Deutschland

Keine Tarif-Einigung: Bei der Post droht unbefristeter Streik

Die hohe Inflation hat bei der Post einen massiven Streit um die Löhne verursacht. Die Geduld der Kunden und die Zukunft des Geschäfts stehen auf dem Spiel.
10.02.2023 20:48
Lesezeit: 2 min
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Den Verbrauchern in Deutschland drohen massive Verspätungen bei Briefen und Paketen: Die Gewerkschaft Verdi hat die Tarifgespräche mit der Deutschen Post am Freitag für gescheitert erklärt. "Das von den Arbeitgebern vorgelegte Angebot ist weit von unseren Forderungen entfernt", erklärte Verdi-Verhandlungsleiterin Andrea Kocsis nach der dritten Verhandlungsrunde in Düsseldorf.

Die Tarifkommission der Gewerkschaft will nun eine Urabstimmung über einen Arbeitskampf einleiten. Sie empfiehlt den Mitgliedern die Ablehnung des Post-Angebots. Der Konzern reagierte mit Unverständnis auf das Vorgehen der Gewerkschaft. Seine Offerte habe etwa vorgesehen, dass alle Tarifbeschäftigten rückwirkend ab dem 1. Januar über zwei Jahre die steuerfreie Inflationsausgleichsprämie in Höhe von 3000 Euro erhalten.

Die Gewerkschaft warf dem Bonner Konzern vor, er sei nicht bereit, Reallohneinbußen der Beschäftigten durch die hohe Inflation auszugleichen. "Insbesondere die lange Laufzeit von 24 Monaten und die geringe Entgelterhöhung im Jahr 2024 erhöht das Risiko weiterer Reallohnverluste", sagte Kocsis. Die Beschäftigten sollen nun darüber entscheiden, ob sie das Angebot der Post ablehnen - mit der Konsequenz eines Arbeitskampfs.

Verdi fordert mit Hinweis auf die hohe Inflation 15 Prozent mehr Lohn für die rund 160.000 Tarifbeschäftigten des Konzerns bei einer Laufzeit von einem Jahr. Die Gewerkschaft hatte dies bereits mit massiven Warnstreiks unterstrichen, an denen sich Verdi zufolge seit Mitte Februar knapp 100.000 Beschäftigte beteiligt hatten.

Bei den Gesprächen in Düsseldorf hatte der Konzern nach eigenen Angaben ein Paket auf den Tisch gelegt, das in der Spitze Lohnerhöhungen von bis zu 20,3 Prozent bei einer Laufzeit von zwei Jahren bedeutet hätte. "Verdi hat eine historische Chance verspielt, die Zukunft der Deutsche Post in Deutschland zu sichern", sagte Post-Personalvorstand Thomas Ogilvie. Seine Offerte an Verdi umfasste neben der von der Bundesregierung ermöglichten steuerfreien Inflationsausgleichsprämie eine Erhöhung aller tariflichen Entgelte um insgesamt 340 Euro pro Monat in zwei Stufen ab Anfang 2024 vor. Dies entspreche einem Einkommenszuwachs von insgesamt 4420 Euro pro Jahr. Dieses Angebot stelle einen in der Geschichte der Deutsche Post "noch nie dagewesenen Steigerungsumfang dar".

"Wir sind mit diesem Angebot an die Grenze des finanziell Machbaren gegangen", betonte Ogilvie. Es sei "nicht nachvollziehbar, dass die Gewerkschaft die Zukunft des Brief- und Paketgeschäftes und damit auch viele Arbeitsplätze aufs Spiel setzt". Die Gewerkschaft müsse diese Entwicklung nun stoppen, appellierte er an Verdi.

Die Post und Verdi hatten sich zuletzt im September 2020 auf Lohnerhöhungen verständigt. Die Einigung sah damals bei einer Laufzeit von 28 Monaten unter anderem vor, dass Löhne und Gehälter zum 1. Januar 2021 um drei Prozent und am 1. Januar 2022 noch einmal um zwei Prozent stiegen.

Die rund um den Globus aktive Deutsche Post, die weltweit rund 590.000 Menschen beschäftigt, fährt den Löwenanteil ihrer Gewinne längst außerhalb des traditionellen Briefgeschäfts in der Bundesrepublik ein. Insgesamt hatte der Konzern für 2022 einen operativen Rekord-Gewinn (Ebit) von 8,4 Milliarden Euro in Aussicht gestellt, das Brief- und Paketgeschäft in Deutschland soll dazu rund 1,35 Milliarden Euro beitragen.

Beim Brief kämpft die Post mit sinkenden Sendungsmengen und schrumpfenden Erträgen bei steigenden Kosten. Zudem häuften sich zuletzt Beschwerden von Kunden. An der Preisschraube können die Bonner aber vorerst nicht drehen. Denn das Porto etwa für den Standardbrief von derzeit 0,85 Euro ist vom Regulierer Bundesnetzagentur planmäßig bis Ende 2024 festgeschrieben. Kostensteigerungen könnten nicht einfach an Kunden weitergereicht werden, hatte die Post betont. Die Teuerungsrate in Deutschland lag im vergangenen Jahr im Mittel bei 7,9 Prozent. (Reuters)

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