Deutschland

Gas-Krise trifft Bundesländer unterschiedlich stark

Von den Preiserhöhungen und Engpässen bei Erdgas sind die Bundesländer sehr unterschiedlich betroffen.
25.12.2022 08:51
Aktualisiert: 25.12.2022 08:51
Lesezeit: 2 min
Gas-Krise trifft Bundesländer unterschiedlich stark
Hinter dem beleuchteten Tanklager ragen die Anlagen der Total-Raffinerie und des Chemieparks in Leuna in die Höhe. (Foto: dpa) Foto: Jan Woitas

Die Bundesländer in Deutschland bekommen die Energiekrise einer Studie zufolge wirtschaftlich unterschiedlich stark zu spüren. Die Folgen von teurem Gas treffen laut der Rating-Agentur Scope vor allem Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt sowie mit etwas Abstand Hessen und Nordrhein-Westfalen. In all diesen Ländern ist die Chemieindustrie relativ stark vertreten.

Die Stadtstaaten Berlin, Hamburg und Bremen, wo der Dienstleistungssektor eine große Rolle spielt, leiden indes weniger unter der Krise, heißt es. Auch Bayern und Baden-Württemberg mit ihrer starken Wirtschaft kommen eher glimpflich davon. Dort ist die Autobranche stark präsent, die energieintensive Industrie weniger.

Scope hat analysiert, wie hoch der Anteil der energieintensiven Branchen an der Bruttowertschöpfung in den Ländern ist und welche Rolle Gas im Energieverbrauch spielt. Zu den energieintensiven Branchen zählt Scope etwa die Chemieindustrie, Basismetall-Hersteller, Öl-Raffinerien und die Papierindustrie. Ihr Anteil ist in Rheinland-Pfalz (knapp 10 Prozent) und Sachsen-Anhalt (gut 7 Prozent) besonders groß: Im pfälzischen Ludwigshafen sitzt der Chemieriese und Gasgroßverbraucher BASF und Sachsen-Anhalt hat mit Bitterfeld und Leuna bedeutsame Chemie-Standorte. Auch die Papierindustrie ist in beiden Ländern relativ stark ausgeprägt.

Scope schätzt, dass wegen der Energiekrise und Produktionsrückgängen in betroffenen Branchen die Bruttowertschöpfung in Rheinland-Pfalz in diesem und im nächsten Jahr insgesamt um 1,2 Prozent schrumpft. Für Sachsen-Anhalt gehen die Experten von minus 0,9 Prozent aus. Die Bruttowertschöpfung wird durch Abzug der Vorleistungen von den Produktionswerten errechnet. Sie umfasst demnach nur den im Produktionsprozess geschaffenen Mehrwert.

Weniger Einbußen bei der gesamtwirtschaftlichen Produktion dürften Nordrhein-Westfalen (-0,7 Prozent) und Hessen (-0,6 Prozent) haben. Dort ist die Chemiebranche beziehungsweise die Stahlindustrie ebenfalls wichtig, die Wirtschaft aber breiter aufgestellt. In Bayern und Baden-Württemberg liegen die vorhergesagten Einbußen bei 0,3 beziehungsweise 0,4 Prozent, wenngleich dahinter große absolute Summen stehen.

„Rückgänge in der Bruttowertschöpfung von rund einem Prozent klingen wenig, sind aber deutlich“, sagt Julian Zimmermann, der bei Scope die Ratings für Bundesländer verantwortet. „In absoluten Zahlen geht der Effekt in die Milliarden.“ Bundesweit schätzt Scope die Bruttowertschöpfungsverluste wegen der energieintensiven Industrien auf rund 15,6 Milliarden Euro für dieses und nächstes Jahr.

Die Länder würden die Rückgänge dennoch verkraften, meint Zimmermann. So werde die Wirtschaft in Rheinland-Pfalz dieses Jahr zulegen, auch weil sie der stark wachsende Corona-Impfstoffhersteller Biontech beflügelt. Auch die Haushalte der Länder sieht Scope nicht in Gefahr: Sie profitierten von den Rettungsprogrammen des Bundes.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Gold als globale Reservewährung auf dem Vormarsch

Strategische Relevanz nimmt zu und Zentralbanken priorisieren Gold. Der Goldpreis hat in den vergangenen Monaten neue Höchststände...

DWN
Politik
Politik Warum sprechen diese Woche alle über Trumps „Big Beautiful Bill“?
01.07.2025

Es ist Trumps größtes Prestigeprojekt. Doch welche Vor- und Nachteile hat das Gesetzespaket, das am Freitag unterschriftsreif auf dem...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Kernenergie-Aktien explodieren um 542 Prozent: Anleger warnen vor Blasenbildung
01.07.2025

Kernenergie-Aktien feiern ein spektakuläres Comeback – befeuert durch den steigenden Strombedarf für Rechenzentren. Die Branche erlebt...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Svenska Digitaltolk: Dolmetscher-Gigant kauft KI-Unternehmen – Millionenumsatz prognostiziert
01.07.2025

Schwedens Dolmetscher-Gigant will Europas Übersetzungsmarkt aufrollen – mit KI, Millionenplänen und dem Griff nach Deutschland. Doch...

DWN
Politik
Politik Grenze zu – zumindest teilweise: Polen kontrolliert ab Montag
01.07.2025

Polen wird ab kommendem Montag vorübergehend wieder Grenzkontrollen an der Grenze zu Deutschland einführen. Das kündigte...

DWN
Politik
Politik Krankenkassen schlagen Alarm: Zusatzbeiträge könnten deutlich steigen
01.07.2025

Die gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV) warnen vor Druck zu neuen Beitragserhöhungen ohne eine rasche Bremse für steigende Kosten....

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Thyssenkrupp-Umbau betrifft Tausende – Betriebsräte fordern Klarheit
01.07.2025

Angesichts weitreichender Umbaupläne bei Thyssenkrupp fordern die Beschäftigten klare Zusagen zur Zukunftssicherung. Betriebsräte pochen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Neues Werk für NATO-Kampfjet: Rheinmetall startet Produktion in NRW
01.07.2025

Der Rüstungskonzern Rheinmetall hat in Weeze (Nordrhein-Westfalen) eine hochmoderne Fertigungsanlage für Bauteile des Tarnkappenbombers...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Investitionsstau: Kaputte Straßen, marode Schulen – Kommunen am Limit
01.07.2025

Viele Städte und Gemeinden stehen finanziell mit dem Rücken zur Wand: Allein die Instandhaltung von Straßen, Schulen und...