Weltwirtschaft

Autoabsatz in China: Volkswagen verliert Spitzenplatz an BYD

Lesezeit: 3 min
18.04.2023 12:16  Aktualisiert: 18.04.2023 12:16
Chinas Autobauer verkaufen deutlich mehr Autos. Auf dem heimischen Markt verdrängen sie die deutschen Konkurrenten und stürzen die Marke Volkswagen vom Tron.
Autoabsatz in China: Volkswagen verliert Spitzenplatz an BYD
Der Volkswagen ID.7 am Montag auf der Automesse in Shanghai. (Foto: dpa)
Foto: Ng Han Guan

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Glanzvolle Präsentationen neuer Elektroautos auf der Automesse von Volkswagen oder Mercedes-Benz in Shanghai können nicht darüber hinwegtäuschen: Den lange Zeit in China dominierenden deutschen Autobauern drohen die Felle auf ihrem wichtigsten Einzelmarkt davonzuschwimmen. Der Umschwung zu reinen Elektroautos geht auf dem weltweit größten Automarkt schneller als in Europa. Dabei graben die Konkurrenten aus China den lange Zeit überlegenen westlichen Marken zusehends das Wasser ab. Als größter Gewinner gilt derzeit BYD: Im bisherigen Jahresverlauf verkaufte der Hersteller aus Shenzhen 69 Prozent mehr Fahrzeuge als im Vorjahr und erreichte einen Marktanteil von elf Prozent. Nach einer Analyse von Handelsdaten überholte BYD damit die bislang führende Marke Volkswagen - nicht nur bei E-Autos, sondern einschließlich Verbrennerautos.

Ein VW-Sprecher wollte die Zahlen mit Verweis auf die am Freitag anstehende Veröffentlichung der Absatzzahlen des ersten Quartals nicht kommentieren. Im vergangenen Jahr hatte die Kernmarke des größten europäischen Autokonzerns mit einem Marktanteil von 11,4 Prozent und die gesamte VW-Gruppe mit 15,1 Prozent noch ihren Spitzenplatz in China verteidigt. Doch in der Vergangenheit war die Dominanz der Wolfsburger mit 16 bis 20 Prozent größer gewesen. „Wir sind Marktführer in Europa und China und wollen dies auch bleiben“, gab VW-Chef Oliver Blume im Geschäftsbericht die Marschrichtung vor. Für Volkswagen und die anderen deutschen Autobauer Mercedes und BMW steht viel auf dem Spiel - rund jedes dritte Auto verkaufen sie in China, ein großer Teil des Gewinns stammt von dort.

Dass der Lack seit der Corona-Pandemie blättert, ist an der Entwicklung des China-Marktanteils der deutschen Hersteller zu erkennen: Nach Angaben des Verbandes der Automobilindustrie (VDA) betrug er 2022 mit 4,4 Millionen Pkw 19,1 Prozent - ein Rückgang um 5,5 Prozentpunkte gegenüber dem Spitzenwert des Vorkrisenjahres 2019. Bei den Elektroautos spielen die Deutschen mit nur 4,9 Prozent kaum eine Rolle, vor drei Jahren stammte von ihnen immerhin noch jedes zehnte reine E- oder Hybrid-Auto.

Goldene Zeiten vorbei

Die Lorbeeren aus der Verbrennerzeit, als chinesische Hersteller den westlichen Autobauern nicht viel entgegensetzen konnten, welken rasch: Im ersten Quartal schrumpfte der Absatz von Verbrennern nach Daten des chinesischen Autoverbandes CPCA um ein Fünftel, während die E-Autoverkäufe um 22 Prozent gegen den Markttrend zulegten. Nach einer Studie der Unternehmensberatung Kearney stammten 2022 schon 46 Prozent aller Pkw und sogar drei Viertel der E-Autos von chinesischen Herstellern. Bis 2026 werden diese - etwa BYD, Geely oder Nio - ihre Dominanz nach Einschätzung der Berater noch ausbauen auf bis zu 80 Prozent bei E-Autos. Im Gesamtmarkt könnten sie dann gleichauf mit ausländischen Marken liegen.

Der VDA ist sich unterdessen sicher, dass die deutschen Autobauer nicht unter die Räder kommen. Ihr Modellangebot wachse derzeit schneller als das der nicht-deutschen Hersteller, erklärte eine VDA-Sprecherin. Aktuell stamme jedes zehnte in China angebotene E-Modell von Volkswagen und Co. „Im Zukunftsmarkt der vollelektrischen Pkw steigt seit mehreren Jahren der Marktanteil der deutschen Hersteller in China.“ Die deutschen Autobauer ziehen mit neuen Modellen ins Gefecht: Volkswagen kündigte auf der Automesse an, bis 2026 zehn neue Elektro-Modelle in China auf den Markt zu bringen. Mit der Elektro-Limousine ID.7 gab VW darauf einen Vorgeschmack.

Mercedes will weiter mit Luxus punkten und wartete mit dem Spitzenmodell Maybach als Elektro-SUV der Superlative auf, was Design und Komfort betrifft. Die Schwaben setzen darauf große Hoffnungen, nachdem die elektrische S-Klasse EQS in China vergangenes Jahr enttäuschte. BMW will sein Angebot elektrifizierter Autos bis Ende des Jahres, in die China-spezifische Annehmlichkeiten etwa zur Unterhaltung eingebaut sind, um fünf auf ein knappes Dutzend ausbauen. „Was die chinesischen Kunden heute bewegt, bewegt morgen die Welt“, sagte BMW-Chef Oliver Zipse.

Doch der Kampf um den Kunden wird immer härter, hat doch der US-Elektroautopionier und weltweite Marktführer Tesla einen Preiskrieg angezettelt, der in China heftig tobt. Mehr als 40 Automarken senkten seit Januar die Preise. „Die Chinesen und Tesla schnüren auf der Preisseite den Europäern die Luft zum Atmen ab“, warnte Ferdinand Dudenhöffer, Chef des Center Automotive Research. Um weiter bestehen zu können, müssten die westlichen Autobauer ihre Fahrzeugkonzepte gründlich überarbeiten - zum einen auf der Kostenseite, zum anderen bei intelligenten Cockpits und digitalen Fahrfunktionen, an die Kunden in China hohe Ansprüche stellen. Sein Fazit lautet: „Die goldenen Zeiten in China sind vorbei.“ (Reuters)


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Zu Weihnachten Zukunft schenken

Gerade zu Weihnachten wünschen sich viele Menschen, etwas von ihrem Glück zu teilen und sich für diejenigen zu engagieren, die es nicht...

DWN
Panorama
Panorama Amokfahrt von Magdeburg: Trauer, Entsetzen und offene Fragen halten Deutschland in Atem
22.12.2024

Fünf Menschen sind tot, 200 verletzt: Nach der folgenschweren Fahrt mit einem Auto über den Weihnachtsmarkt in Magdeburg stellt sich die...

DWN
Politik
Politik Donald Trump hofft: Elon Musk übernimmt (noch) nicht die US-Präsidentschaft
22.12.2024

Kritiker nennen den Tech-Milliardär süffisant «Präsident Musk». Donald Trump stellt klar, wer das Sagen hat - bestreitet aber auch...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Quiet Quitting: Der stille Job-Rückzug mit gefährlichen Folgen
22.12.2024

Ein stiller Rückzug, der Unternehmen erschüttert: Quiet Quitting bedroht die Substanz deutscher Betriebe. Warum immer mehr Beschäftigte...

DWN
Politik
Politik Steuern und Abgaben: Mehrheit der Steuerzahler zahlt 2025 noch mehr – mit oder ohne Ampel!
22.12.2024

Das „Entlastungspaket“ der Ampel ist eine Mogelpackung, denn Steuersenkungen sind nicht vorgesehen. Im Gegenteil: Ab dem 1. Januar 2025...

DWN
Technologie
Technologie DWN-Sonntagskolumne: Künstliche Intelligenz Hype Cycle - Zwischen Revolution und Enttäuschung
22.12.2024

Ist künstliche Intelligenz nur ein Hype oder der Beginn einer Revolution? Zwischen hohen Erwartungen, Milliardeninvestitionen und...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Psychische Gewalt am Arbeitsplatz: Ursachen, Folgen und Lösungen
22.12.2024

So können Unternehmen gegen verbale Übergriffe aktiv werden- Beleidigungen, Drohungen und Beschimpfungen: Rund ein Drittel der...

DWN
Politik
Politik Migrationskrise: Asyl-Rekordhoch in Deutschland und die illegale Migration an den Grenzen geht ungebremst weiter
22.12.2024

In Deutschland leben fast 3,5 Millionen Geflüchtete, von Asylsuchenden über anerkannte Flüchtlinge bis zu Geduldeten. Das ist ein neuer...

DWN
Finanzen
Finanzen Kindergeld beantragen: Tipps und wichtige Infos für 2025
22.12.2024

Wussten Sie, dass Sie Kindergeld bis zu sechs Monate rückwirkend erhalten können? Dies gilt sowohl für Ihr erstes Kind als auch für...