Politik

Nun doch: Deutschland liefert Leopard-Panzer an die Ukraine

Lesezeit: 3 min
24.01.2023 22:03
Insidern zufolge hat die Bundesregierung entschieden, Kampfpanzer aus deutscher Produktion vom Typ Leopard an die Ukraine zu liefern und liefern zu lassen.
Nun doch: Deutschland liefert Leopard-Panzer an die Ukraine
Die Ukraine erhält von Deutschland und verbündeten Staaten Leopard-2-Panzer. (Foto: dpa)
Foto: Michael Kappeler

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  
Politik  
Ukraine  
USA  

Deutschland liefert Insidern zufolge den Kampfpanzer Leopard an die Ukraine. Dies erfuhr die Nachrichtenagentur Reuters am Dienstagabend von zwei mit dem Vorgang vertrauten Personen. Zuerst hatte das Magazin "Spiegel" ohne Angaben von Quellen von der Entscheidung berichtet. Demnach geht es um mindestens eine Kompanie Leopard 2A6. Diese umfasst üblicherweise 14 Panzer. Zudem wolle die Bundesregierung Verbündeten genehmigen, solche Panzer aus ihren Beständen der Ukraine zur Verfügung stellen zu dürfen. Weder ein Regierungssprecher noch das Außen- oder Verteidigungsministerium wollten sich äußern.

In einer ersten Reaktion schrieb der ukrainische Regierungsvertreter Andrii Jermak auf Telegram, "einige hundert Panzer" und "die besten Panzer-Besatzungen der Welt" aus der Ukraine würden zur "echten Faust gegen die Autokratie aus dem Sumpf" werden. Bundeskanzler Olaf Scholz dürfte einem Medienbericht zufolge die geplante Lieferung am Mittwoch bekanntgeben. Das Magazin "Politico" beruft sich auf einen nicht näher bezeichneten Regierungsvertreter.

Das Zögern von Scholz bei der Entscheidung über den Leopard hatte in der Ampel-Koalition zu Differenzen geführt. FDP-Fraktionschef Christian Dürr erklärte am Dienstagabend gegenüber dem Nachrichtenportal t-online: "Der Bundeskanzler hat heute eine Entscheidung getroffen, die niemand auf die leichte Schulter genommen hat."

Die Vizepräsidentin des Deutschen Bundestages, Katrin Göring-Eckardt (Grüne), schrieb auf Twitter: "The Leopard's freed!" (Der Leopard ist freigelassen worden). "Jetzt kann er hoffentlich schnell der Ukraine bei ihrem Kampf gegen den russischen Angriff und für die Freiheit der Ukraine und Europas helfen."

Der Druck auf Deutschland, sich bezüglich der Lieferung von Kampfpanzern an die Ukraine zu positionieren, war in den vergangenen Tagen gestiegen. Ein offizieller Antrag Polens zur Weitergabe von Leopard-Panzern lag der Bundesregierung am Dienstag vor. Sie sagte zu, schnell entscheiden zu wollen. Zudem hieß es aus US-Regierungskreisen, dass die USA nun doch Abrams-Kampfpanzer in die Ukraine schicken könnten.

Scholz hatte mehrfach betont, dass er ein eng abgestimmtes transatlantisches Vorgehen bei der Lieferung einer neuen Waffengattung wie Kampfpanzer möchte. Eine Zusage aus Washington könnte nach Angaben aus Regierungskreisen, die Entscheidung im Bundessicherheitsrat, der das Sagen über Rüstungsexporte hat, beschleunigen.

Die USA waren eigentlich dagegen, Abrams zur Verfügung zu stellen. Der Panzer sei kompliziert, teuer und benötige aufwendiges Training, lautete die Begründung. Das US-Verteidigungsministerium war für eine Stellungnahme zunächst nicht zu erreichen. Das "Wall Street Journal" berichtete, die Änderung der US-Position folge auf ein Telefonat zwischen Präsident Joe Biden und Scholz am 17. Januar. In diesem habe sich Biden bereiterklärt, die Lieferung der Abrams-Panzer entgegen der Ansichten des Pentagons zu prüfen. In deutschen Regierungskreisen wurde dies zunächst bestätigt.

POLEN PRESCHT VOR

Polen hatte erklärt, Kiew mit 14 Kampfpanzern aus eigenen Beständen unterstützen zu wollen - allerdings nur als Teil einer Allianz westlicher Staaten. Da der Leopard aus deutscher Produktion stammt, ist eine Zustimmung der Bundesregierung erforderlich, bevor Polen seine Panzer an die Ukraine abgeben kann. Der polnische Ministerpräsident Mateusz Morawiecki kündigte an, bei der EU um Entschädigung für die Lieferung der Panzer anzufragen. Polen hatte sie vor Jahren von Deutschland erhalten.

Die Ukraine dringt schon länger darauf, schwere Waffen zu bekommen. Auch Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg sprach sich dafür aus. "In diesem entscheidenden Moment des Krieges müssen wir der Ukraine schwerere und fortschrittlichere Systeme zur Verfügung stellen, und zwar schneller", sagte er nach einem Treffen mit Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius in Berlin.

Der Vorsitzende des Europaausschusses im Bundestag, Anton Hofreiter, begrüßt die Entscheidung für die Lieferung deutscher Kampfpanzer an die Ukraine. Sie sei richtig, sagt der Grünen-Politiker der "Rheinischen Post". Ziel sei es, die Verteidigungsfähigkeit der Ukraine zu erhöhen und ihr zu ermöglichen, besetzte Gebiete zu befreien. Putin halte den Westen immer noch für schwach und gehe davon aus, den Krieg zu gewinnen. Erst wenn Russland erkenne, dass es sich dabei um einen Irrtum handele, gebe es eine Chance, den Krieg zu beenden. Es wäre für Europa besser gewesen, wenn die Entscheidung schneller gefallen wäre. "Aber besser spät als zu spät." (Reuters)


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Panorama
Panorama Halbzeit Urlaub bei ROBINSON

Wie wäre es mit einem grandiosen Urlaub im Juni? Zur Halbzeit des Jahres einfach mal durchatmen und an einem Ort sein, wo dich ein...

DWN
Technologie
Technologie Der Chefredakteur kommentiert: Kleiner Blackout - kein neuer Strom mehr in Oranienburg! Echt jetzt?
19.04.2024

Liebe Leserinnen und Leser, jede Woche gibt es ein Thema, das uns in der DWN-Redaktion besonders beschäftigt und das wir oft auch...

DWN
Politik
Politik Forsa-Zahlen: Die Grünen unterliegen den Fliehkräften der Abwärtsspirale
19.04.2024

Und schon wieder eine Etage tiefer. Der Sog verstärkt sich und zieht die Partei Bündnis 90/Grüne immer weiter hinab in der Wählergunst....

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft G7-Außenministertreffen: Israel-Iran Konflikt überschattet Agenda
19.04.2024

Nach israelischem Angriff auf Iran: G7-Außenministertreffen auf Capri ändert Agenda. Diskussionen zu China und Cyber-Sicherheit werden...

DWN
Technologie
Technologie Sehnsuchtsort Mond – Wettlauf um Macht und Rohstoffe
19.04.2024

Forscher, Technologiefirmen und ganze Staaten streben nach neuen galaktischen Ufern. Der Mond lockt mit wertvollen Rohstoffen und dient...

DWN
Politik
Politik Ukraine-Krieg: So ist die Lage
19.04.2024

Ukraines Präsident, Wolodymyr Selenskyj, dankt Deutschland für die Unterstützung. Die Außenminister beider Länder, Baerbock und...

DWN
Immobilien
Immobilien Wie viel Immobilie kann ich mir 2024 leisten?
19.04.2024

Wie günstig ist die aktuelle Marktsituation für den Erwerb einer Immobilie? Auf welche Haupt-Faktoren sollten Kaufinteressenten momentan...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Trotz Exportbeschränkungen: Deutsche Ausfuhren in den Iran gestiegen
19.04.2024

Deutsche Exporte in den Iran trotzen geopolitischen Spannungen: Anstieg trotz EU- und US-Sanktionen. Welche Kritikpunkte gibt es in diesem...

DWN
Technologie
Technologie Turbulenzen bei Tesla: Stellenabbau und düstere Prognosen für 2024
19.04.2024

Nach einem Stellenabbau bei Tesla prognostizieren Experten ein „Durchhänger-Jahr“ für Elektromobilität 2024, während Tesla auf...