Finanzen

China ist passé: US-Investment-Firmen nehmen Kurs auf Europa

Lesezeit: 2 min
30.01.2023 13:49  Aktualisiert: 30.01.2023 13:49
US-Investmentmanager stellen in großem Stil neue Mitarbeiter in Europa ein, um ihre Aktivitäten dort auszubauen. Einige Märkte sind besonders attraktiv.
China ist passé: US-Investment-Firmen nehmen Kurs auf Europa
Im ruhig dahinfließenden Main (unten) spiegeln sich vor Sonnenaufgang die Wohngebäude und Bürohochhäuser den Bankenmetropole Frankfurt. (Foto: dpa)

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Führende US-Investmentfirmen planen den Ausbau ihrer Büros in Europa, sowie eine Einstellungswelle – hauptsächlich in Deutschland, Österreich, der Schweiz und in Großbritannien. Chinas scharfe Anti-Covid-Maßnahmen und zunehmende geopolitische Spannungen sind die Hauptgründe, wieso die Konzerne ihr Wachstum in Europa verstärken wollen.

Noch ein Grund, wieso US-Investmentfirmen Europa im Blick haben, ist der europäische Fokus auf nachhaltige Investitionen. Zusätzlich zu den wachsenden Wohlstandsmärkten in den obengenannten Ländern, konzentrieren sich US-Konzerne wie Capital Group, JPMorgan Asset Management, T Rowe Price und BlackRock auch auf verschiedene nordische Märkte.

„Chinas Anti-Covid-Maßnahmen, die Spannungen zwischen Peking und Washington und der Fokus Europas auf nachhaltige Investitionen sind wie ein 1-2-3 Schlag,“ kommentierte Jonathan Doolan, Partner bei der Beratungsfirma Indefi. „Viele Unternehmen, die bisher eine globale Präsenz hatten, beginnen Europa jetzt neu zu betrachten“, sagte Doolan der Financial Times. Saker Nusseibeh, Vorstandsvorsitzender bei US-Investitionsmanager Federated Hermes, betonte, dass Europa einer der größten institutionellen und Großhandelsmärkte außerhalb der USA ist, und daher sehr „attraktiv“.

Organisches Wachstum oder kleinere Übernahmen

Während regionale Konkurrenten spezialisierte lokale Produkte anbieten, glauben US-Firmen, sie hätten einen Vorteil, weil sie Zugang zu globalen Strategien verkaufen können, berichtet die Financial Times. Bis vor kurzem haben amerikanische Firmen, die expandieren wollten, große Summen dafür bezahlt.

So zum Beispiel kaufte BlackRock im Jahr 2009 die Investmentsparte BGI von Barclays für 13,5 Milliarden US-Dollar und Goldman Sachs Asset Management hat im Jahr 2021 die niederländische Investitionsfirma NN Investments für 1,9 Milliarden US-Dollar übernommen. Die Hauptmotivation für Goldman Sachs war es, die Vermögensverwaltungspräsenz der Firma in Europa auszubauen, sowie verschiedene Fähigkeiten im Bereich nachhaltiger Anlagen zu erweitern.

Laut Doolan wird jetzt aber anerkannt, dass „vieles organisch oder durch kleinere Übernahmen erfolgen muss.“ Um sich zu verstärken, kündigte Vermögensverwaltungsgesellschaft PGIM im Dezember zwei hochrangige Stellenbesetzungen in London an, während Finanzdienstleistungsriese T Rowe Price seine europäische Niederlassung von etwa 300 Mitarbeitern im Jahr 2012 auf mehr als 1,000 ausgebaut hat. Vermögensverwaltungsfirma Pimco wird Anfang 2023 das erstes Büro in Frankreich eröffnen.

Robert Higginbotham, Leiter des globalen Vertriebs bei T Rowe Price, sagte, Deutschland und Spanien seien besonders profitable Märkte. „Wir sind seit 22 Jahren auf dem Markt, aber wir wissen, dass wir in den meisten Märkten nicht zu den fünf wichtigsten Anbietern gehören. Unser Plan ist es, dort, wo wir bereits etabliert sind, noch stärker zu werden. Es geht eher darum, mehr in die Tiefe als in die Breite zu gehen“, so Higginbotham.

US-Banken bereiten sich auf massiven Stellenabbau vor

Mitte Januar kündigten verschiedene große US-Banken an, dass sie sich auf den größten Personalabbau seit der globalen Finanzkrise vorbereiten, nachdem die Investmentbanking-Erträge eingebrochen sind. Credit Suisse, Goldman Sachs, Morgan Stanley und die Bank of New York Mellon sagten, sie hätten in den letzten Monaten begonnen, mehr als 15.000 Stellen abzubauen. Branchen-Experten gehen davon aus, dass weitere Banken in Kürze folgen werden.

„Wir sehen Warnschüsse aus den USA,“ sagte Thomas Hallett, Analyst bei Investmentbanking-Firma Keefe, Bruyette & Woods der Financial Times. „Anleger wollen sehen, dass das Management auf Kosten achtet und ein vernünftiges Renditeprofil beibehält. Die Europäer werden eher dazu neigen, den US-Banken folgen,“ so Hallett.

Co-Leiterin des globalen Bankwesens bei Moody‘s, Ana Arsov, rechnet damit, dass der Stellenabbau weniger stark ausfallen wird als während der Finanzkrise, aber stärker als nach dem Dotcom-Crash im Jahr 2000. „Es ist ein Nachholen der normalen Entlassungen bei den Banken, die in den letzten Jahren auf Eis gelegt wurden“, sagte Arsov. „Wir erwarten, dass es auch in den europäischen Franchiseunternehmen zu Kürzungen kommen wird, aber nicht so stark wie bei den US-Banken.“


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Panorama
Panorama Kostenloses Experten-Webinar: Die Zukunft der personalisierten Medizin aus der Cloud - und wie Sie davon profitieren

Eine individuelle Behandlung für jeden einzelnen Menschen - dieser Traum könnte nun Wirklichkeit werden. Bei der personalisierten Medizin...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft LNG: EU-Sanktionen bedrohen Russlands Energiegeschäfte
07.05.2024

Russland steht vor möglichen schmerzhaften EU-Sanktionen im Zusammenhang mit seinen Geschäften im Bereich Flüssigerdgas (LNG). Die...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Freie Lehrstellen erreichen kritisches Niveau: Was Unternehmen jetzt tun müssen
07.05.2024

Der Lehrstellenmangel verschärft sich: Demografischer Wandel und veränderte Berufspräferenzen der Generation Z führen zu einem...

DWN
Politik
Politik Erbschaftssteuer: Droht durch Klage Bayerns ein Wettbewerb der Länder beim Steuersatz?
07.05.2024

In Karlsruhe wird es diesen Sommer mal wieder um den Dauerbrenner Erbschaftssteuer gehen. Schon zweimal hat das Verfassungsgericht von der...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Investitionsschreck Deutschland: Internationale Investoren meiden deutsche Projekte
07.05.2024

Ausländische Unternehmen haben im vergangenen Jahr immer weniger in Deutschland investiert. Die Anzahl der Projekte ausländischer...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Nachlassende Nachfrage: Deutsche Industrie verzeichnet erneut weniger Aufträge
07.05.2024

Trotz einer vielversprechenden Entwicklung im März kämpfen Deutschlands Exporteure nach wie vor mit erheblichen Schwierigkeiten.

DWN
Finanzen
Finanzen Der DWN-Marktreport: US-Arbeitsmarktdaten lassen erneut Zinssenkungsfantasie aufkommen
07.05.2024

Die internationalen Finanz- und Rohstoffmärkte verbleiben im Spannungsfeld wechselnder Indikatoren hinsichtlich des zukünftigen Zinspfads...

DWN
Politik
Politik Israels Armee nähert sich dem Grenzübergang von Rafah
07.05.2024

Israels Regierung bleibt bei der geplanten umfangreichen Offensive gegen Rafah bestehen, während die Hamas einer Waffenruhe zustimmt -...

DWN
Immobilien
Immobilien Gesundheitsimmobilien: Investmentmarkt stolpert – wie sieht die Pipeline weiter aus?
07.05.2024

Nach robustem Transaktionsvolumen in den vergangenen Jahren herrschte auf dem Investmentmarkt für Pflegeheime, Seniorenimmobilien und...