Politik

Ukraine: Selenskyj tauscht Verteidigungsminister aus

Die Ukraine befördert ihren Geheimdienstchef zum neuen Verteidigungsminister. Zuvor hatte Selenskyj bereits eine Reihe hochrangiger Minister ausgetauscht. Begründet wurde dies dem „Kampf gegen Korruption“.
06.02.2023 13:12
Lesezeit: 3 min

Vor einer erwarteten russischen Frühjahrsoffensive befördert der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj einen hochrangigen Militär zum Verteidigungsminister. Militärgeheimdienst-Chef Kyrylo Budanow löse den Zivilisten Olexij Resnikow an der Spitze des Ministeriums ab, teilte der Parlamentsabgeordnete und Selenskyj-Vertraute Dawyd Arachamija am Sonntag mit. Resnikow werde Minister für strategische Industrien. Wann der Wechsel in Kraft tritt, blieb zunächst offen.

„Der Krieg diktiert einen Wechsel der Personalpolitik“, erklärte Arachamija, der die Fraktion von Selenskyjs Partei Diener des Volkes leitet. Für die Sicherheit relevante Ministerien sollten in Kriegszeiten von Personen aus dem Sicherheitsapparat geleitet werden. Während der 56-jährige Resnikow Rechtsanwalt ist, blickt der 37-jährige Budanow auf eine steile militärische Karriere zurück. Der Politiker Resnikow hatte das Amt im November 2021 übernommen, wenige Monate vor der russischen Invasion am 24. Februar 2022.

Großes Stühlerücken in der Ukraine geht weiter

Selenskyj hatte zuletzt bereits eine Reihe hochrangiger Staatsbediensteter ausgewechselt und dies mit Korruptionsvorwürfen begründet. Zu den Aufsehen erregenden Fällen gehörte der eines stellvertretenden Verteidigungsministers, der nach einem von ihm bestrittenen Bericht zurücktrat, wonach sein Ministerium überhöhte Preise für die Truppenverpflegung gezahlt habe. Ressortchef Resnikow hatte Korruption entschieden verurteilt und einen Umbau der Antikorruptionsabteilung seines Ministeriums angekündigt.

Selenskyj sprach am Sonntag von einer schwierigen Lage und erbitterten Kämpfen an der Front im Gebiet Donezk im Osten des Landes. „Aber wie schwierig es auch sein mag und wie groß der Druck dort auch ist, wir müssen aushalten“, sagte Selenskyj in seiner abendlichen Videoansprache. „Wir haben keine Alternative, als uns zu verteidigen und zu gewinnen.“ Russland versuche nun, seine Niederlagen vom vergangenen Jahr wettzumachen.

Ukraine stellt sich auf russische Frühjahrsoffensive ein

Die Ukraine rechnet mit einer möglichen neuen russischen Offensive noch in diesem Monat. Vermutlich werde Russland sie um den Jahrestag des Beginns der Invasion am 24. Februar starten, sagte Resnikow am Sonntag vor dem Bekanntwerden seiner Ablösung. Vom militärischen Standpunkt aus stünden die russischen Reserven dazu allerdings nicht bereit.

„Trotz allem rechnen wir mit einer möglichen russischen Offensive im Februar“, sagte der Minister. „Das ist nur symbolisch, aus militärischer Sicht ist es nicht logisch. Weil nicht alle ihre Ressourcen bereit sind. Aber sie tun es trotzdem.“ Resnikow sagte, Russland werde seine Offensive vermutlich im Osten oder im Süden der Ukraine beginnen.

Im Süden will Russland die Kontrolle über den Landkorridor zur Region Cherson erweitern. Im Osten bemühen sich die russischen Truppen gemeinsam mit Wagner-Söldnern, den gesamten Donbass zu erobern, jenes weitgehend industriell geprägte Gebiet, das die beiden Regionen Donezk und Luhansk bilden. In jüngerer Zeit haben die russischen Streitkräfte dort schrittweise Boden gutgemacht. Sie versuchen seit Wochen, die erbittert umkämpfte Stadt Bachmut zu erobern und ihren Vormarsch nach einer Reihe von Rückschlägen in der zweiten Hälfte des vergangenen Jahres wieder voranzutreiben.

Russland könnte Offensive von Belarus aus starten

Der Gründer und Chef der russischen Wagner-Söldner, Jewgeni Prigoschin, teilte mit, im Norden von Bachmut hielten heftige Kämpfe an. Seine Söldner kämpften „um jede Straße, jedes Haus, jedes Treppenhaus“ gegen ukrainische Truppen, die sich nicht zurückzögen.

Verteidigungsminister Resnikow schätzt, dass Russland rund 12.000 Soldaten in Belarus stationiert hat, das im Norden an die Ukraine grenzt. Diese Truppenstärke reiche aber nicht aus, um einen bedeutenden Angriff von Belarus aus auf die Ukraine zu beginnen und eine neue Front zu eröffnen, sagte er. Bis zum Beginn der erwarteten Offensive seien nicht alle von den westlichen Partnern versprochenen Waffen in der Ukraine eingetroffen, sagte Resnikow weiter.

„Aber wir sind bereit.“ Sein Land verfüge über Reserven, um den russischen Vormarsch zurückzuschlagen. Die von den USA zugesicherten Raketen mit größerer Reichweite werde das ukrainische Militär nicht einsetzen, um russisches Territorium anzugreifen, unterstrich der Verteidigungsminister. Es würden nur russische Ziele in den besetzten Gebieten angegriffen. „Wir schießen nur auf russische Einheiten auf vorübergehend besetztem ukrainischem Territorium.“

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Geldanlage: Mit einem Fondsdepot mehr aus dem eigenen Geld machen

Wer vor zehn Jahren 50.000 Euro in den Weltaktienindex investiert hat, kann sich heute über mehr als 250.000 Euro freuen! Mit der...

DWN
Politik
Politik Bundestagswahl: FDP und BSW laut Hochrechnung im Bundestag - droht erneut eine Dreierkoalition?
23.02.2025

CDU und CSU gehen als klare Sieger aus der Bundestagswahl hervor – für die SPD ist es das schlechteste Ergebnis ihrer Geschichte. Die...

DWN
Politik
Politik Merz triumphiert, Scholz geschwächt: Die Konsequenzen der Wahl
23.02.2025

Deutschland hat entschieden, und es gibt einen klaren Gewinner. Dennoch dürfte die Regierungsbildung herausfordernd werden, da die Zeit...

DWN
Politik
Politik Wie es nach der Bundestagswahl weitergeht
23.02.2025

Nach der Bundestagswahl beginnt die nächste Phase: die Regierungsbildung. Dabei sind zahlreiche Schritte erforderlich, die sich über...

DWN
Politik
Politik Wahlrecht 2025: Kleinerer Bundestag, größere Auswirkungen – Das ändert sich für Wähler und Parteien
23.02.2025

Am Wahltag selbst werden die meisten Wählerinnen und Wähler keinen Unterschied bemerken. Doch hinter den Kulissen verändert sich...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Schweizer Infrastrukturexperte: "Deutschland war lange der Wirtschaftsmotor Europas – das muss wieder so sein"
23.02.2025

Deutschland kämpft mit maroden Brücken, Straßen, Schienen, Strom- und Kommunikationsnetzen. Der Schweizer Infrastrukturexperte Alexander...

DWN
Finanzen
Finanzen ROI: Return on Investment und warum eine hohe Kapitalrendite wichtig ist
23.02.2025

Eine hohe Kapitalrendite entscheidet über den finanziellen Erfolg von Unternehmen und Investoren. Erfahren Sie, warum sie so wichtig ist...

DWN
Finanzen
Finanzen BlackRock: Die unsichtbare Macht eines Finanzgiganten
23.02.2025

BlackRock ist der weltweit größte Vermögensverwalter – doch wie groß ist sein Einfluss wirklich? Buchautor Werner Rügemer erklärt,...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Wirtschaft in der Krise – Welche Pläne haben die Parteien für Deutschland?
23.02.2025

Deutschland steckt in der Wirtschaftskrise – und die Bundestagswahl steht bevor. Wie wollen die Parteien Wachstum fördern, Steuern...