Ratgeber

12 Prozent mehr Steuern: Wie Silber-Anleger reagieren können

Münzbarren und viele Silbermünzen sind auf einen Schlag um 12 Prozent teurer geworden. Welche Alternativen haben Privatanleger?
Autor
19.02.2023 00:05
Aktualisiert: 19.02.2023 00:05
Lesezeit: 4 min
12 Prozent mehr Steuern: Wie Silber-Anleger reagieren können
Silber entwickelte sich im vergangenen Jahr auf Eurobasis etwas besser als Gold. (Foto: iStock.com/Olivier Le Moal) Foto: Olivier Le Moal

Die Nachricht war ein Schock für Silber-Fans: Das Bundesfinanzministerium änderte im Herbst über Nacht die Besteuerung von Anlagesilber. Bislang fielen auf viele Silbermünzen und -münzbarren bloß Steuern von circa 7 Prozent an. Nun müssen Käufer den vollen Mehrwertsteuersatz von 19 Prozent zahlen.

Für viele ist Silber seither unattraktiv geworden. Etwa berichtet der Edelmetallhändler Tim Schieferstein in einem Youtube-Video, die Verkäufe von Silbermünzen seien um rund 30 Prozent eingebrochen. Teils habe sich die Nachfrage zu den Silberbarren verschoben, „aber insbesondere Gold hat davon profitiert“, erklärt Schieferstein weiter.

Der Vermögensberater Rainer Beckmann von der ficon Vermögensmanagement rät dennoch nicht komplett von Münzen und Barren ab. Der Kauf lohne vor allem für diejenigen, „die das Silber selbst in der Hand haben und gegebenfalls kleinteilig verkaufen wollen“, erklärt er auf DWN-Anfrage. Allen anderen rät er zu einem Silber-ETC.

Hoher Verlust durch Mehrwertsteuer

Eine grobe Kostenrechnung veranschaulicht das Dilemma der Silber-Anleger: Wer für 10.000 Euro Silbermünzen oder -barren kauft und 20 Jahre lang hält, käme bei einer durchschnittlichen inflationsbereinigten Jahresrendite von 2 Prozent auf ein Vermögen von 12.036 Euro.

Kosten für Safe und Versicherung sowie Auf- und Abschläge beim Kauf und Verkauf sind dabei nicht eingerechnet. Die Kursgewinne sind zwar steuerfrei, aber 1900 Euro Mehrwertsteuer verliert der Anleger direkt beim Kauf.

Bei einem Silber-ETC oder -ETF bleiben nach 20 Jahren fast 1000 Euro mehr übrig: Insgesamt wären es bei einer angenommenen Gesamtkostenquote (TER) von 0,6 Prozent 13.004 Euro. Dabei sind 0,6 Prozent eher eine Obergrenze – manche ETCs haben eine TER von 0,2 Prozent und manche ETFs liegen bei 0,4 Prozent.

Abgeltungssteuer und Solidaritätszuschlag von insgesamt 26,375 Prozent sind dabei eingerechnet. Weitere Annahmen sind: Keine Teilfreistellung, ein Sparerpauschbetrag von 1000 Euro, ein Basiszins von einem Prozent und keine Kirchenmitgliedschaft. Verwahrgebühren und Auf- und Abschläge beim Kauf und Verkauf sind wie beim physischen Silber nicht berücksichtigt.

Ein ETC („exchange traded commodity“, zu deutsch börsengehandelter Rohstoff) ist eine Inhaberschuldverschreibung. Der Käufer wird also nicht zum Eigentümer von Barren oder Münzen, sondern hält nur ein Zahlungsversprechen des ETC-Anbieters. Geht der Anbieter pleite, fließen etwaige Silberbestände, mit denen das Wertpapier besichert ist, in die Insolvenzmasse des Unternehmens. Anleger können das investierte Geld teilweise oder ganz verlieren.

Fünf Silber-ETCs in Deutschland

In Deutschland sind insgesamt fünf Silber-ETCs zugelassen. Diese bilden den Kassapreis von Silber auf US-Dollarbasis ab und sind mit physischen Edelmetallbeständen besichert. Doch im Gegensatz zu Gold-ETCs wie etwa Xetra Gold sind die Kursgewinne nicht steuerfrei. Keiner der fünf Silber-ETCs liefert nämlich die physischen Silberbestände auf Wunsch an Privatanleger aus, wie DWN-Recherchen ergeben. Deswegen fallen Abgeltungssteuer und Solidaritätszuschlag von 26,375 Prozent plus Kirchensteuer an.

Etwa bestätigt der Anbieter xtrackers auf Anfrage, eine Auslieferung sei nicht möglich. „Daher bleiben leider auch Kursgewinne nicht steuerfrei, sondern unterliegen (in Deutschland) der Kapitalertragsteuer.“ Auch der Anbieter ishares erklärt, eine Auslieferung sei bloß bei sogenannten zugelassenen Anlegern möglich. Diese seien aber in der Regel Banken, professionelle Wertpapierhändler und andere institutionelle Anleger.

Bei ETFs zählen Silberbestände als Sondervermögen und fließen somit nicht in die Insolvenzmasse. Allerdings sind in der EU reine Silber-ETFs, die bloß in physisches Silber investieren, verboten. Anleger müssten daher im Nicht-EU-Ausland ein Depot eröffnen, zum Beispiel in der Schweiz, um entsprechende ETFs zu kaufen.

Reine Silber-ETFs sind etwa der ZKB Silver ETF (CH0183135992) der Zürcher Kantonalbank und der UBS ETF Silver (CH0118929048). Beide Fonds verwalten eine Silbervermögen von über 150 Millionen Euro. Die Barren lagern in Hochsicherheitstresoren in der Schweiz. Beim UBS-ETF beträgt die TER 0,45 Prozent. Der Fonds der Zürcher Kantonalbank ist etwas teurer mit 0,6 Prozent.

Sachauszahlung ist möglich

Anleger können die ETF-Anteile auch gegen Silberbarren umtauschen. Beide Banken verpflichten sich in den Verkaufsprospekten, die Barren innerhalb von zehn Bankarbeitstagen am Sitz in Zürich auszuhändigen. Dabei gibt die Zürcher Kantonalbank 30-Kilogramm-Barren heraus, während die UBS handelsübliche Einheiten zwischen 23 und 34 Kilogramm ausreicht. Bei Sachauszahlung wird die Schweizer Mehrwertsteuer auf Silber von 7,7 Prozent fällig.

Allerdings dürfte die Sachauszahlung für deutsche Anleger wenig attraktiv sein. Bei Grenzübertritt nach Deutschland würde nämlich die Einfuhrumsatzsteuer von 19 Prozent fällig und der Anleger müsste sich die 7,7 Prozent von den Schweizer Behörden zurückholen, was Aufwand und zusätzliche Kosten bedeutet.

Eine weitere Option sind Zollfreilager bei spezialisierten Anbietern. Hier sind Kursgewinne im Gegensatz zu den ETFs und ETCs steuerfrei, weil es sich rechtlich gesehen um einen Verwahrvertrag handelt. Der Anleger bleibt also Eigentümer des Silbers.

Allerdings gibt es häufig Mindestanlagesummen. Etwa müssen Privatanleger bei der Degussa mindestens Edelmetalle im Wert von 15.000 Euro einlagern. Außerdem dürfte sich Silber aus einem Zollfreilager weniger rasch verkaufen lassen als ein börsengehandeltes Wertpapier. Beim Kauf und Verkauf können zudem weitere Gebühren anfallen.

Höhere Gebühren

Die Lagergebühren sind relativ hoch. Etwa liegen die laufenden Kosten beim Leipziger Anbieter Philoro bei 0,3 Prozent der angelegten Summe pro Quartal. Der Münchner Edelmetallhändler Pro Aurum verlangt je nach Anlagesumme zwischen 1 und 1,75 Prozent pro Jahr.

Bei einem ETC oder ETF summieren sich die Kosten auf ein Sechstel bis zur Hälfte. Diese scheinbar geringen Unterschiede von einem halben bis einem Prozentpunkt wirken auf lange Zeiträume extrem renditemindernd. Auch die ersparte Mehrwertsteuer ist kein Alleinstellungsmerkmal der Zollfreilager. Bei den Schweizer Silber-ETFs vermeiden Anleger ebenfalls die Mehrwertsteuer. Die Zürcher Kantonalbank schreibt im Verkaufsprospekt etwa, die Schweizer Mehrwertsteuer von 7,7 Prozent lasse sich der ETF über die Vorsteuer rückerstatten. Einziger Steuervorteil eines Zollfreilagers gegenüber einem Silber-ETF ist somit, dass Kursgewinne steuerfrei bleiben.

Eine grobe Rechnung zeigt aber, dass die Ersparnis bei Kapitalertragssteuern die höheren Kosten nicht ausgleichen kann. Wer Silber für 10.000 Euro in ein Zollfreilager bringt, dem bleiben nach 20 Jahren nach Abzug einer laufenden Jahresgebühr von 1,0 Prozent 12.169 Euro. Beim ETF oder ETC mit einer TER von 0,6 Prozent wären es – wie oben gesehen – 13.004 Euro.

Jede Anlage am Kapitalmarkt ist mit Chancen und Risiken behaftet. Der Wert der genannten Aktien, ETFs oder Investmentfonds unterliegt auf dem Markt Schwankungen. Der Kurs der Anlagen kann steigen oder fallen. Im äußersten Fall kann es zu einem vollständigen Verlust des angelegten Betrages kommen. Mehr Informationen finden Sie in den jeweiligen Unterlagen und insbesondere in den Prospekten der Kapitalverwaltungsgesellschaften.
Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen MTS Money Transfer System – Sicherheit beginnt mit Eigentum.

In Zeiten wachsender Unsicherheit und wirtschaftlicher Instabilität werden glaubwürdige Werte wieder zum entscheidenden Erfolgsfaktor....

Jede Anlage am Kapitalmarkt ist mit Chancen und Risiken behaftet. Der Wert der genannten Aktien, ETFs oder Investmentfonds unterliegt auf dem Markt Schwankungen. Der Kurs der Anlagen kann steigen oder fallen. Im äußersten Fall kann es zu einem vollständigen Verlust des angelegten Betrages kommen. Mehr Informationen finden Sie in den jeweiligen Unterlagen und insbesondere in den Prospekten der Kapitalverwaltungsgesellschaften.

X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.

E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung sowie die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

Elias Huber

Elias Huber arbeitet als freier Journalist und Honorar-Finanzanlagenberater. Der studierte Volkswirt schreibt vor allem über die Themen Wirtschaft und Geldanlage. 

DWN
Politik
Politik Europas digitale Selbsttäuschung: Wie Amerikas Tech-Giganten unsere Souveränität bestimmen
02.11.2025

Gefährliche Abhängigkeit: Europas Wohlstand ruht auf fremden Servern. Was passiert, wenn Washington Europas digitalen Zugang kappt? Das...

DWN
Finanzen
Finanzen Schadenregulierung: So handeln Sie richtig, wenn die Versicherung nicht zahlt
02.11.2025

Wenn Versicherungen bei einem Schadenfall zögern oder nicht zahlen, beginnt für viele ein nervenaufreibender Kampf. Welche Rechte haben...

DWN
Finanzen
Finanzen Altersvorsorge: Politik riskiert Rentenkollaps – ist Investieren in Aktien die Lösung?
02.11.2025

Das deutsche Altersvorsorgesystem steht kurz vor dem finanziellen Kollaps: Eine exklusive Forsa-Umfrage im Auftrag der Initiative...

DWN
Politik
Politik Exklusiv-Interview mit Nobelpreisträger James A. Robinson: Warum die Globalisierung auch ohne die USA geht
02.11.2025

Warum gedeihen manche Staaten, während andere im Stillstand verharren? Nobelpreisträger James A. Robinson erklärt im Exklusivinterview,...

DWN
Technologie
Technologie Von Google Glass zu Meta Ray-Ban: Wie Smart Glasses den Markt neu definieren
02.11.2025

Smart Glasses galten lange als Nischenprodukt. Mit dem Aufschwung von KI und neuen Hardware-Initiativen rücken sie nun ins Zentrum...

DWN
Politik
Politik Abhängigkeit von US-Technologie: Welche Herausforderungen Europa jetzt meistern muss
02.11.2025

Technologie und digitale Souveränität stehen im transatlantischen Verhältnis zunehmend im Fokus. Europa nutzt US-amerikanische Systeme,...

DWN
Finanzen
Finanzen Altersrente berechnen: So hoch ist die Maximalrente in Deutschland - unerreichbar für die meisten
01.11.2025

Im Alter gilt, je mehr Rente, desto besser. Doch selbst mit extra Schichten oder einem hohen Einkommen ist der maximale Betrag an...

DWN
Finanzen
Finanzen Zehn S&P 500‑Aktien mit Aufholpotenzial: So bewerten Analysten Chancen und Risiken
01.11.2025

Zehn S&P 500‑Aktien, die Analysten trotz schwächerer Jahresperformance als chancenreich einstufen, werden auf Wachstum, Bewertung und...