Die Asset Allocation bestimmt im Zeitablauf 90 Prozent der Rendite und des Risikos eines Portfolios, wie Studien wiederholt zeigten. Es kommt also nicht darauf an, die richtigen Einzeltitel zu wählen (Stock-Picking), sondern in die richtigen Anlageklassen zu investieren und diese klug zu gewichten.
Der Frankfurter Finanzwissenschaftler Raimond Maurer rät Privatanlegern vor allem zu Aktien. „Für den langfristigen Vermögensaufbau sollten Aktien das höchste Gewicht haben“, erklärt der Spezialist für Portfolio-Management auf DWN-Anfrage. Zinsanlagen spielten im Ruhestand eine größere Rolle.
„Basisbestandteile eines Portfolios sind möglichst weltweit diversifizierte Aktienanlagen in Form von Investmentfonds oder ETFs sowie verzinsliche Anlagen in Form von Bankguthaben, Rentenfonds in europäische Anleihen oder auch einzelne Euro-Anleihen mit einem Schuldner hoher Qualität (etwa Bundesanleihen, Pfandbriefe)“, schreibt der 59-Jährige. Termingelder bei Banken eigneten sich als Notgroschen für unvorhergesehene Ausgaben.
Keine Unternehmens- und Fremdwährungsanleihen
Von Unternehmensanleihen mit dem höchsten Rating Investmentgrade und Fremdwährungsanleihen rät Maurer ab. „Ein privater Kleinanleger sollte meines Erachtens keine Währungs- und Ausfallrisiken eingehen.“ Anleihen könnten auch Laufzeiten über ein Jahr haben. Entscheidend sei das aktuelle Zinsniveau. „Im Moment werden Anleihen mit mittlerer Laufzeit wieder zunehmend interessant.“
Auch der Finanzwissenschaftler Hartmut Walz rät zu einer hohen Aktienquote. Aktien seien „die seit vielen Jahren nachgewiesenermaßen rentabelste Anlageklasse“, schreibt der Professor der Hochschule Ludwigshafen auf DWN-Anfrage.
Globale Aktien hatten laut dem „Global Investment Returns Yearbook 2023“ langfristig die höchste Rendite. Nach Abzug der Inflation rentierten sie zwischen 1900 und 2022 mit 5,0 Prozent pro Jahr (auf US-Dollarbasis). Anleihen kamen nur auf 1,7 Prozent, während Schatzwechsel (sehr kurzfristige Staatsanleihen) 0,4 Prozent pro Jahr einfuhren. Gold erzielte bloß 0,7 Prozent pro Jahr, wobei der Kurs seit dem faktischen Ende der Goldbindung des US-Dollar im Jahr 1971 wesentlich rascher stieg (um reale 2 bis 4 Prozent je nach Startpunkt der Berechnung).
„Die Wertentwicklung von Aktien hat in allen 35 Märkten Anleihen, Schatzwechsel und Inflation hinter sich gelassen“, heißt es in einer Mitteilung. Die Forscher untersuchten Daten aus 35 Industrie- und Schwellenländern, wobei für 21 Länder Daten für den gesamten Zeitraum von 123 Jahren vorlagen.
Hartmut Walz empfiehlt daher eine hohe Aktienquote. „Bei jungen Investoren mit langem Horizont dürfte die Aktienquote – abgesehen von einer Liquiditätsreserve – bei dicht unter 100 Prozent liegen, bei älteren Investoren oder bei solchen mit kürzerem Anlagehorizont würde ich den Aktienanteil senken.“ Dabei solle man aber nicht Daumenregeln wie „100 Prozent minus Lebensalter“ befolgen, sondern die Aktienquote anhand des individuellen Liquiditätsbedarfs festlegen, etwa aufgrund einer Rentenlücke.
Schwäche des 60/40-Portfolios
Auch Raimond Maurer hält zu Beginn des Vermögensaufbaus 100 Prozent in Aktienfonds für durchaus gangbar. „Mit zunehmenden Alter (etwa ab Alter 50) empfiehlt es sich, den Aktienanteil Stück für Stück zu reduzieren (etwa jedes um 2,5 Prozent)“, schreibt er. Wem das zu zeitaufwendig sei, könne auch unabhängig vom Lebensalter gemäß der 60/40-Regel investieren, also 60 Prozent in global diversifizierte Aktienfonds und 40 Prozent in Zinsanlagen.
Das 60/40-Portfolio hat indes eine Schwäche, warnt der Vermögensverwalter Incrementum aus Liechtenstein. In Zeiten anhaltender Stagflation würden klassische Aktien-Anleihe-Portfolios schwach abschneiden. „Die Geschichte lehrt, dass die besten Vermögenswerte während der Stagflation die Edelmetalle sind“, heißt es im „Sonderbericht zur Inflation“ aus dem Jahr 2020.
Laut den Zahlen des Yearbook 2023 gab es durchaus lange Zeiträume, in denen Anleihen negativ rentierten und Aktien nur die Inflation ausgleichen konnten. Etwa verliefen die Aktienmärkte in Großbritannien und den USA in den Sechziger und Siebziger Jahren etwa 20 Jahre lang seitwärts, während Geldmarktpapiere und Staatsanleihen zwischen 1930 und 1980 Verluste einfuhren. Wer also Stagflation als Risiko erachtet und weder über einen ausreichend langen Anlagehorizont noch die Risikotoleranz verfügt, eine Hochinflation auszusitzen, könnte den Goldanteil erhöhen oder einen Rohstoff-ETF beimischen.
Hartmut Walz rät nicht pauschal von Gold ab. „Den Goldanteil halte ich bei jungen Investoren für verzichtbar oder bestenfalls minimal relevant, während ich bei Menschen mit geringerem Anlagehorizont auch die 10-Prozent-Marke überschreiten würde“, erklärt er.
Raimond Maurer sieht indes Mietimmobilien kritisch. Diese seien „riskante Anlagen“ und seien vor allem eine Option für Privatanleger, die ein Objekt geerbt hätten und nicht selbst darin wohnen würden. Erstens sei nämlich ein hoher Betrag für den Erwerb nötig, der meist auf Kredit finanziert werden müsse. Dadurch bestehe bei Anschlussfinanzierungen das Risiko steigender Zinsen und bei fallenden Marktpreisen ein Überschuldungsrisiko.
Asset Allocation für den Eurocrash
Zweitens schwankten die Marktpreise von Immobilien und der Mieter könne zumindest zeitweilig ausfallen. „Weiterhin erfordern Mietimmobilien komplexe rechtliche und technische Fachkenntnisse, ohne die schnell Fehler begangen werden können“, erklärt Maurer. Kritische Vermögensberater raten derweil von offenen und geschlossenen Immobilienfonds ab und empfehlen Immobilienaktien-ETFs, um in die Immobilienmärkte zu investieren.
Wer indes in den kommenden Jahren einen Staatsbankrott befürchtet, einen Eurocrash, galoppierende Inflation oder eine lange Deflation, sollte laut den Vermögensberatern Gerd Kommer und Olaf Gierhake verstärkt außerhalb Deutschlands und der Eurozone investieren. „Mit ,außerhalb Deutschlands’ ist nicht die Frage des Verwahrorts für mobile Assets gemeint, also der Ort eines Kontos, Depots oder Schließfaches, sondern der realwirtschaftliche Ort des Assets selbst“, schreiben sie im Buch „Souverän Vermögen schützen“.
Am stärksten betroffen wären nämlich Vermögenswerte in der Eurozone, etwa Mietimmobilien, Bankguthaben, Lebens- und Rentenversicherungen von europäischen Versicherern, Euro-Staatsanleihen sowie Aktien und Beteiligungen an Firmen aus der Eurozone. Sicherheit würden hingegen Immobilien im Ausland bieten, Staatsanleihen von Nicht-Euro-Ländern, Aktien und Anleihen von Firmen mit Sitz und Geschäft außerhalb der Eurozone sowie Gold und Rohstoffe.
Kommer und Gierhake raten zu Unternehmens- und Staatsanleihen mit Restlaufzeiten von zwei bis drei Jahren und Bonitäten im High-Quality-Bereich, da es bei einer Eurokrise „weltweit zu Zins- und Inflationserhöhungen kommen könnte wie auch zu einer allgemeinen Erhöhung der Risikoprämien“. Immobilien seien in einem Land, in dem man nicht lebe, bloß anzuraten, „wenn man als Immobiliendirektanleger in diesem Land erfahren ist“.
Legalen Enteignungsschutz würden diese Vermögenswerte – einschließlich physischer Edelmetalle – aber nicht bieten, erklären Kommer und Gierhake weiter. Gesetze, die Bürger enteignen, würden alle Vermögenswerte treffen, die einem in Deutschland ansässigen Eigentümer gehören. „Auch Assets, die sich im Ausland befinden“, fügen sie hinzu. Sicherheit biete wahrscheinlich bloß eine Familienstiftung im Ausland oder Auswandern.