Deutschland

Letzter SED-Regierungschef Hans Modrow gestorben

Lesezeit: 1 min
11.02.2023 11:02  Aktualisiert: 11.02.2023 11:02
Hans Modrow ist tot. Ende 1989 wurde er zum Vorsitzenden des DDR-Ministerrats gewählt, doch nach den Wahlen fünf Monate später musste er wieder abtreten.
Letzter SED-Regierungschef Hans Modrow gestorben
DDR-Ministerpräsident Hans Modrow Bundeskanzler Helmut Kohl am 22.12.1989 am Brandenburger Tor. Nun sind beide tot. (Foto: dpa)

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Der letzte DDR-Ministerpräsident der Staatspartei SED, Hans Modrow, ist tot. Er starb in der Nacht zum Samstag im Alter von 95 Jahren, wie die Linke im Bundestag mitteilte. «Damit verliert unsere Partei eine bedeutende Persönlichkeit», erklärten der Fraktionsvorsitzende Dietmar Bartsch und der frühere Fraktionschef Gregor Gysi. Von November 1989 bis April 1990 lenkte Modrow die Geschicke der DDR. Er verhandelte nach dem Fall der Mauer die ersten Annäherungsschritte mit der Bundesregierung.

Der langjährige SED-Funktionär und spätere PDS- und Linke-Politiker galt als überzeugter Sozialist, der sich zu DDR-Zeiten ein kleines Stück kritische Distanz zur allmächtigen SED bewahrt hatte. In den 1970er Jahren wurde Modrow deshalb aus der Machtzentrale Berlin weg als 1. Bezirkssekretär in die Provinz nach Dresden geschickt. Nach dem Fall der Mauer qualifizierte ihn das für Führungsaufgaben in der sich erneuernden SED. Nur vier Tage danach wurde Modrow am 13. November 1989 zum Vorsitzenden des Ministerrates der DDR als Nachfolger von Willi Stoph gewählt - für rund 150 Tage.

Bei den ersten freien Volkskammerwahlen am 18. März 1990 verlor die SED-PDS die Macht und Modrow einen Monat später sein Amt. Ihm folgte als letzter Ministerpräsident der DDR bis zur Wiedervereinigung der CDU-Politiker Lothar de Maizière.

In seiner fünfmonatigen Amtszeit versuchte Modrow mit seinem Drei-Stufen-Plan noch, ein Stück DDR zu retten. Als Preis für die deutsche Einheit forderte er eine militärische Neutralität des neuen Staates. Im März 1990 gründete seine Regierung die Treuhandanstalt, die den Übergang von der Plan- in die Marktwirtschaft organisieren sollte. Mit dem sogenannten Modrow-Gesetz ermöglichte der DDR-Ministerpräsident zahlreichen Haus- und Hof-Besitzern, die Grundstücke, auf denen ihre Häuser standen und die oft nach dem Krieg enteignet worden waren, sehr preiswert zu kaufen.

«Der gesamte friedliche Verlauf der Herstellung der Deutschen Einheit war gerade ein besonderes Verdienst von ihm. Das wird sein politisches Vermächtnis bleiben», schrieben Bartsch und Gysi in ihrem Nachruf.

Nach der Wiedervereinigung saß Modrow von 1990 bis 1994 für die PDS im Deutschen Bundestag und vertrat sie von 1999 bis 2004 im Europaparlament. Den neuen Staat sah der Sozialist durchaus kritisch. Zu schnell sei die deutsche Einheit vollzogen worden, zu bedingungslos sei die DDR untergegangen, und zu einseitig sei sie als «Unrechtsstaat» verdammt worden, rügte Modrow in vielen Interviews. Als Mann der alten Garde trauerte er den einstigen kommunistischen Idealen der DDR hinterher.

Bis ins hohe Alter beriet er die Linke als Vorsitzender deren Ältestenrats. Er machte dabei deutlich, dass er sich als früherer Ministerpräsident «weiter in Verantwortung auch den ehemaligen DDR-Bürgern gegenüber» sehe.


Mehr zum Thema:  

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft EU-Austritt Deutschlands: Ist „Dexit“ der Weg in die Katastrophe?
23.05.2024

Seit dem Brexit-Referendum wird in Deutschland immer wieder über einen möglichen EU-Austritt, den „Dexit“, diskutiert. Eine aktuelle...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Grenzziehung: Russlands Planspiele sorgen für Besorgnis bei Nachbarn
22.05.2024

Ein russisches Gesetzesprojekt zur Neubestimmung der Ostsee-Grenzen sorgt für Aufregung bei Nachbarländern. Litauen spricht von...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Handelskonflikt mit USA und EU heizt sich auf: China erwägt höhere Import-Zölle auf Verbrenner
22.05.2024

Der Handelskonflikt zwischen den USA und China eskaliert weiter und erfasst nun auch europäische Autobauer, die gar keine E-Autos...

DWN
Finanzen
Finanzen Bundesbank: Konjunkturaussichten hellen sich langsam auf
22.05.2024

Die deutsche Wirtschaft scheint das Gröbste überstanden zu haben. Nach einem leichten Wachstum zu Jahresbeginn dürfte die Konjunktur...

DWN
Politik
Politik Lehrerverband will Islamunterricht: Lösung für bessere Integration oder Anbiederung?
22.05.2024

Gut 1,6 Millionen Schüler moslemischen Glaubens besuchen mittlerweile Deutschlands Schulen. Für sie wünscht sich der Präsident des...

DWN
Immobilien
Immobilien Bessere Laune im Bausektor, aber Auftragsmangel immer noch zentrales Problem
22.05.2024

Auf dem ZIA-Finance Day letzte Woche ging es - unter anderen Schlüsselthemen - um die sich stabilisierende makroökonomische Lage in...

DWN
Finanzen
Finanzen Der DWN-Marktreport: Börsen im Rally-Modus – Aktienmärkte erreichen Allzeithochs, Metalle glänzen
22.05.2024

Die vergangene Woche konnte sich sehen lassen: Die internationalen Finanz- und Rohstoffmärkte warteten mit beeindruckenden Preisbewegungen...

DWN
Politik
Politik Erleichterungen für Hausarztpraxen im Fokus
22.05.2024

Das Bundeskabinett befasst sich mit einer stärkeren Absicherung der Gesundheitsversorgung für Patientinnen und Patienten - besonders in...