Finanzen

Notenbank: Großbritannien „braucht wahrscheinlich“ digitales Pfund

Lesezeit: 3 min
07.02.2023 14:01  Aktualisiert: 07.02.2023 14:01
Es sei „wahrscheinlich“, dass Großbritannien eine digitale Zentralbankwährung „benötigen wird“, sagen die Bank of England und das britische Finanzministerium.
Notenbank: Großbritannien „braucht wahrscheinlich“ digitales Pfund
Die Bank of England und das britische Finanzministerium treiben das digitale Pfund voran. (Foto: dpa)

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Vor fast zwei Jahre hatte der heutige Premierminister Rishi Sunak, der damals Finanzminister war, eine Arbeitsgruppe eingesetzt, um zu prüfen, ob eine so genannte digitale Zentralbankwährung (CBDC) geschaffen werden sollte. Nun setzten sich Notenbankchef Andrew Bailey und Finanzminister Jeremy Hunt mit Nachdruck dafür ein.

Die Bank of England und das britische Finanzministerium werden diese Woche einen Fahrplan für die Einführung des "digitales Pfunds" vorlegen. Die neue digitale Zentralbankwährung staatlich, die in der britischen Presse als "Britcoin" bezeichnet wird, soll bis 2030 eingeführt werden und vorerst neben dem Bargeld existieren.

"Auf der Grundlage unserer bisherigen Arbeit sind die Bank of England und das britische Finanzministerium der Ansicht, dass ein digitales Pfund in der Zukunft wahrscheinlich benötigt wird", zitiert The Telegraph aus einem Konsultationspapier, das Notenbankchef Bailey und Finanzminister Hunt diese Woche vorlegen werden.

Ein digitale Zentralbankwährung würde einige der Technologien nutzen, die derzeit von Kryptowährungen verwendet werden, diese jedoch an ihre eigenen Bedürfnisse und Möglichkeiten anpassen. Ein entscheidender Unterschied zum heutige Geldsystem bestünde darin, dass die Notenbank einen direkten digitalen Draht zu Bürgern und Unternahmen schaffen könnte, eine Art digitales Bargeld.

Die Bank und das Finanzministerium werden eine viermonatige Konsultation einleiten, in der Unternehmen, Wissenschaftler und die breite Öffentlichkeit aufgefordert werden, ihre Meinung zur Einführung eines digitalen Pfunds zu äußern. Notenbank und Finanzministerium werden in der "Entwurfsphase" des Projekts zunächst einen Plan entwickeln, wie ein digitales Pfund aufgebaut und verwendet werden könnte.

Es wird erwartet, dass die Schaffung der Zentralbankwährung mehrere Jahre in Anspruch nehmen wird. Beamte haben das Jahr 2025 als frühestes Datum genannt, an dem die Bank mit dem Bau und dem Testen eines Prototyps beginnen könnte. Bis dahin wird keine Entscheidung darüber erwartet, ob ein digitales Pfund eingeführt werden soll.

Während der Corona-Pandemie hat sich die Verwendung von Debit- und Kreditkarten als Zahlungsmittel für alltägliche Dinge in Großbritannien stark beschleunigt, während die Verwendung von Bargeld von mehr als 50 Prozent aller Transaktionen vor zehn Jahren auf heute nur noch etwa 15 Prozent zurückgegangen ist.

Künftig sollen Verbraucher über ein Smartphone oder eine Karte auf das digitale Bargeld zugreifen, wobei die dazu verwendeten Apps in ähnlicher Weise reguliert würden wie heute die Banken. Die Notenbank sagt, dass ein digitales Pfund dazu beitragen würde, den Wettbewerb zu fördern, indem sichergestellt wird, dass kein privates Unternehmen den Markt beherrscht.

Allerdings sagte Mervyn King, der ehemalige Gouverneur der Bank of England, in der vergangenen Woche, dass die Einführung einer digitalen Zentralbankwährung "Risiken, aber keine offensichtlichen Vorteile" biete. Er warnte davor, etwas zu schaffen, das die Öffentlichkeit nicht braucht, nur weil es den "sexy Namen einer digitalen Währung" trägt.

"Bei CBDCs geht es um Möglichkeiten, Zahlungen zu tätigen. Nicht um eine neue Währung", sagte Lord King. "Ob ein Land eine CBDC braucht, hängt also wirklich vom Zustand seines derzeitigen Zahlungssystems ab." Er wies darauf hin, dass die meisten Transaktionen bereits digital seien und vom derzeitigen System der Geschäftsbanken gut bedient würden.

In einem Bericht des Wirtschaftsausschusses des britischen Oberhauses wird davor gewarnt, dass die Einführung eines digitalen Pfunds zu einer stärkeren "staatlichen Überwachung der Ausgabenentscheidungen der Bürger" oder sogar zu "finanzieller Instabilität führen könnte, da die Menschen in Zeiten wirtschaftlicher Anspannung Bankeinlagen in CBDC umwandeln".

Bank und das Finanzministerium betonen, dass persönliche Daten "weder der Regierung noch der Bank of England bekannt sein werden", wobei die Digitalwährung die gleiche Privatsphäre "wie das meiste von uns verwendete Geld" bieten soll. Sie räumen aber auch ein, dass die Behörden unter Umständen Zugang zu den Nutzerdaten erhalten würden, wie es auch heute für die derzeitigen Finanzdienstleistungen gelte.

Ende Januar hatte das britische Finanzministerium auf LinkedIn eine offene Stelle für einen "Head of Central Bank Digital Currency" ausgeschrieben hatte. In der Stellenbeschreibung wurde die Funktion als "wichtig, komplex und bereichsübergreifend" beschrieben, die ein "umfassendes Engagement innerhalb und außerhalb des Finanzministeriums" erfordert.

Das digitale Pfund ist nur eine von vielen Zentralbankwährungen, die in den kommenden Jahren weltweit eingeführt werden sollen. Auch die Europäische Zentralbank diskutiert die Zukunft eines digitalen Euro. In den USA hat die Federal Reserve ebenfalls einen digitalen Dollar entwickeln lassen, der einsatzbereit ist, falls der richtige Zeitpunkt dafür kommen sollte.


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