Weltwirtschaft

Peskow warnt Westen vor weiterer Ölpreis-Obergrenze

Lesezeit: 6 min
14.01.2023 09:06  Aktualisiert: 14.01.2023 09:06
Russlands Öl wird weit unter der von der G7-Gruppe auferlegten Obergrenze verkauft. Putins Pressesprecher bleibt derweil gelassen, warnt den Westen aber vor weiteren Maßnahmen.
Peskow warnt Westen vor weiterer Ölpreis-Obergrenze
Archivbild: Dimitri Peskow und Wladimir Putin in Putins Büro in Moskau. (Foto: dpa)
Foto: Alexey Druginyn / Ria Novosti /

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Die von der EU verhängten Sanktionen gegen die Einnahmen des Kremls aus dem Erdölverkauf zeigen Wirkung. Russlands Vorzeige Öl, das Ural Rohöl, wurde am 6. Januar bei 38 US-Dollar pro Barrel gehandelt. Russland zeigt sich von den Zahlen unbeeindruckt. Kreml-Sprecher Dimitri Peskow warnte den Westen vor Konsequenzen bei weiteren Ölpreisobergrenzen.

Moskau musste neue Absatzmöglichkeiten suchen

Die Sorte Ural, ein weitaus größerer Exportstrom als jedes andere von Russland verkaufte Rohöl, kostete am 6. Januar Bloomberg zufolge im Ostseehafen von Primorsk 37,80 US-Dollar pro Barrel, wie aus Daten von Argus Media hervorgeht. Die globale Referenzsorte Brent schloss am selben Tag bei 78,57 US-Dollar. Laut Bloomberg-Journalist Alaric Nightingale ist es schwer zu sagen, wie Russland auf solch niedrige Preise reagieren wird. Einerseits braucht es alle Einnahmen, die es bekommen kann, um den Krieg in der Ukraine zu finanzieren. Ein zu starkes Absinken könnte Moskau jedoch dazu veranlassen, mit Produktionskürzungen zu reagieren, was es in der Vergangenheit nicht ausgeschlossen hat.

Am 5. Dezember hatte die Europäische Union die Rohölimporte aus dem Land auf dem Seeweg fast vollständig gestoppt und damit den traditionell wichtigsten Exportmarkt Russlands zerstört. Gleichzeitig verhängte die EU zusammen mit den G-7-Industriestaaten eine Preisobergrenze für russische Lieferungen. Wer westliche Dienstleistungen in Anspruch nehmen wollte - insbesondere die branchenüblichen Versicherungen, aber auch eine Reihe anderer Dinge - konnte dies nur tun, wenn er 60 US-Dollar oder weniger zahlte. Der Beschluss der Europäischen Union vom vergangenen Juni, zwang Moskau, sich nach anderen Absatzmöglichkeiten für rund 2 Millionen Barrel pro Tag umzusehen. Es fand zwar Absatzmärkte in China, Indien und der Türkei, aber diese konzentrierte Gruppe von Käufern nutzte ihren Einfluss, um sich tiefe Rabatte zu sichern.

Preisnachlässe ein Segen für die Schwellenländer

Hinzu kommt, dass Russland gezwungen war, die zusätzlichen Kosten für die längeren Transportwege zu tragen. „Was Russland schmerzt, ist die Tatsache, dass es Ladungen von Europa nach Asien verschieben muss und gezwungen ist, den Preisnachlass zu akzeptieren“, sagte Paul Horsnell, Leiter der Rohstoffforschung bei der Standard Chartered Bank in London. „Der fehlende Zugang zu Europa ist ausschlaggebend, nicht die Preisobergrenze“.

Die Preisnachlässe Russlands, um mit Lieferungen aus dem Nahen Osten konkurrieren zu können waren ein Segen für andere Länder. Auf diesem Weg half Russland unter anderem auch Schwellenländern, die Ende September noch stark gelitten hatten. Damals überboten Deutschland und andere Staaten Europas Schwellenländer auf dem LNG-Markt.. Nun drehte sich das Blatt und die betroffenen Länder profitieren inzwischen von der Lage Russlands.

USA und Verbündete vor ungewissem Weg

Argus liefert Daten an die Internationale Energieagentur, einen Berater der Industrieländer, der die russischen Preise für die G-7 überwacht. Die Zahlen von Argus wurden in der Vergangenheit auch verwendet, um Moskau bei der Berechnung von Zöllen für Ölexporte zu helfen. Russlands ESPO-Rohöl, benannt nach einer Pipeline aus Ostsibirien, wird den Argus-Zahlen zufolge weiterhin leicht über der Obergrenze gehandelt. Die Entfernungen zu den Abnehmern sind weitaus kürzer, was es wahrscheinlich einfacher macht, Tanker zu finden, die bereit sind, es an nahe gelegene Abnehmer außerhalb der von den G7-Staaten auferlegten Obergrenze zu liefern.

Für Lieferungen, deren Preis über der Obergrenze liegt und die hauptsächlich aus Russlands östlichen Häfen kommen, konnten Russland und seine Abnehmer offenbar Transport- und Dienstleistungsunternehmen außerhalb der EU und Großbritanniens gewinnen. Dennoch müssen die USA und ihre Verbündeten Bloomberg zu entnehmen einen ungewissen Weg in Bezug auf die Obergrenze beschreiten, beginnend mit einer Überprüfung des Rohölpreises und der damit verbundenen Obergrenzen für raffinierte Kraftstoffe im Februar.

EU-Mitglieder drängen auf weitere Obergrenze

Einige EU-Mitglieder drängen der amerikanischen Nachrichtenagentur zufolge bereits darauf, Moskau durch eine Senkung der Obergrenze unter Druck zu setzen, doch wenn man zu hart vorgeht, besteht die Gefahr, dass Putin die Produktion drosselt, um einen Preisanstieg zu provozieren, den die USA stets zu vermeiden versuchen. Der stellvertretende Sekretär des US-Finanzministeriums, Wally Adeyemo wollte sich nicht dazu äußern, ob die USA die Obergrenze anpassen wollen. Ein Ziel der Obergrenze sei es zwar, die Einnahmen Moskaus zu verringern, aber die USA wollten auch sicherstellen, dass Russland weiterhin einen Anreiz habe, sein Öl zu exportieren. „Wir sind der Meinung, dass der von uns festgelegte Betrag von 60 Dollar unsere beiden Ziele erfüllt“, sagte er.

Ungeachtet davon überprüft man in der G7-Gruppe derzeit die Obergrenze. Dabei soll es sich um unterschiedliche Preisobergrenzen handeln. Eine Obergrenze würde für Produkte gelten, die mit einem Aufschlag gehandelt werden, während die andere für Produkte gelten würde, die mit einem Abschlag gehandelt werden.

Kreml-Sprecher Peskow warnt vor neuer Obergrenze

Kreml-Sprecher Dimitri Peskow reagiert der russischen Tageszeitung Argumenty i Fakty zufolge mit Skepsis auf die Prognosezahlen. So sagte er, dass Russland noch nicht mit den Auswirkungen der auferlegten Obergrenze für die Ölpreise konfrontiert sei. Der Kreml-Sprecher reagierte auf die Diskussion um neue Ölpreisgrenzen und betonte, dass Russland alles tun werde, um seine Interessen zu wahren und warnte den Westen davor neue Obergrenzen einzuführen: „Russland wird seine Interessen ausgleichen. Der Markt lässt dies zu.“

Peskows Darstellung widerspricht neben den Daten von Argus ein weiterer wichtiger Punkt. Bloomberg zufolge wird das Problem auch im Staatshaushalt Russlands sichtbar. So hat sich das Haushaltsdefizit Moskaus der Nachrichtenagentur zu entnehmen im Zuge des Preisverfalls auf ein Rekordniveau ausgeweitet und die russischen Preise seien schneller gefallen als die Weltmarktpreise, da die Versorgung nicht ernsthaft unterbrochen wurde. Dies seien die beiden Hauptziele der Idee, die das US-Finanzministerium im vergangenen Jahr als Teil der globalen Reaktion auf den Krieg Russlands in der Ukraine ins Leben gerufen hatte.

Strategie des Westens geht vorerst auf

Raad Alkadiri, geschäftsführender Direktor für Energie, Klima und Ressourcen bei der Eurasia Group in Washington verdeutlicht gegenüber Bloomberg, wie die Strategie des Westens bisher vorerst aufging: „Wenn es das Ziel der westlichen Mächte war, ihren Kuchen zu bekommen und ihn auch zu essen, dann funktioniert die Obergrenze derzeit wie geplant. Die russischen Ölströme wurden zwar umgeleitet, aber größtenteils nicht unterbrochen, und die Preise sind nicht gestiegen."

Die Daten von Argus Media aus den zwei großen Häfen im Westen Russlands in den ersten Januartagen zeigen, dass die Rohöllieferungen bei knapp 40 US-Dollar pro Barrell lagen. Das ist ein Rückgang von mehr als 35 Prozent gegenüber dem November-Durchschnitt und von etwa 50 Prozent gegenüber Juni.

Im gleichen Zeitraum sank der Preis für Rohöl der Sorte Brent, einer weltweiten Referenzsorte, um etwa 15 Prozent bzw. 37 Prozent. Dies deutet darauf hin, dass die schwächere Nachfrage aufgrund der sich verlangsamenden Weltwirtschaft nicht in vollem Umfang für den Rückgang der russischen Preise verantwortlich ist und dass das Exportvolumen nicht so stark zurückgegangen ist, dass das geringere Angebot die internationalen Preise in die andere Richtung drückt.

US-Finanzministerium ist trotz allem vorsichtig

Wally Adeyemo, erklärte gegenüber Bloomberg zufolge in einem Interview, er und seine Kollegen seien mit den Ergebnissen zufrieden, reagierte jedoch vorsichtig auf die Frage, ob der Plan als Erfolg bezeichnet werden könne. „Solange die Invasion in der Ukraine nicht abgeschlossen ist, werden wir nichts verkünden.“

Das Ziel der Preisobergrenze war es laut Bloomberg, die EU-Sanktionen teilweise zu unterlaufen, von denen die USA befürchteten, sie könnten durch eine Verringerung des Angebots nach hinten losgehen. Die EU und Großbritannien hatten neben dem Embargo auch untersagt Dienstleistungen für Verlader anzubieten, die irgendwo auf der Welt russisches Öl transportieren, darunter auch Versicherer, die den globalen Markt für die Zeichnung von Öltankern beherrschen.

Das ließ in Washington die Alarmglocken läuten, wo Beamte des US-Finanzministeriums befürchteten, die Sanktionen könnten zwei bis drei Millionen Barrel pro Tag in Russland einschließen und die Weltmarktpreise auf weit über 100 US-Dollar pro Barrel ansteigen lassen. Die Beamten befürchteten sogar, dass höhere Preise bei geringerer Produktion Russland zugutekommen und den Rest der Welt in eine Rezession treiben könnten.

Weitere Faktoren für den Rückgang russischer Ölexporte

Im Hinblick auf dieses Worst-Case-Szenario war die Obergrenze als Ventil gedacht, das Russland weiterhin Zugang zu den Schifffahrtsdiensten der EU und des Vereinigten Königreichs gewähren sollte, solange die Preise für die Ladungen unter einer vereinbarten Obergrenze lagen, die schließlich auf 60 US-Dollar festgelegt wurde. Die USA mussten Blomberg zufolge die Regierungen der G7 und dann die EU mit viel Überzeugungskraft dazu bringen, die Regelung rechtzeitig vor dem Stichtag 5. Dezember zu unterstützen.

Neben den Sanktionen und der Obergrenze könnten Bloomberg zufolge auch andere Faktoren zum Rückgang der russischen Ölexporte geführt haben. So müsste man auch schlechte Witterung, Wartungsarbeiten in den Häfen und die Umstellung Russlands auf den Export von Raffinerieerzeugnissen in die Beurteilung mit aufnehmen. Die Befürworter der Obergrenzen hatten Bloomberg zu entnehmen auch Glück. Die sich abkühlenden globalen Wirtschaftsaussichten in Verbindung mit dem Druck, den die wenigen russischen Käufer bereits ausübten, führten dazu, dass Moskau bereits einen Großteil seines Rohöls unter der Obergrenze von 60 US-Dollar verkaufte, bevor diese überhaupt in Kraft trat.


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