was steckt hinter dem Zug-Chaos vom Samstag? Polizei und Deutsche Bahn gehen von Sabotage aus. Jetzt ermittelt der Staatsschutz.
09.10.2022 17:51
Aktualisiert: 09.10.2022 17:51
Lesezeit: 2 min
Staatsschutz ermittelt zur Bahn-Sabotage
Reisende stehen in langen Schlangen im Hauptbahnhof Berlin nachdem der Fernverkehr in Norddeutschland zum Erliegen gekommen ist. (Foto: dpa) Foto: Paul Zinken

Im Fall der folgenschweren Sabotage des deutschen Bahnverkehrs hat der Staatsschutz beim Berliner Landeskriminalamt die Ermittlungen übernommen. Es sei zwar nicht auszuschließen, dass es einen politischen Hintergrund gebe, ermittelt werde aber in alle Richtungen, sagte eine Polizeisprecherin am Sonntag der Deutschen Presse-Agentur.

Unbekannte hatten am Samstag wichtige Kommunikationskabel der Deutschen Bahn in Berlin und auch in NRW zerstört und so für Chaos gesorgt. Über Stunden stand der Bahnverkehr in Norddeutschland größtenteils still.

Zwei Tatorte

Zu den möglichen Tätern gibt es bislang keine offiziellen Informationen. Dass es ein gezielter Angriff war, scheint aber gesichert. „Wir haben einen Tatort in Berlin-Hohenschönhausen“, sagte ein Sprecher der Bundespolizeidirektion Berlin der Deutschen Presse-Agentur. „Ein weiterer befindet sich in Nordrhein-Westfalen.“ Aus Sicherheitskreisen hieß es, es seien in Berlin und in Herne in NRW vorsätzlich so genannte Lichtwellenleiterkabel beschädigt worden. Auch das Backup-System sei damit ausgefallen.

Die Bild berichtete am Sonntag, das Bundeskriminalamt (BKA) halte in einer internen Einschätzung auch staatliche Sabotage für denkbar. Demnach setze die Aktion auch „das Abfließen sensibler Informationen über das Streckennetz der Deutschen Bahn AG“ voraus. Das BKA und das Bundesinnenministerium kommentierten den Bild-Bericht auf Nachfrage nicht.

Nach Einschätzungen aus Sicherheitskreisen setzt das Vorgehen Insiderwissen über die Bahn voraus. Als Indiz gegen Täter aus der linksextremistischen Szene, denen in der Vergangenheit Anschläge gegen die Bahn zugeschrieben wurden, gilt, dass bislang kein Bekennerschreiben aufgetaucht ist.

Der Erste Parlamentarische Geschäftsführer der Unionsbundestagsfraktion, Thorsten Frei (CDU), sagte dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND): „Dass an zwei unterschiedlichen Stellen in Deutschland nahezu zeitgleich ein Anschlag auf die kritische Infrastruktur verübt wird, der ein hohes Maß an Insiderwissen voraussetzt, weist auf einen Organisationsgrad der Angreifer hin, mit dem wir bislang in dieser Form noch nicht konfrontiert waren.“

Die Hiobsbotschaft für Reisende hatte am Samstagmorgen gelautet: „Es gibt derzeit keine Reisemöglichkeiten mit dem Fernverkehr von/nach Hamburg, Schleswig-Holstein und Niedersachsen in/aus Richtung Kassel-Wilhelmshöhe, Berlin und NRW.“ Konkret war beispielsweise der gesamte ICE-Verkehr zwischen Berlin, Hannover und Nordrhein-Westfalen eingestellt, wie die Bahn in ihrem Internetauftritt mitgeteilt hatte. Unzählige Fahrgäste strandeten an den großen Bahnhöfen. An Auskunftsschaltern bildeten sich lange Warteschlangen.

Völlig überfüllte Alternativzüge

Auch internationale Verbindungen waren betroffen. So fuhren keine IC-Züge zwischen Berlin und Amsterdam. IC-Züge von Kopenhagen endeten an der dänisch-deutschen Grenze in Padborg. Stillstand herrschte teils auch bei Regionalzügen.

Als Alternative schlug das Unternehmen Reisenden vor, Verbindungen des Fernverkehrs mit Umstieg in Erfurt und Frankfurt am Main zu nutzen. „Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass die noch verkehrenden Züge teilweise ein sehr hohes Reisendenaufkommen zu verzeichnen haben“, hieß es.

Viele, die etwa von Berlin nach Nordrhein-Westfalen fahren wollten, folgten der Empfehlung der Bahn und nahmen den Umweg mit Umstieg in Frankfurt auf sich. Die Folge waren völlig überfüllte Züge, wie ein dpa-Reporter aus dem ICE 934 auf der Fahrt nach Frankfurt berichtete. „Kein Durchkommen in den Gängen, weil alles mit sitzenden oder dort stehenden Fahrgästen blockiert ist“, erzählte er.

Im Laufe des Vormittags meldete die Bahn dann zwar, dass die Störung behoben sei, es aber weiter zu Beeinträchtigungen kommen könne. Seit Betriebsbeginn am Sonntagmorgen gebe es im Fernverkehr keine Beeinträchtigungen mehr, sagte ein Sprecher der Deutschen Bahn. „Alles wieder normal.“

Zur Frage, wie der Sabotage-Akt konkret ausgesehen haben könnte, sagte der Sprecher: „Die Ermittlungen laufen noch, deswegen äußern wir uns dazu nicht. Da bitte ich um Verständnis.“

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Schluss mit Shein und Temu? Europa zieht die Notbremse gegen Billigimporte aus China
17.11.2025

Die EU will die Billigimporte aus China schneller als geplant stoppen. Eine neue Zwei-Euro-Abgabe soll schon 2026 kommen. Plattformen wie...

DWN
Politik
Politik Teilzeit steuerfrei aufstocken? Teilzeitaufstockungsprämie ab 2026 für mehr Arbeitsstunden geplant
17.11.2025

Neben der Aktivrente und Überstundenzuschläge plant die Bundesregierung den Arbeitsmarkt ab 2026 auch für Teilzeitkräfte attraktiver zu...

DWN
Finanzen
Finanzen US-Börsen: Buffett kauft Google, Bitcoin stürzt ab - beginnt jetzt der große Marktumbruch?
17.11.2025

Die Märkte taumeln und die Nvidia-Aktie wird in wenigen Tagen zum Brennpunkt der globalen Finanzwelt. Kleinanleger überraschen die Wall...

DWN
Finanzen
Finanzen Bitcoin-Kurs aktuell: Absturz unter 93.500 Dollar verunsichert Anleger – geht der Krypto-Crash weiter?
17.11.2025

Der Bitcoin erlebt turbulente Tage: Kursabstürze, Liquiditätsstress und widersprüchliche Analystenstimmen prägen die Lage. Während...

DWN
Panorama
Panorama Globale Anti-Tabak-Strategien unter Druck: WHO-Konferenz warnt vor Rückschritten
17.11.2025

Eine weltweite Initiative zur Eindämmung von Tabak- und Nikotinprodukten steht vor Herausforderungen: Trotz internationaler Abkommen setzt...

DWN
Finanzen
Finanzen Wachstum unter EU-Durchschnitt: Deutsche Wirtschaft 2026 mit vorsichtiger Erholung
17.11.2025

Die deutsche Wirtschaft startet 2026 voraussichtlich wieder durch, bleibt aber hinter dem europäischen Durchschnitt zurück. Laut der...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Reiche besucht Golfstaaten: Investitionen, Erdgas und Partnerschaften im Fokus
17.11.2025

Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche reist mit einer Wirtschaftsdelegation in die Golfregion, um die bilaterale Zusammenarbeit zu...

DWN
Finanzen
Finanzen EZB-Vize warnt: KI-Hype könnte Börsenkorrektur auslösen
17.11.2025

EZB-Vizepräsident Luis de Guindos schlägt Alarm: Der aktuelle Boom rund um Künstliche Intelligenz und hoch bewertete US-Tech-Aktien...