Finanzen

Japan verstärkt Anleihekäufe, Markt wettet auf Kontrollverlust

Trotz der höchsten Inflation seit vier Jahrzehnten verstärkt die Bank of Japan ihre Anleihekäufe. Doch der Markt wettet darauf, dass sie die Kontrolle verliert.
Autor
29.12.2022 14:24
Aktualisiert: 29.12.2022 14:24
Lesezeit: 2 min
Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..
Japan verstärkt Anleihekäufe, Markt wettet auf Kontrollverlust
Haruhiko Kuroda, Gouverneur der Zentralbank von Japan, verstärkt die Anleihekäufe. (Foto: dpa) Foto: Uncredited

Die Bank of Japan hat am Mittwoch und Donnerstag zwei weitere außerplanmäßige Runden von Anleihekäufen durchgeführt. Die Notenbank wehrte sich damit gegen Händler, die auf eine weitere Lockerung ihrer Geldpolitik wetten. Insgesamt kaufte sie im Rahmen dieser beiden außerplanmäßigen Operationen Staatsanleihen im Umfang von mehr als 1,3 Billionen Yen (9,2 Milliarden Euro).

Hinzu kamen am Mittwoch planmäßige Käufe zehnjähriger Staatsanleihen zu einem Zinssatz von 0,5 Prozent, was die Obergrenze des derzeitigen Renditerahmens darstellt. Mit den Käufen bemüht sich die Notenbank, die Renditen unterhalb der von ihr festgelegten Renditekurve zu halten. Doch sie gerät dabei zunehmend an die Grenzen ihrer Möglichkeiten.

Die zusätzlichen Anleihekäufe verdeutlichen das Dilemma, vor dem die japanische Notenbank steht. Denn zwar hat sie die Obergrenze für zehnjährige Renditen in diesem Monat auf 0,5 Prozent verdoppelt. Doch dies hat auf Seiten der Händler nur zu noch mehr Wetten geführt, dass die Bank of Japan (BOJ) die Obergrenze noch weiter anheben oder ganz aufheben wird.

Fonds von BlueBay Asset Management bis Schroders haben ihre Short-Positionen auf japanische Anleihen aufgestockt, und einige kaufen auch den Yen. Tatsächlich stiegen die Renditen von jenen Staatsanleihen, die nicht von den außerplanmäßigen Operationen der Bank of Japan abgedeckt wurden. Sie Rendite 20-jähriger Anleihen stieg um 5 Basispunkte auf 1,32 Prozent. Der Yen legte um 0,5 Prozent zu.

"Die Märkte werden die Grenzen der BOJ weiter austesten", zitiert Bloomberg Christopher Wong, einen Strategen bei Oversea-Chinese Banking in Singapur. "Die Änderung bei der Kontrolle der Renditekurve könnte nur der Anfang von mehr sein, was noch kommen wird".

"Wir sind uns der Möglichkeit bewusst, dass die BOJ die Kontrolle der Renditekurve im Januar revidieren wird", zitiert Bloomberg Yuji Saito, Senior Advisor bei der Abteilung für globale Märkte von Credit Agricole CIB in Tokio. Die BOJ könnte die Renditeobergrenze auf 0,75 Prozent anheben oder die Ziellaufzeit auf fünf Jahre ändern, sagte er.

Die Bank of Japan führt zwei Arten von Anleihekäufen durch. Bei der ersten Art kauft die Zentralbank eine unbegrenzte Menge an Anleihen zu einer vorher festgelegten Rendite. Bei der zweiten Art kauft sie einen festen Betrag an Anleihen zu der jeweils geltenden Marktrendite.

Diese Ad-hoc-Operationen haben die Käufe im Dezember auf etwa 16 Billionen Yen (112 Milliarden Euro) ansteigen lassen, was dem Rekordhoch vom Juni nahe kommt. Der Betrag könnte sogar noch weiter ansteigen, da die Notenbank angekündigt hat, die geplanten Anleihekäufe im ersten Quartal um 23 Prozent zu erhöhen.

Die japanische Kerninflationsrate steigt derzeit so schnell wie seit vier Jahrzehnten nicht mehr. Dies erhöht den Druck auf die Zentralbank weiter, ihre Anleihekäufe zu bremsen. Alle andere großen Zentralbanken der Welt tun dies längst, allen voran die Federal Reserve in den USA, die ihren Bestand an Staatsanleihen seit Juni sogar wieder reduziert.

Die größeren und häufigeren Eingriffe der Bank of Japan in den Markt könnten die Liquidität beeinträchtigen und die Renditekurve weiter verzerren, was dem erklärten Ziel von Zentralbank-Chef Haruhiko Kuroda zuwiderläuft, das Programm zur Kontrolle der Renditekurve nachhaltiger zu gestalten.

"Wenn die BOJ versucht, eine Sache zu regeln, gerät dafür eine andere Sache ins Wanken", sagt Keisuke Tsuruta, ein Anleihenstratege bei Mitsubishi UFJ Morgan Stanley Securities in Tokio. "Die Marktteilnehmer haben das Gefühl, dass die Kontrolle der Zinskurve an ihre Grenzen stößt, aber die Zentralbank gibt das nicht zu."

Mehr zum Thema
article:fokus_txt

Jede Anlage am Kapitalmarkt ist mit Chancen und Risiken behaftet. Der Wert der genannten Aktien, ETFs oder Investmentfonds unterliegt auf dem Markt Schwankungen. Der Kurs der Anlagen kann steigen oder fallen. Im äußersten Fall kann es zu einem vollständigen Verlust des angelegten Betrages kommen. Mehr Informationen finden Sie in den jeweiligen Unterlagen und insbesondere in den Prospekten der Kapitalverwaltungsgesellschaften.

DWN
Finanzen
Finanzen Debatte neu entfacht: Braucht die Erbschaftsteuer eine Reform?
13.09.2025

Im Bundeshaushalt fehlt das Geld, und immer wieder rücken dabei auch das Vermögen der Deutschen und eine gerechtere Besteuerung in den...

DWN
Technologie
Technologie IoT-Baumaschinen: Wie Digitalisierung die Baustelle verändert
13.09.2025

IoT-Baumaschinen verändern Baustellen grundlegend: mehr Effizienz, Sicherheit und Nachhaltigkeit. Wer nicht digitalisiert, riskiert...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Darf der Chef in mein Postfach? Urteil zeigt Grenzen für Arbeitgeber
13.09.2025

Arbeitsrecht im digitalen Zeitalter: Darf ein Arbeitgeber nach Ende des Arbeitsverhältnisses noch in das E-Mail-Postfach seiner...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Kritik am Verbrenner-Verbot der EU: So nicht umsetzbar
13.09.2025

Das Verbrenner-Verbot der EU steht vor dem Scheitern: Käufer verweigern sich Elektroautos, Hersteller warnen vor unrealistischen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Energiewende: WWF-Ranking sieht Brandenburg ganz vorn
13.09.2025

Die Energiewende schreitet ungleichmäßig voran – während Brandenburg laut Umweltverband WWF glänzt, hinken andere Länder hinterher....

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Lightcast-Bericht: KI-Kenntnisse treiben Gehälter massiv nach oben
13.09.2025

Wer KI beherrscht, kassiert kräftig ab: Laut einer globalen Studie steigern KI-Fähigkeiten das Gehalt um bis zu 43 Prozent – in manchen...

DWN
Panorama
Panorama Frost, Dürre, steigende Kosten: Weihnachtsbäume werden teurer
13.09.2025

Weihnachtsbäume stehen schon jetzt im Fokus: Frost, Trockenheit und steigende Kosten setzen Tannenbaumproduzenten unter Druck. Zwar gibt...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Tariftreuegesetz: Schutz vor Lohndumping – oder Gefahr für den Mittelstand?
13.09.2025

Das Bundestariftreuegesetz (BTTG) soll faire Bedingungen bei der öffentlichen Auftragsvergabe schaffen. Kritiker warnen jedoch, dass vor...