Deutschland

IG Metall ruft zum Warnstreik, fordert 8 Prozent mehr Geld

Knapp innerhalb der Friedenspflicht haben die Metall-Arbeitgeber ein erstes Tarifangebot abgegeben. Die Warnstreiks der IG Metall können sie damit aber nicht aufhalten.
27.10.2022 16:34
Aktualisiert: 27.10.2022 16:34
Lesezeit: 2 min

Als Reaktion auf ein erstes Arbeitgeberangebot hat die IG Metall zu Warnstreiks in der deutschen Metall- und Elektroindustrie aufgerufen. Ab Samstag, 00.01 Uhr, soll in ausgesuchten Betrieben die Arbeit niedergelegt werden, wie mehrere Bezirke der Gewerkschaft am Donnerstag ankündigten.

„Nun bleibt uns keine Wahl, wir müssen den Druck auf die Arbeitgeber erhöhen. Mit Ablauf der Friedenspflicht in der Nacht auf Samstag beginnen wir in Bayern mit Warnstreiks“, erklärte beispielsweise der dortige IG-Metall-Verhandlungsführer, Johann Horn. Die Gewerkschaft verlangt auch mit Blick auf die stark gestiegenen Verbraucherpreise 8 Prozent mehr Geld für die bundesweit fast 4 Millionen Beschäftigten.

In Augsburg hatte der Verband der Bayerischen Metall- und Elektro-Industrie als bundesweit erster Arbeitgeberverband die abgestimmte Offerte veröffentlicht. Bestandteile sind eine steuer- und abgabenfreie „Inflationsausgleichsprämie“ von 3000 Euro sowie eine spätere, noch unbezifferte Erhöhung in den Gehaltstabellen. Für die Tarifstufe ergäben sich aber erst bei einer Laufzeit von 30 Monaten Spielräume, sagte die bayerische Verhandlungsführerin Angelique Renkhoff-Mücke. Diese müsse die IG Metall vorab zusichern.

Der Vorschlag soll dem Dachverband Gesamtmetall zufolge auch in den anderen Tarifgebieten unterbreitet werden. Die jeweils dritten Runden waren in den Bezirken Küste und Mitte für Donnerstag angesetzt und in den übrigen für Freitag. In Augsburg demonstrierten rund 4000 Metaller für höhere Löhne.

Die einflussreiche IG Metall Südwest wies den Arbeitgebervorschlag umgehend zurück. Das Angebot sei nicht akzeptabel, sagte der Stuttgarter Bezirksleiter Roman Zitzelsberger in Böblingen. „Es wird den Ansprüchen der Beschäftigten nicht gerecht.“ Notwendig sei eine nachhaltige prozentuale Lohnerhöhung. Auch Zitzelsberger kündigte mit Ablauf der Friedenspflicht in der Nacht zum Samstag erste Warnstreiks an. Sie sind beispielsweise bei Autoherstellern, Maschinenbauern oder anderen Metallbetrieben möglich.

Gesamtmetall-Präsident Stefan Wolf warb für die von der Bundesregierung abgabenfrei gestellte Einmalzahlung über 3000 Euro. „Wir sehen die besonderen Belastungen, denen unsere Beschäftigten derzeit ausgesetzt sind. Eine solche Einmalzahlung hilft unmittelbar und sie hilft vor allem den Arbeitnehmern in den unteren Lohngruppen“, erklärte Wolf in Berlin. Die Arbeitgeber seien bereit, vorhandene Spielräume zu nutzen. Wachstum könne aber nur verteilt werden, wenn in der Fläche welches vorhanden sei. Eine Tabellenerhöhung sei daher nur bei einer Laufzeit von 30 Monaten vorstellbar, denn frühestens 2024 könne wieder mit einem Wachstum gerechnet werden.

Der Kampf gegen die Inflation müsse von Bundesregierung und Europäischer Zentralbank geführt werden, verlangte der Gesamtmetall-Chef. Die Unternehmen hätten in den vergangenen Jahren die Beschäftigung gehalten, um nach bewältigten Krisen durchstarten zu können. Derzeit laufe die Lage der Unternehmen so weit auseinander wie noch nie. Wolf verlangte daher ein Differenzierungsverfahren, falls die wirtschaftliche Entwicklung schlechter laufe als erwartet.

„Außer bei der Einmalzahlung von 3000 Euro bleiben die Arbeitgeber im Ungefähren“, kritisierte Daniel Friedrich, Bezirksleiter und Verhandlungsführer der IG Metall Küste nach den Gesprächen in Bremen. „Und dafür verlangen sie eine automatische Differenzierung und auch noch die Möglichkeit, das Weihnachtsgeld in den Betrieben zu streichen, und fordern eine Rekordlaufzeit von zweieinhalb Jahren. Was wir vor allem vermissen, ist ein Angebot für eine dauerhafte Tabellenerhöhung.“

Die Forderung nach 8,0 Prozent bei einer Laufzeit von zwölf Monaten ist die höchste Forderung in der Metall- und Elektroindustrie seit dem Jahr 2008. Die erwartete Teuerung kann damit nicht vollständig ausgeglichen werden, sodass Gewerkschaftschef Jörg Hofmann wiederholt staatliche Hilfen für die Haushalte einschließlich einer Energiepreisbremse verlangt hat. Dazu gehört auch die Freistellung von Arbeitsentgelten bis 3000 Euro. Nach Lesart der Gewerkschaft kann diese auch auf feste, dauerhaft wirksame Lohnbestandteile angewendet werden und nicht nur auf Einmalzahlungen. In der Chemie-Industrie wurde neben zwei Einmalzahlungen von jeweils 1500 Euro zwei Tarifstufen von jeweils 3,25 Prozent vereinbart. (dpa)

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen MTS Money Transfer System – Sicherheit beginnt mit Eigentum.

In Zeiten wachsender Unsicherheit und wirtschaftlicher Instabilität werden glaubwürdige Werte wieder zum entscheidenden Erfolgsfaktor....

DWN
Finanzen
Finanzen Energie-Investments in bewegten Zeiten: Chancen zwischen Atom, Wasserstoff und Sonne
27.10.2025

Die Welt verschlingt immer mehr Strom – von KI bis Rüstung. Atomkraft erlebt ein Comeback, Wasserstoff bleibt Wette auf die Zukunft,...

DWN
Politik
Politik 75 Jahre Verfassungsschutz: Präsident Selen warnt vor verschärfter Bedrohungslage
27.10.2025

Zum Jubiläum blickt der Verfassungsschutz auf wachsende Herausforderungen. Wo die Behörde derzeit die größten Gefahren sieht – und...

DWN
Technologie
Technologie Rimac revolutioniert die Automobilindustrie: Wann kommt die Superbatterie auf den Markt?
27.10.2025

Die Automobilindustrie befindet sich im Wandel. Neue Technologien sollen Reichweite, Effizienz und Ladegeschwindigkeit von...

DWN
Panorama
Panorama „Glücksatlas“: Wie zufrieden die Deutschen wirklich sind
27.10.2025

Laut einer aktuellen Befragung empfindet fast die Hälfte der Menschen in Deutschland ein hohes Maß an Zufriedenheit – trotzdem bleibt...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft USA und China nähern sich im Handelsstreit an – Hoffnung auf Einigung vor Trump-Xi-Treffen
27.10.2025

Im festgefahrenen Handelskonflikt zwischen den Vereinigten Staaten und China deutet sich Bewegung an. Kurz vor einem geplanten Treffen...

DWN
Politik
Politik Zukunft der Energie: Europa trennt sich vom russischen Gas
27.10.2025

Die Europäische Union verfolgt weiterhin konsequent das Ziel der Energieunabhängigkeit. Neue Beschlüsse sollen den Gasmarkt neu ordnen...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Fiesta, Escort, Capri: Letztes Auto von Ford im Saarland rollt vom Band
27.10.2025

Das Ende einer Ära: Mehr als 15 Millionen Fahrzeuge wurden im saarländischen Werk gebaut. Offiziell endet die Produktion am 30. November,...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Bargeldloses Schweden: So schützen sich Banken und Behörden vor Cyberangriffen und digitalen Bedrohungen
27.10.2025

Schweden gilt als Vorreiter bei digitalen Zahlungen, doch diese Abhängigkeit macht das Land verwundbar. Sicherheitsbehörden und...