Finanzen

Asiatische Zentralbanken setzen auf Gold

Lesezeit: 3 min
09.03.2023 13:00
Die Goldkäufe bedeutender Zentralbanken in Asien setzen sich fort. Im Januar schloss sich auch Singapur überraschend dem Trend an.
Asiatische Zentralbanken setzen auf Gold
Ningde, China. Ein Arbeiter auf einer golden erleuchteten Algenfarm. (Foto: dpa)

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Die Zentralbank Singapurs hat im Januar überraschend in großem Umfang Gold gekauft. Wie aus Daten der Monetary Authority of Singapore hervorgeht, aus denen der Branchendienst Bullion Star zitiert, wurden den Reserven 44,6 Tonnen hinzugefügt.

Bedeutender Zukauf

Ein Zukauf von mehr als 44 Tonnen ist im internationalen Vergleich ohnehin schon bedeutsam – er wird aber noch bemerkenswerter, wenn man den Umfang der Goldreserven von 153,8 Tonnen berücksichtigt, über die Singapur bis zum Dezember 2022 verfügte. In einem einzigen Monat erhöhte der Stadtstaat seine Goldbestände damit um 29 Prozent auf nun 198,4 Tonnen.

Zuletzt hatte Singapurs Zentralbank im Mai und Juni 2021 Gold gekauft. Diese Zukäufe fielen mit 16,4 Tonnen im Mai und knapp 10 Tonnen im Juni aber deutlich geringer aus als jetzt im Januar, berichtete Bullion Star im November 2021.

Obwohl es sich um ein bedeutendes Finanzzentrum handelt, war Singapur in den vergangenen Jahrzehnten nie als Goldkäufer in Erscheinung getreten. Vor den Zukäufen im Frühling 2021 wurde den Reserven mindestens 19 Jahre lang kein Gold hinzugefügt, da Aufzeichnungen des World Gold Council nur bis zum Jahr 2002 zurückreichen und keine Aktivität erkennen lassen.

Aus den Daten der Zentralbank wird nicht ersichtlich, wo diese ihr Gold lagert. Fraglich ist, ob Singapur auch in den kommenden Monaten und Jahren in bedeutendem Umfang Bestände des Edelmetalls aufbauen wird. Täte es dies, läge das Land damit im Trend, weil gerade asiatische Zentralbanken derzeit viel Gold kaufen.

Asien setzt verstärkt auf Gold

So hatte die türkische Notenbank im Februar noch einmal mehr als 57 Tonnen Gold zu ihren Reserven hinzugefügt, nachdem es im Januar mit Zukäufen von 68 Tonnen zu einem neuen Allzeitrekord gekommen war.

Bei den 57,5 Tonnen vom Februar handelt es sich um die drittgrößte jemals in einem Monat importierte Menge, seitdem die Istanbuler Börse darüber im Jahr 1995 Aufzeichnungen begonnen hatte, berichtet Goldreporter. Insgesamt soll die Türkei Medienberichten zufolge im vergangenen Jahr rund 150 Tonnen zugekauft haben.

Parallel dazu importiert die Türkei seit einigen Jahren auch in bedeutendem Umfang Silber. Im Februar lag der Umfang der Silber-Einfuhren bei mehr als 82 Tonnen. Die starken Zukäufe von Gold und Silber sind wahrscheinlich eine Reaktion auf die seit Jahren schwelende Währungskrise. Türkische Haushalte versuchen, den mit der beträchtlichen Abwertung der Landeswährung Lira gegenüber US-Dollar und Euro einhergehenden Kaufkraftverlust über Investitionen in Edelmetalle abzufedern.

Auch die chinesische Volksbank beziehungsweise die State Administration of Foreign Exchange, welche die Währungsreserven Chinas verwaltet, kaufen seit einiger Zeit verstärkt Gold. Im Februar sollen weitere 25 Tonnen den Beständen hinzugefügt worden sein.

Seit November sind demnach über 100 Tonnen des Edelmetalls nach China transportiert worden, die gesamten Goldbestände des Landes belaufen sich derzeit auf rund 2.050 Tonnen, könnten aber bedeutend höher liegen, weil China selbst ein wichtiges Förderland für Gold ist und über den innerchinesischen Handel (etwa zwischen den Minen und der Zentralbank) wenig bekannt ist. Zudem sind die chinesischen Behörden – ähnlich wie jene in Singapur und in vielen anderen Ländern wie dem Iran, Israel oder Russland – zurückhaltend, wenn es um die Bekanntmachung ihrer Transaktionen auf dem Goldmarkt geht.

Weitere traditionell bedeutende Goldkäufer auf dem asiatischen Kontinent sind Indien, Russland sowie in geringerem Umfang zentralasiatische Staaten wie Kasachstan und arabische Länder wie die Vereinigten Arabischen Emirate, welche zudem über ein regional bedeutsames Handelszentrum für Gold verfügen.

Goldenes Jahr 2022

Über alle Kontinente hinweg betrachtet erwarben Zentralbanken im vergangenen Jahr sehr viel Gold. Schiffgold zufolge sollen sie mit über 1.100 Tonnen an Netto-Goldkäufen sogar den höchsten Zuwachs seit dem Jahr 1950 realisiert haben. In dieser Summe sind auch Schätzungen zu Goldkäufen inbegriffen, die von den jeweiligen Zentralbanken nicht öffentlich kommuniziert werden.

Weiterhin soll 2022 das dreizehnte Jahr in Folge gewesen sein, in dem Zentralbanken mehr Gold kauften als verkauften. Der gesamte Netto-Überschuss, der sich in diesem Zeitraum ansammelte, soll sich auf etwa 6.800 Tonnen belaufen.

Die Gründe, warum Staaten Gold erwerben, sind vielfältig. Definitiv eine Rolle spielen jedoch das sich drastisch verschlechterte geopolitische Umfeld sowie Bestrebungen mehrerer Länder, ihre Abhängigkeit vom US-Dollar zu reduzieren.


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