Nach dem jüngsten Deal zwischen Iran und Saudi-Arabien überschlagen sich neue diplomatische Initiativen, die nicht anders als ein weiterer Bedeutungsverlust des Westens im Nahen Osten zu interpretieren sind. Auf die Normalisierung der Beziehungen zwischen Syrien und Saudi-Arabien folgte nun die Rückkehr Syriens in die Arabische Liga.
Annäherung Irans an Saudi-Arabien als Meilenstein
Der Westen hat lange Zeit davon profitiert, den Konflikt zwischen Iran und Saudi-Arabien zu befeuern, um neue Partner für seinen engen Verbündeten Israel in der Region zu gewinnen. Die Akteure am Persischen Golf fahren aber schon längst einen neuen Kurs, der ursprünglich auf den spektakulären Drohnenangriff auf die saudische Aramco-Ölanlage im Jahr 2019 zurückzuführen ist.
Bei den Angriffen waren seinerzeit eine Ölraffinerie des Konzerns Aramco in Abkaik und das Churais-Ölfeld im Osten Saudi-Arabiens von tief fliegenden Drohnen und Marschflugkörpern getroffen worden. Iran und dessen verbündete Huthi-Bewegung im Jemen sollen hinter diesem Angriff gesteckt haben.
In den USA zeigte damals der US-Präsident Donald Trump kein Interesse sich in militärische Konfrontationen gegen Iran zur Unterstützung seines saudischen Partners in der Region verwickeln zu lassen. Riad musste so eine bittere Lektion lernen und zwar, dass auf die „Schutzmacht“ USA kein Verlass ist. Washington konnte nämlich bei einer Politik des sogenannten maximalen Drucks auf Iran nur minimalen Schutz bieten.
Von diesem Zeitpunkt an haben die Saudis einen neuen Kurs zur Ausbalancierung ihrer Außenpolitik zwischen dem Osten und Westen gefahren und damit angefangen ihre Beziehungen zu Russland und China zu vertiefen. Dabei ist auch anzumerken, dass Washington seit dem Afghanistan-Debakel 2021 begonnen hat, Stück für Stück seine Streitkräfte aus der Golfregion, einschließlich Saudi-Arabien, abzuziehen, um sich mehr auf China im Pazifik zu fokussieren.
China tritt in die Rolle des Vermittlers
Der Nahe Osten ist nun nach der Normalisierung der Beziehungen zwischen Iran und Saudi-Arabien unter Vermittlung Chinas von einem Umbruch erfasst: Syrien ist wieder zurück in der Arabischen Liga, wobei Saudi-Arabien eine Schlüsselrolle bei der Versöhnung der syrischen Regierung mit weiteren arabischen Staaten spielte. Die Arabische Liga hatte die Mitgliedschaft Syriens 2011 suspendiert, nachdem die arabischen Staaten ihre Beziehungen zu Damaskus angesichts des damaligen Aufstands gegen die syrische Staatsmacht gekappt hatten.
Nach der jahrelangen Finanzierung islamistischer Gruppen in Syrien durch Golfstaaten wie Katar und Saudi-Arabien haben nun die arabischen Nachbarn akzeptieren, dass an dem Präsidenten Baschar al-Assad kein Weg mehr vorbeiführt. Sie wollen wieder mit ihm arbeiten, um die Auswirkungen des syrischen Konflikts auf ihre eigenen Länder abzuwenden, obwohl die USA in letzter Zeit mehrfach die arabischen Staaten vor der Normalisierung ihrer Beziehungen zu Syrien gewarnt hatten.
Die jüngste Entscheidung der Arabischen Liga, Syrien wieder aufzunehmen, ist ein bedeutender symbolischer Sieg für Damaskus und dessen Verbündete wie Russland und Iran. Der Schritt ist Teil einer größeren regionalen Neuausrichtung – und ein Hinweis auf die schwindende Rolle der USA im Nahen Osten. Für das Weiße Haus ist die arabische Wiederaufnahme Assads eine Niederlage.
Die Regime-Change-Agenda des Westens in Syrien ist damit endgültig gescheitert. Aber nicht nur die USA, sondern auch die islamistischen Gruppierungen in Idlib befinden sich derzeit im Angst-Modus, da diese neuen Entwicklungen den Sturz des Mini-Terrorstaates in Idlib zur Folge haben könnten. Im Jahr 2015 eroberte die Nusra-Front im Verbund mit anderen islamistischen Kampfgruppen und der Unterstützung der Türkei die nördliche Provinz Idlib, die heute die letzte Bastion der Dschihadisten unter der Herrschaft der Extremistengruppe „Haiʾat Tahrir asch-Scham“ in Syrien ist.
Der Westen sollte nun wegen des eigenen Bedeutungsverlustes mit großer Sorge auf die Neuordnung der geopolitischen Verhältnisse in Nahost blicken. Russland und China füllen schon längst das Vakuum, dass die USA mit ihrem Rückzug aus der Region hinterlassen.